Gewährleistung / Mängelhaftung
Ansprüche des Käufers: Minderung des Kaufpreises, §437 Nr. 3 Alt. 2 in Verbindung mit §441 BGB
Ansprüche des Käufers: Minderung des Kaufpreises, §437 Nr. 3 Alt. 2 in Verbindung mit §441 BGB
1. Was bedeutet „Minderung“?
Der Käufer kann im Fall der Mangelhaftigkeit der Kaufsache anstatt vom Kaufvertrag zurückzutreten und die Kaufsache zurückzugeben diese auch behalten und dafür den Kaufpreis mindern.
Dabei wird der Kaufpreis in dem Verhältnis herabgesetzt, in dem der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zu dem Wert der mangelhaften Sache steht. Dies klingt kompliziert, ist jedoch anhand einer Faustformel recht einfach zu berechnen:
Mindert der Käufer den Kaufpreis, hat ihm der Verkäufer die Differenz aus tatsächlich gezahltem und gemindertem Kaufpreis zu erstatten.
Beispiel: Der Käufer kauft einen Gebrauchtwagen zu einem Kaufpreis von 700 Euro. Wie sich erst nach dem Vertragsschluss und nach der Übergabe herausstellt, hatte das Auto zu früheren Zeiten einen Unfall gehabt. Ohne den Unfall hätte das Auto einen Wert von 1.000 Euro, tatsächlich (mit Unfall) ist es jedoch nur 500 Euro wert. Der geminderte Kaufpreis berechnet sich nun wie folgt: (500 x 700) / (1.000) = 350 (Euro). Wenn nun der Käufer bereits den ursprünglichen Kaufpreis in Höhe von 700 Euro gezahlt hat, dann hat er nach Ausübung seines Minderungsrechts (eine Fristsetzung ist in diesem Fall nicht erforderlich, weil der Sachmangel irreparabel ist und somit auch nicht im Wege einer Reparatur – wegen des individuellen Charakters des Autos erst Recht nicht im Rahmen einer Nachlieferung – behoben werden kann) einen Rückerstattungsanspruch gegen den Verkäufer in Höhe von 350 Euro.
2. Unter welchen Voraussetzungen kann ein Käufer den Kaufpreis mindern?
Die Minderung hat nach dem Gesetz dieselben Voraussetzungen wie der Rücktritt, mit dem Unterschied, dass die Minderung im Gegensatz zum Rücktritt auch dann möglich ist, wenn der Sachmangel unerheblich ist.
Somit ist eine Minderung ebenfalls nur dann möglich, wenn der Käufer dem Verkäufer erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat oder die Nacherfüllung (nach dem erfolglosen zweiten Versuch) endgültig gescheitert ist.
Achtung: Besonderheiten bei Verbrauchsgüterkäufen ab dem 01.01.2022
Liegt ein Verbrauchsgüterkauf (Kaufvertrag über Waren zwischen Unternehmer und Verbraucher vor), gelten für den Verbraucher ab dem 01.01.2022 besondere Privilegien:
Ab dem 01.01.2022 ist es nicht mehr erforderlich, dass der Verbraucher eine ausdrückliche Frist zur Nacherfüllung setzt.
Vielmehr muss der Verkäufer die Nacherfüllung von sich aus innerhalb einer angemessenen Frist erbringen, § 475 Abs. 5 BGB.
Verstreicht eine solche Frist fruchtlos, kann der Verbraucher sofort die Minderung erklären § 475d Abs. 1 Nr. 1 BGB i.V.m. § 441 Abs. 1 BGB.
Ein Fristablauf ist ferner entbehrlich, wenn
- sich trotz der vom Unternehmer versuchten Nacherfüllung ein Mangel zeigt
- der Mangel derart schwerwiegend ist, dass die sofortige Minderung gerechtfertigt ist
- der Händler die ordnungsgemäße Nacherfüllung (berechtigt oder unberechtigt) verweigert hat oder
- es nach den Umständen offensichtlich ist, dass der Händler nicht ordnungsgemäß nacherfüllen wird.
Wann ein Mangel derart schwerwiegend ist, dass er zur sofortigen Minderung berechtigen soll, führt das Gesetz nicht aus und wird durch die Rechtsprechung zu konkretisieren sein.
Andere gesetzliche Tatbestände, nach denen eine Fristsetzung entbehrlich sein kann (§ 281 Abs. 2, 323 Abs. 2, 440 BGB) finden ab dem 01.01.2022 bei Verbrauchsgüterkäufen keine Anwendung mehr.
Zudem erfolgt die Minderung ebenfalls durch entsprechende Erklärung gegenüber dem Verkäufer (§ 441 Absatz 1 BGB).
Beispiel: Der Käufer kauft ein gebrauchtes Fahrrad von privat. Entgegen der Vereinbarung mit dem Verkäufer funktioniert die Fahrradklingel jedoch nicht, weil sie „eingerostet“ ist. Der Käufer setzt dem Verkäufer eine angemessene Frist zur Reparatur, die allerdings erfolglos verstreicht.
Zwar ist das Fahrrad mangelhaft im Sinne des Gesetzes, weil die Fahrradklingel nicht funktioniert. Allerdings handelt es sich um einen vergleichsweise unerheblichen Mangel, sodass der Käufer deswegen alleine nicht vom Kaufvertrag zurücktreten kann. Jedoch könnte er trotz der Unerheblichkeit des Mangels den Kaufpreis entsprechend mindern.
3. Was geschieht, wenn der Wert der mangelhaften Sache nicht oder nur mit großem Aufwand zu ermitteln ist?
In diesem Fall muss in einem Rechtsstreit vor Gericht das Gericht selbst die Minderung durch Schätzung unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände ermitteln (so die gesetzliche Vorgabe aus § 441 Absatz 3 Satz 2 BGB i. V. m. § 287 ZPO).
4. Kann der Käufer auch dann den Kaufpreis mindern, wenn er schon zurückgetreten ist, oder zurücktreten, obwohl er schon gemindert hat?
Nein. Rücktritt und Minderung stehen nach § 441 Absatz 1 Satz 1 BGB in einem Exklusivitätsverhältnis, schließen sich also gegenseitig aus.