Gewährleistung / Mängelhaftung
Ansprüche des Käufers: Nacherfüllung (Nachlieferung und Nachbesserung), §439 BGB
Ansprüche des Käufers: Nacherfüllung (Nachlieferung und Nachbesserung), §439 BGB
1. Besteht ein Rangverhältnis zwischen der Nachlieferung und der Nachbesserung?
Nein, der Käufer kann grundsätzlich zwischen beiden Arten der Nacherfüllung frei wählen (§ 439 Abs. 1 BGB). Sollte eine Art der Nacherfüllung allerdings unmöglich sein (etwa die Reparatur), so kann der Käufer selbstverständlich nur die andere Art der Nacherfüllung verlangen. Dasselbe gilt für den Fall, dass eine Art der Nacherfüllung mit vergleichsweise weit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden ist. Hat der Verkäufer den Mangel durch Reparatur behoben, obwohl der Käufer eine Neulieferung wünscht, kann der Käufer immer noch die Neulieferung verlangen (OLG Nürnberg, Urt. v. 20.2.2017 – Az. 14 U 199/16).
2. Kann eine Nachlieferung auch beim Verkauf eines Einzelstücks gefordert werden?
Grundsätzlich ist anerkannt, dass in einem solchen Falle das Leistungsinteresse des Käufers ebenfalls durch Lieferung eines gleichwertigen und vertretbaren Ersatzgegenstandes erfüllt werden kann und daher eine Nachlieferung bei Einzelstücken nicht von vorneherein ausgeschlossen ist.
Beispiel: Kauf eines gebrauchten 3er-BMW in schwarz.
Nur, wenn bestimmte Individualisierungsmerkmale zum Inhalt des Kaufvertrags gemacht wurden, scheidet eine Ersatzlieferung aus.
Beispiel: Kauf einer bestimmten chinesischen Vase aus der Ming-Dynastie.
Ob der Käufer jedoch überhaupt eine Nachlieferung möchte, oder eher eine Reparatur des Einzelstücks wünscht, darf er frei für sich entscheiden.
3. Wer hat die bei der Nacherfüllung entstehenden Nebenkosten zu tragen?
Nebenkosten, die im Rahmen der Nacherfüllung entstehen, hat der Verkäufer zu tragen. Hierunter fallen zum Beispiel Versandkosten des Käufers sowie alle Reparaturkosten. Sie gelten nicht als „Schaden“, sondern als „zum Zwecke der Nacherfüllung erforderliche Aufwendungen“ im Sinne des § 439 Absatz 2 BGB. Dies gilt auch für die Kosten von aufwendig gesicherten Werttransporten bei besonders hochwertigen Gegenständen.
4. Muss der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung auch die Kosten für den Ausbau der alten und Einbau der neuen Sache (z.B. bei festen Küchenbestandteilen wie dem Herd oder festen Bodenbelägen) tragen?
Ja! Im Wege der Umsetzung der europäischen Verbrauchsgüterkaufrichtlinie gelten seit 2018 neue Regelungen im deutschen Gewährleistungsrecht. Die wohl wichtigste Neuerung ist, dass von nun an der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet ist, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften Sache und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen, § 439 Absatz 3 Satz 1 BGB. Dabei muss der Verkäufer entweder den Ein- und Ausbau selbst vornehmen bzw. organisieren, oder die dafür anfallenden Kosten erstatten.
Auf den ersten Blick inhaltlich nichts Neues, denn diese Pflicht bestand zwischen Unternehmern und Verbrauchern bereits seit 2011 seit der Weber/ Putz-Rechtsprechung des EuGH. Neu ist jedoch, dass diese Pflicht nun auch im B2B-Bereich, also zwischen Unternehmern untereinander gilt. Dies ergibt sich aus der Stellung der Regelung im allgemeinen Kaufrecht.
Neu ist auch, dass es dem Wortlaut nach nicht darauf ankommt ob der Käufer die Sache selbst bei sich eingebaut hat. Dies hat zur Folge, dass nun auch ein Werkunternehmer der bei seinem Kunden eine mangelhafte Sache verbaut hat, von seinem Lieferanten Ersatz verlangen kann. § 439 Absatz 3 BGB ist somit gleichzeitig zu einer Regelung im Bereich des Unternehmerregress geworden (siehe unten Nr. 6 zum Kapitel "Die Gewährleistung im Händler-Händler oder Hersteller-Händler-Verhältnis").
