Stationärer Handel
IX. Der Verkauf von Gutscheinen
IX. Der Verkauf von Gutscheinen
Nicht nur im Online-Handel hat sich der Verkauf von Wertgutscheinen bewährt. Vielmehr stellen solche auch im stationären Handel seit jeher eine sinnvolle Ergänzung des Warensortiments dar und generieren immer dann Umsätze, wenn sich Kunden nicht von vornherein auf den Kauf bestimmter Produkte festlegen wollen oder aber nach Geschenken für bestimmte Anlässe oder Festlichkeiten suchen. Gleichzeitig binden sie die Empfänger an den Geschäftsbetrieb.
Entscheidet sich ein Unternehmer für den Verkauf von Wert- bzw. Geschenkgutscheinen, so muss er nicht nur die gesetzlichen Bedingungen für die Inanspruchnahme beachten, sondern ist zudem gehalten, gewisse Modalitäten in Hinblick auf die Einlösung in seinen AGB zu regeln.
1.) Gesetzliche Vorgaben: Formelle Anforderungen, Übertragbarkeit, Geltungsdauer
Schuldrechtlich wird ein Wertgutschein regelmäßig als kleines Inhaberpapier im Sinne des §807 BGB qualifiziert und berechtigt den Inhaber, der den Gutschein gegen Zahlung einer bestimmten Geldsumme erlangt hat, gegen Vorlage vom Aussteller die vereinbarte Leistung zu fordern.
Weil es sich beim Gutschein um ein gesetzliches Institut handelt, sind verschiedene gesetzliche Anforderungen zu beachten.
a) Formelle Anforderungen
Gutscheine gelten aufgrund ihrer Einordnung unter den §807 BGB als Schuldurkunden und sind insofern nur wirksam, wenn sie schriftlich ausgestellt wurden.
Gleichzeitig müssen sie den Aussteller und das Ausstellungsdatum erkennen lassen und den festgelegten Wert ausweisen.
Um vom Kunden in Anspruch genommen zu werden, muss sich der Austeller des Gutscheins entäußern, d.h. dieser muss dem Kunden tatsächlich übergeben werden.
b) Übertragbarkeit von Gutscheinen
Im Regelfall sind Gutscheine als kleine Inhaberpapiere für den Umlauf bestimmt und mithin unbedingt übertragbar, weil es dem Aussteller als Leistungspflichtigem gleichgültig sein wird, welche Person unter Vorlage des Scheins die vereinbarte Leistung einfordert.
Allerdings kann eine Übertragbarkeit unter Umständen ausgeschlossen sein, wenn der Gutschein einen konkreten Gläubiger als Inhaber dergestalt ausweist, dass nur dieser berechtigt sein soll, die Leistung vom Schuldner zu verlangen.
Wann eine derartige Unübertragbarkeit anzunehmen ist, bemisst sich grundsätzlich danach, ob der Aussteller des Gutscheins ein berechtigtes Interesse hat, nur gegenüber einem bestimmten Gläubiger zur Leistung verpflichtet zu sein. Ein derartiges Interesse wird für den Unternehmer im stationären Einzelhandel regelmäßig nicht bestehen, weil dieser im Zweifel nur darauf bedacht sein wird, durch Einlösung des Gutscheins von der begründeten Leistungspflicht frei zu werden. Denkbar sind Einschränkungen der Übertragbarkeit aber immer dann, wenn von der Person des Gutscheingläubigers die Berechtigung zur Inanspruchnahme der Leistung essentiell abhängt, z.B. bei Sportveranstaltungen in Hinblick auf personenbedingte Stadionsverbote.
Achtung: die bloße Niederschrift des Namens eines Gutscheinempfängers auf Geschenkgutscheinen führt grundsätzlich nicht dazu, dass dieser als alleiniger Leistungsberechtigter festgelegt wird. Vielmehr tut das Erfassen eines Empfängernamens der Übertragbarkeit des Gutscheins keinen Abbruch, weil Namensnennung nur dazu dient, die persönliche Beziehung zwischen Schenker und Beschenktem zu dokumentieren.
c) Geltungsdauer von Gutscheinen
Gutscheine unterliegen der regelmäßigen gesetzlichen Verjährungsfrist von 3 Jahren, §195 BGB. Diese Frist beginnt mit Ablauf des Jahres, in welchem der Gutschein ausgestellt wurde und berechtigt den Gläubiger mithin zur Einlösung bis zum 31.12. des dritten Jahres ab Ausstellung, §§ 188,199 BGB.
Wird ein Gutschein so beispielsweise am 06.06.2016 ausgestellt, endet die gesetzliche Frist zur Einlösung am 31.12.2019.
Umstritten und von der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt ist die Frage, wann und unter welchen Voraussetzungen von dieser regelmäßigen Geltungsdauer durch entsprechende Bestimmungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) abgewichen werden darf. Zwar wird von einer grundsätzlichen Zulässigkeit von Fristverkürzungen ausgegangen; allerdings bemessen sich deren konkreten Anforderungen stets nach den Umständen des Einzelfalls und finden ihre Grenzen in den Missbrauchsverboten der §§307ff. BGB. Unzulässig sind Einschränkungen der Geltungsdauer jedenfalls dann, wenn sie Verbraucher unangemessen benachteiligen.
Von der Rechtsprechung wurde insofern überwiegend zumindest eine Fristverkürzung auf 1 Jahr oder weniger als unzulässig erachtet. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang aber auch, dass Voraussetzungen und Grenzen einer unangemessenen Benachteiligung freilich nicht statisch sind, sondern je nach Art des konkreten Warensortiments und den Eigenschaften des Geschäftsbetriebes mitbestimmt werden.
Zu empfehlen ist grundsätzlich, im Interesse der Rechtssicherheit und zur Vermeidung von Abmahnungen auf Abweichungen von der gesetzlichen 3-jährigen Geltungsdauer zu verzichten. Soll dennoch eine Verkürzung vorgenommen werden, ist in jedem Fall zur vorherigen Inanspruchnahme anwaltlicher Konsultation zu raten.
2.) Regelungen in den AGB erforderlich!
Auch wenn wesentliche Bestandteile des Gutscheingeschäfts bereits durch das Gesetz vorgegeben werden, ist eine Regelung der Vergabe- und Einlösebedingungen in den AGB unabdingbar. Insofern nämlich stehen verschiedene Modalitäten nach wie vor zur Disposition des Händlers und sollten an den Geschäftsbetrieb angepassten Lösungen zugeführt werden, um Unsicherheiten zu vermeiden und einen eindeutigen vertraglichen Rahmen abzustecken.
Neben etwaigen Einschränkungen der Übertragbarkeit und der Geltungsdauer sollte so insbesondere festgehalten werden, wie mit Gutschein-Restbeträgen zu verfahren ist. Ob der Unternehmer hier eine Barauszahlung vornehmen will oder eine solche ausschließt, steht nämlich grundsätzlich zu seiner Disposition. Ein Anspruch auf die Auszahlung von Restbeträgen hat der Kunde insofern nur, wenn dies in entsprechenden AGB-Bestimmungen ausdrücklich vorgesehen ist.