Informationspflichten für Dienstanbieter im Internet
Urteil vom LG Düsseldorf
Entscheidungsdatum: 15.12.2006
Aktenzeichen: 38 O 138/06
Leitsätze
Ein Reisebüro, das über eine Internetseite Buchungsdienstleistungen anbietet, sich aber von dem Betreiber der Internetseite distanziert, dabei diesen nicht nennt und den Nutzer im Unklaren über die Verantwortlichkeit für die Angaben auf der Buchungsseite lässt, verstößt gegen die Angabepflichten des § 6 TDG (jetzt § 5 TMG) und handelt wettbewerbswidrig.
Tenor
1. Der Beklagten wird untersagt, im Wettbewerb handelnd selbst oder durch Dritte über die Internetseite X Reisen anzubieten und/oder Reiseanfragen und/oder Reisebuchungen entgegen zu nehmen, bei welchen die eigenen allgemeinen Geschäftsbedingungen Gültigkeit haben sollen, wenn gleichzeitig es im Rahmen der Anbieterkennung wie folgt heißt:
„Weder X noch die X GmbH sind Betreiber der Website X“,
wenn nicht gleichzeitig der Betreiber der Website genannt wird.
2. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000,-- EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft angedroht.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 189,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 27.03.2006 zu zahlen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,-- EUR vorläufig vollstreckbar.
6. Die Sicherheitsleistung kann auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand
Der Kläger ist ein Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Überwachung der Einhaltung der Regeln des lauteren Wettbewerbs gehört.
Die Beklagte betreibt ein Reisebüro. Sie bietet ihre Buchungsdienstleistungen auch über das Internet an. Ihre Leistungen werden unter Verwendung einer Internetseite angeboten, deren Bezeichnung "X" lautet. Der Kläger beanstandet das Fehlen einer eindeutigen Anbieterkennzeichnung auf diese Seite. Unter einem entsprechenden Link befindet sich folgender Text:
"X bindet die Reiseangebote der X GmbH ein. Leistungsträger für die Reisevermittlung der hier X präsentierten Reise-Angebote ist X Reiseservice. Reisevermittlungsverträge kommen ausschließlich und direkt mit X Reiseservice zustande. Weder noch die X GmbH sind Betreiber der Website X. Es gelten die allgemeinen Geschäftsbedingungen der X Reiseservice.
Verantwortlich für die ordnungsgemäße Buchungsabwicklung/Reiseanfragen:
X Reiseservice
X - Strasse
in X
(....)
Inh.: X
(....)
Fragen oder Ansprüche, die sich aus den sonstigen Angeboten oder Links auf dieser Domain ergeben, sind ausschließlich an den Betreiber der Domain zu richten".
Der Kläger trägt vor, tatsächlich könnten nahezu ausschließlich Reisen bei der Beklagten über diese Seite gebucht werden. Die Beklagte versuche, sich unter Hinweis auf einen nicht genannten Dritten der inhaltlichen Verantwortlichkeit zu entziehen, obgleich ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen den über die Seite geschlossenen Verträgen zugrunde liegen sollten. Die damit unklaren und unscharfen allgemeinen Geschäftsbedingungen verstießen gegen das Transparentgebot des § 307 Abs. 2 BGB. Der Verbraucher könne nicht erkennen, an wen er sich wegen der Geltendmachung von Rechten wenden müsse.
Neben der Unterlassung verlangt der Kläger Erstattung von Abmahnkosten.
Der Kläger beantragt,
wie erkannt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, die Bewerbung ihrer Buchungsdienstleistung erfolge über ein von der Firma X GmbH betriebenes Internet-Partnerprogramm. Diese Firma stelle u.a. der Beklagten Werbemittel zur Verfügung, Betreiber der Seite und Inhaber der Domain sei ein Werbepartner der Firma X GmbH. Dieser habe unter der genannten Domain verschiedene, von der X GmbH zur Verfügung gestellte Werbemittel eingebunden, ohne dass die Beklagte oder die Firma X GmbH Einfluss auf die konkret erreichbaren Inhalte habe. Ein Verstoß gegen das Transparentgebot sei nicht gegeben, die Angaben seien klar und zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt verwiesen.
Gründe
Die Klage ist begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der im Urteilstenor niedergelegten Verhaltensweise gemäß den §§ 3, 5 Abs. 2 Nr. 3 UWG.
Die Beklagte verhält sich wettbewerbsrechtlich unlauter im Sinne von § 3 UWG. Die Angaben zur Person und Identität des Leistungsanbieters im Sinne von § 6 Teledienstgesetz sind nicht leicht erkennbar und als irreführend betreffend die geschäftlichen Verhältnisse anzusehen.
Zwar enthält die Anbieterkennung den Hinweis, dass die Beklagte verantwortlich für die ordnungsgemäße Buchungsabwicklung und Reiseanfragen ist. In der Anbieterkennung wird aber niemand genannt, der für die Angaben auf der Buchungsseite zuständig sein soll. Ausdrücklich distanziert sich die Beklagte von den Betreibern der Seite, über die ihre Leistungen angeboten werden. Sie trennt damit die Werbung und wesentliche Teile eines Buchungsvorganges von der Durchführung der Reise selbst. Einzelheiten und Bedeutung einer solchen Aufspaltung sind für den potentiellen Kunden nicht klar erkennbar. Er muss bei Aufruf der hier fraglichen Internetseite davon ausgehen, dass derjenige, der die Reisen werbemäßig anbietet und den Buchungsvorgang ermöglicht, Anbieter und Bewerber der Leistungen ist. Sämtliche Angaben auf der Startseite sind so gehalten, dass der Verbraucher annehmen muss, er könne mit der in der Anbieterkennung genannten Person auf der Grundlage dieser Angaben Kontakt aufnehmen und einen Vertrag abschließen. Tatsächlich distanziert sich aber die Beklagte von den Angaben auf der Seite. Es ist nicht klar, ob ein Auftragsverhältnis im Sinne von § 8 Abs. 2 UWG besteht. Ein Verantwortlicher, der nach der Vorstellung der Beklagten an ihrer Stelle etwa für die Richtigkeit der Werbeangaben die Verantwortung tragen könnte, wird nicht genannt. Der Text der Anbieterkennung, der davon spricht, Reiseangebote seien "eingebunden" ist insgesamt weder leicht verständlich noch klar. Sofern die Beklagte nicht selbst Betreiberin dieser Seite X sein sollte, muß sie sich jedenfalls so behandeln lassen, weil sie mit dieser Seite Dienstleistungen in einer elektronisch abrufbaren Datenbank mit interaktivem Zugriff und unmittelbarer Bestellmöglichkeit anbietet.
Da der Kläger lediglich die Nennung des Betreibers fordert, um dem Klarheitsgebot Rechnung zu tragen, war gemäß § 308 ZPO das Unterlassungsgebot auf diese Form zu beschränken.
Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG hat die Beklagte die der Höhe nach nicht streitigen Kosten der Abmahnung in Höhe von 189,-- EUR zu erstatten, die wegen Verzuges ab Rechtshängigkeit zu verzinsen sind.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 ZPO.
Der Streitwert wird auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
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