5. Ist vorgeschrieben, wer den Ein- und Ausbau der mangelhaften Kaufsache durchführen muss?
Grundsätzlich nicht. Der Käufer kann wählen, durch welchen Werkunternehmer er den Ein-/Ausbau vornehmen lässt, oder ob er ihn selbst durchführt.
Wird die mangelhafte Kaufsache jedoch im Rahmen eines Werkvertrages, nach dem die einzubauende Sache auch geliefert wird, eingebaut, ist auch der Aus- und Wiedereinbau von dem gleichen Werkunternehmer vorzunehmen.
6. Schuldet der Händler auch dann den Ausbau der alten Sache, wenn der Käufer den Beweis der Mangelhaftigkeit der Sache zum Übergabezeitpunkt nicht erbringen kann, der Hersteller aber aus Kulanz die Lieferung einer neuen Sache gewährt?
Grundsätzlich nicht. Wurde die Kulanz nur vom Hersteller und nicht auch vom Verkäufer gewährt, muss sich der Verbraucher an den Hersteller halten. Gegenüber dem Verkäufer – nur dieser ist Vertragspartner des Käufers - müsste hingegen ein Sachmangel tatsächlich nachgewiesen werden, um Gewährleistungsansprüche geltend machen zu können.
Zugunsten von Verbrauchern wird die Mangelhaftigkeit allerdings im ersten Jahr nach der Übergabe gemäß § 477 BGB vermutet.
7. Schuldet der Händler dem Verbraucher einen Vorschuss für die ersatzfähigen Aufwendungen für die Mangelbeseitigung?
Ja. Im Falle eines Verbrauchsgüterkaufes hat der Verbraucher sowohl für die Aufwendungen im Rahmen des Aus- und Wiedereinbaus nach § 439 Absatz 3 BGB als auch für die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen (Transport; Wege-, Arbeits- und Materialkosten) nach § 439 Absatz 2 BGB einen Anspruch auf Vorschuss. Dieser Anspruch ergab sich bis 2018 aus der Rechtsprechung des BGH und ist in der Vorschrift des § 475 Absatz 4 BGB kodifiziert.
8. Kann der Käufer Kostenersatz für Aus- und Wiedereinbau verlangen, wenn er zum Zeitpunkt des Einbaus vom Mangel der Sache Kenntnis hatte?
Nein. Ein Aufwendungsersatz ist ausgeschlossen, wenn der Käufer die Sache eingebaut hat, obwohl der Mangel bereits offenbar geworden ist.
9. Wie verhält es sich, wenn die gewählte Art der Nacherfüllung mit größeren Kosten für den Verkäufer verbunden ist als die andere?
Grundsätzlich kann ein Verkäufer § 439 Absatz 4 Satz 1 BGB die gewählte Art der Nacherfüllung verweigern, wenn diese mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden ist (= relative Unverhältnismäßigkeit). Der Verkäufer muss dann die andere Art der Nacherfüllung erbringen. Von einer relativen Unverhältnismäßigkeit kann regelmäßig dann ausgegangen werden, wenn die Kosten der Nacherfüllung ca. 5 bis 25 % des Wertes der Sache in mangelfreien Zustand übersteigen.
Sollte die andere Art der Nacherfüllung ebenfalls mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden sein, kann er gemäß § 439 Absatz 4 Satz 3 BGB auch diese verweigern (= absolute Unverhältnismäßigkeit). Diese liegt regelmäßig dann vor, wenn die Kosten der Nacherfüllung ca. 100 bis 150 % des Wertes der Sache in mangelfreien Zustand übersteigen würden.
Achtung: diese Totalverweigerung ist ab dem 01.01.2022 auf bei Verbrauchsgüterkäufen (Kaufvertrag über Ware zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher) möglich. Die Vorschrift des § 475 Abs. 4 BGB, die den Unternehmer bei unverhältnismäßig hohen Kosten beider Nacherfüllungsvarianten zu einer verpflichtete, ist ersatzlos gestrichen worden
10. Ist der Verkäufer berechtigt, die Kaufsache vom Käufer zur Überprüfung der Mängel herauszuverlangen?
Ja. Die Geltendmachung eines Nacherfüllungsanspruchs umfasst die Bereitschaft des Käufers, dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung der erhobenen Mängelrügen zur Verfügung zu stellen (vgl. das Leiturteil des BGH vom 10.3.2010 – Az. VI ZR 310/08, siehe auch das Urteil des BGH vom 1.7.2015 – Az. VIII ZR 226/14). Dies ist ab dem 01.01.2022 auch in § 439 Abs. 5 BGB ausdrücklich festgelegt. Die Bereitschaft zur Untersuchung darf der Verkäufer dabei nicht davon abhängig machen, dass sich der Verkäufer mit der vom Käufer gewählten Art der Nacherfüllung einverstanden erklärt.
