Wettbewerbsverstoß durch Vertrieb von nachgeahmten Produkten?
Der Vertrieb von nachgeahmten Produkten ist grundsätzlich nicht untersagt. Jedoch werden Hersteller, deren Produkte eine sog. wettbewerbliche Eigenart aufweisen, in bestimmten Fällen vor Nachahmungen ihrer Produkte durch das Gesetz geschützt. Mit der Frage, wann ein solcher Schutz begründet ist und Vertreiber von Nachahmungen unlauter handeln, beschäftigt sich immer wieder die Rechtsprechung, zuletzt auch das OLG Köln.
Inhaltsverzeichnis
- I. Wann ist die Nachahmung von Produkten von Mitbewerbern wettbewerbswidrig?
- II. Worum ging es in einem Fall des OLG Köln?
- III. Was hat das Gericht entschieden?
- IV. Wurde über die betriebliche Herkunft von Produkten getäuscht?
- V. Wurde die Wertschätzung der Produkte der Klägerin unangemessen ausgenutzt?
- VI. Was bedeutet dies nun für Händler von Nachahmungsprodukten?
I. Wann ist die Nachahmung von Produkten von Mitbewerbern wettbewerbswidrig?
Unlautere geschäftliche Handlungen sind gemäß § 3 Abs. 1 UWG unzulässig. Neben vielen weiteren Unlauterkeitstatbeständen enthält das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb in § 4 UWG den sog. Mitbewerberschutz.
Nach § 4 Nr. 3 UWG handelt unlauter, wer
"Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
(a) eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
(b) und/ oder die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
(c) die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat."
Demnach sind Nachahmungen von anderen Produkten nicht per se unlauter und verboten, sondern nur unter den zusätzlich genannten Voraussetzungen.
Doch wann diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist nicht selten Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten. Im Laufe der Zeit hat sich eine gewisse Rechtsprechungspraxis zu dieser Thematik herausgebildet. Dabei steht vor allem im Mittelpunkt, ob ein ggf. nachgeahmtes Produkt eine gewisses sog. „wettbewerbliche Eigenart“ aufweist, die sich dann auch in der Nachahmung wiederfindet.
Die Unlauterkeit einer Nachahmung eines Produkts kann insbesondere dann vorliegen, wenn solche besonders „eigenartigen“ Waren oder Dienstleistungen (nahezu) identisch nachgebildet werden.
II. Worum ging es in einem Fall des OLG Köln?
Sowohl die Klägerin als auch die Beklagte sind Hersteller von hölzernen Spieltürmen für den Außenbereich, also für Spielplätze, welche sie über ihre eigenen Webshops auch selbst vertreiben.
Die Klägerin war von der wettbewerblichen Eigenart der von ihr hergestellten Spieltürme überzeugt, die ihrer Ansicht nach insbesondere auch dadurch begründet sei, dass diesbezüglich in den letzten drei Jahren ein hoher siebenstelliger Umsatz erzielt worden sei. Zudem führte die Klägerin an, erfolgreich diverse erhebliche Aufwendungen für die Pflege der betreffenden Website, Suchmaschinenoptimierung sowie für die Social-Media-Präsenz und anderen Werbemaßnahmen unternommen zu haben. Sie wies außerdem darauf hin, mit der Herstellung und dem Vertrieb dieser Spieltürme zeitlich lange vor der Beklagten begonnen zu haben.
Die Klägerin hielt die Spieltürme der Beklagten für unlautere Nachahmungen ihrer eigenen Spieltürme, da diese geeignet seien, über die betriebliche Herkunft der Spieltürme zu täuschen und die Wertschätzung der Originale auszunutzen, so dass ein Verstoß gegen § 4 Nr. 3 UWG vorliege.
Die Klägerin beantragte u.a.
- Unterlassung der Bewerbung und des Vertriebs der streitgegenständlichen Spieltürme der Beklagten und
- Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, ihr den Schaden zu ersetzen, der durch den Vertrieb der nachgeahmten Spieltürme bei ihr entstand bzw. künftig noch entstehen wird.
III. Was hat das Gericht entschieden?
Das OLG Köln entschied, dass im Ergebnis keine unlautere Nachahmung der Spieltürme der Klägerin i.S.d. § 4 Nr. 3 UWG vorliege (Urteil vom 4. November 2022, Az. 6 U 183/21).