11. Wo muss die Überprüfung erfolgen?
An welchem Ort die Überprüfung einer Kaufsache im Hinblick auf mögliche Mängel und damit möglicherweise einhergehende Nacherfüllungsansprüche zu erfolgen hat, ist im BGB nicht speziell geregelt worden.
Grundsätzlich gilt damit die allgemeine Vorschrift des § 269 Absatz 1 BGB, wonach die Leistung (der Nacherfüllung) zunächst grundsätzlich an dem Ort zu erfolgen hat, den die Kaufvertragsparteien hierfür vertraglich vereinbart haben. Fehlt es an einer solchen vertraglichen Vereinbarung zwischen den Parteien, so ist derjenige Ort der Leistungsort (der Nacherfüllung), der sich aus der „Natur des Schuldverhältnisses“ ergibt. Folgt auch daraus nichts, so ist der Sitz des Schuldners der Leistungsort, also in diesem Fall der Sitz des Verkäufers. Aus diesen recht allgemein gehaltenen gesetzlichen Grundsätzen kann sich der juristische Laie im Einzelfall jedoch keinen Reim machen.
Auch die Rechtsprechung hat bislang nicht für endgültige Klarheit sorgen können. Der BGH nimmt für die Feststellung des Überprüfungs- und Erfüllungsortes der Nacherfüllung eine Einzelbetrachtung vor, d.h. er legt sich nicht von vornherein auf einen Ort fest, sondern stellt auf die Umstände des Einzelfalls ab (vgl. etwa das Urteil des BGH vom 13.4.2011 – Az. VIII ZR 220/10, Urteil des BGH vom 19.12.2012 – Az. VIII ZR 96/12 und den Beschluss des BGH vom 16.4.2013 – Az. VIII ZR 67/12). Demnach soll etwa bei Einkäufen des täglichen Bedarfs in Ladengeschäften das jeweilige Ladengeschäft der Erfüllungsort für die Nacherfüllung sein (der Käufer muss den Gegenstand also wieder in das Geschäft bringen), während beispielsweise bei einem eingebauten Kaufgegenstand (wie etwa bei Fließen, die in einem Baumarkt gekauft und anschließend privat zu Hause im Badezimmer eingebaut worden sind) der Belegenheitsort der Kaufsache (also in diesem Fall: das Badezimmer des Käufers) der Nacherfüllungsort sein soll. Bei einem Neuwagen kann es auch das Autohaus sein (OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.1.2016 – Az. 5 U 49/15).
Diese Einzelbetrachtung des BGH wird von anderen Juristen stark kritisiert, vor allem deswegen, weil weder Käufer noch Verkäufer sich im Einzelfall sicher sein können, wer von beiden nun von der anderen Seite was fordern darf und was nicht. Daher gehen die meisten Juristen davon aus, dass stets der Belegenheitsort der Kaufsache der Erfüllungsort für die Nacherfüllungsansprüche sein muss, also stets der Ort, an dem sich die Kaufsache (bestimmungsgemäß) befindet.
Solange der BGH jedoch bei seiner Einzelbetrachtung bleibt und noch nicht der eigentlich in letzter Instanz zuständige EuGH darüber entschieden hat, kann nicht – zumindest nicht pauschal – gesagt werden, wo die Überprüfung stattzufinden hat.
12. Wer trägt die Kosten für die Einsendung und Überprüfung der vermeintlich mangelhaften Sache?
Die Kosten für die Einsendung und Überprüfung hat nach ständiger Rechtsprechung der Verkäufer zu tragen.
13. Muss der Verkäufer auch dann die Kosten der Einsendung und Überprüfung der Kaufsache tragen, wenn ein gerügter Mangel gar nicht vorliegt?
Ergibt sich bei der Überprüfung einer als mangelhaft gerügten Kaufsache, dass ein Mangel nicht besteht oder bestanden hat oder auf gewöhnlichem Verschleiß oder unsachgemäße Behandlung durch den Käufer beruht, ist der Käufer dem Verkäufer zum Ersatz der Einsende- und Überprüfungskosten nach § 280 Absatz 1 BGB verpflichtet (vgl. das Urteil des LG Essen vom 27.04.2010, Az. 12 O 393/08). Dies gilt allerdings nur, solange der Käufer wusste oder fahrlässig nicht erkannt hat, dass die Kaufsache nicht mangelhaft ist, sondern die Ursache für das, was er für den Mangel hält, in seinem eigenen Verantwortungsbereich liegt.