Eine wichtige Rechtsfrage war aus Sicht des Gerichts zunächst, ob die Spieltürme der klagenden Herstellerin überhaupt eine wettbewerbliche Eigenart aufweisen. Als Voraussetzung dafür führte das Gericht aus, dass die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale dieser Produkte geeignet sein müssten, die interessierten Verkehrskreise auf die betriebliche Herkunft oder die Besonderheiten eines Produktes hinzuweisen. Das Gericht sah diese Voraussetzung in dem zu entscheidenden Fall zwar grundsätzlich als erfüllt an, hielt die Spieltürme also für wettbewerblich eigenartig, allerdings nur in unterdurchschnittlicher Art und Weise.
Dies liege an dem engen Gestaltungsspielraum im Rahmen der von mehreren Unternehmen verwendeten Gestaltungsgrundidee aus zentralem Turm mit angesetzten Spielgeräten, wie Rutsche, Kletterseil und Schaukel. Die wettbewerbliche Eigenart würde im konkreten Fall zudem auch nicht durch die, aus den hohen Umsätzen bzw. den umfangreichen Werbe- und Social-Media-Maßnahmen der Klägerin abzuleitenden Bekanntheit der Spieltürme der Klägerin gesteigert.
IV. Wurde über die betriebliche Herkunft von Produkten getäuscht?
Weiter entschied das Gericht, dass in diesem Fall aus Sicht eines angemessen gut informierten und angemessen aufmerksamen und kritischen durchschnittlichen Verbrauchers keine Gefahr für eine Herkunftstäuschung i.S.d. § 4 Nr. 3 lit. a UWG gegeben sei, weshalb insoweit keine Unlauterkeit vorliege. Zum einen sei die wettbewerbliche Eigenart nur gering und zum anderen seien die Elemente von der Beklagten auch nicht direkt übernommen worden.
Außerdem wies das Gericht auf eine spezielle Kennzeichnung der Spieltürme der Klägerin hin, welche ebenfalls nicht auf den Spieltürmen der Beklagten zu finden seien, also auch nicht von dieser übernommen worden seien.
Schließlich könne eine Täuschung über die Herkunft der Spieltürme auch nicht dadurch begründet werden, dass die Beklagte die Grundidee, wie diese Spieltürme gestaltet sein sollen, für ihre Spieltürme übernommen hatte. Diese Grundidee eines zentralen Turmelements mit anliegenden Geräten sei frei und gehöre zum Standardrepertoire von Spieltürmen. Demnach gab es kein Privileg der Klägerin, solche Arten von Spieltürmen herzustellen und zu vertreiben.
V. Wurde die Wertschätzung der Produkte der Klägerin unangemessen ausgenutzt?
Das Gericht verneinte auch eine unangemessene Ausnutzung der Wertschätzung der nachgeahmten Spieltürme und somit eine unlautere Rufausbeutung gemäß § 4 Nr. 3 lit. b UWG
Dies sei dann zu bejahen, wenn durch die Nachahmung die besondere Wertschätzung des originalen Produkts unterbleibt oder auf die nachgeahmte Ware übertragen werde. Vorliegend wurde der (besondere) Ruf der von der Klägerin hergestellten Spieltürme aus Sicht des Gerichts aber insbesondere deswegen nicht ausgenutzt, weil die Klägerin schon nicht dargelegt habe, dass ihre Spieltürme überhaupt einen besonderen Ruf genießen würden.
VI. Was bedeutet dies nun für Händler von Nachahmungsprodukten?
Die Nachahmung von Waren und Dienstleistungen von Mitbewerbern ist aus Sicht des Lauterkeitsrechts grundsätzlich erlaubt, es sei denn, es kommen besondere Unlauterkeitsumstände hinzu, wie eine Herkunftstäuschung oder eine Ausnutzung der Wertschätzung des nachgemachten Produkts.
Hierfür muss aber immer auch eine gewisse „wettbewerbliche Eigenart“ des nachgeahmten Produkts vorliegen, grob gesagt also eine gewisse Besonderheit, die in der Praxis häufig nicht ausreicht bzw. nicht hinreichend sicher festgestellt werden kann. Daher ist der Nachahmungsschutz nach § 4 Nr. 3 UWG nicht unbedingt ein scharfes Schild für Hersteller und Händler, deren Produkte nachgeahmt werden.
Neben dem Lauterkeitsrecht dürfen Händler von Nachahmungsprodukten aber mögliche Ansprüche von Rechteinhabern aufgrund eines etwaigen Marken-, Urheber- oder Designschutzes der Produkte nicht vergessen. Daraus können sich ggf. Unterlassungs-, Schadensersatz- und/ oder sonstige Ansprüche ergeben.
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