Aber: Eine AGB-Klausel, durch die dem Käufer bereits im Vorfeld die Kosten für die Untersuchung der Kaufsache sowie weitere Maßnahmen für den Fall auferlegt werden, dass sich nach der Überprüfung kein relevanter Mangel herausstellt, ist unwirksam. Durch eine solche AGB-Klausel würde der Käufer unzulässig abgeschreckt, überhaupt Mängelansprüche geltend zu machen (so das Urteil des BGH vom 02.09.2010, Az. VII ZR 110/09).
Weitere Informationen können dem einschlägigen Beitrag der IT-Recht-Kanzlei entnommen werden.
14. Was geschieht, wenn die Überprüfung eines Einbauteils dazu führt, dass das gesamte Gerät vorübergehend nicht genutzt werden kann (Beispiel: Auto während einer Scheinwerferüberprüfung)?
Ein etwaige vorübergehender Nutzungsausfall des Autos muss der Käufer hinnehmen, kann aber im Zweifel einen Mangelfolgeschaden wegen der Unmöglichkeit der Nutzung geltend machen; dies ist aber nur möglich, wenn den Verkäufer ein Verschulden trifft (siehe dazu auch weiter unten die Rubrik „Schadensersatz“).
15. Ist der Verkäufer auch dann zur sofortigen Nacherfüllung verpflichtet, wenn der Käufer die Untersuchung verweigert?
Nein. Der Verkäufer ist nicht verpflichtet, sich auf ein Nacherfüllungsverlangen des Käufers einzulassen, bevor dieser ihm am Erfüllungsort der Nacherfüllung die Gelegenheit zur Untersuchung der betroffenen Kaufsache und damit zur Überprüfung der geltend gemachten Ansprüche gegeben hat (vgl. das Urteil des BGH vom 19.12.2012 – Az. VIII ZR 96/12 und das Urteil des BGH vom 1.7.2015 – Az. VIII ZR 226/14).
Ein Beharren auf die vorherige Untersuchung durch den Verkäufer darf vom Käufer nicht als Verweigerung der Nacherfüllung, die zum sofortigen Rücktritt oder zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen berechtigen würde, gedeutet werden.
16. Beginnt im Fall der Reparatur oder Umtausch der Kaufsache die Gewährleistungsfrist von neuem (sog. Kettengewährleistung)?
Das kommt auf die weiteren Umstände an. Grundsätzlich lassen Umtausch (Nachlieferung) oder Reparatur (Nachbesserung) keine neue Gewährleistungsfrist entstehen (vgl. das Urteil des OLG Celle vom 20.06.2006, Az. 16 U 287/05).
Etwas anderes ergibt sich, wenn der Verkäufer seine Pflicht zur Nacherfüllung ausdrücklich oder stillschweigend anerkennt. In diesem Fall beginnt die Gewährleistungsfrist von vorne. Eine solche Anerkennung ist dem Verkäufer jedoch im Regelfall nicht nachzuweisen, es sei denn, er gesteht dem Käufer die Mangelhaftigkeit der Sache ausdrücklich zu oder man kann wegen der Höhe der Kosten, der Dauer der Reparatur oder sonstiger Umstände auf ein solches Anerkenntnis schließen (vgl. Urteil des OLG Frankfurt vom 25.08.2008, Az. 16 U 200/07). Alleine in der Übernahme der Überprüfungs- oder Gutachterkosten ist jedoch nicht zwingend ein solches stillschweigendes Anerkenntnis zu sehen (vgl. Urteil des OLG Naumburg vom 07.02.1995, Az. 1 U 125/94). Beruft sich der Verkäufer ausdrücklich darauf, lediglich aus Kulanz gehandelt zu haben, beginnt die Gewährleistungsfrist Frist nicht von neuem.
Der Zeitraum der Reparatur wird nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet. In der Zeit ist die Frist nach §§ 203, 209 BGB gehemmt.
Mehr Informationen hierzu finden Sie auch in dem entsprechenden Beitrag der IT-Recht-Kanzlei.
17. Kann der Käufer Kostenersatz vom Verkäufer verlangen, wenn er die Reparatur selbst durchführt oder durchführen lässt?
Grundsätzlich nicht. Im Gegenteil kann der Käufer, wenn er ohne Ablauf einer angemessenen Nacherfüllungsfrist die Reparatur selbst vornimmt oder auf eigene Veranlassung durchführen lässt, seine Gewährleistungsansprüche verlieren. Immerhin soll dem Verkäufer die Chance gewährt werden, sich selbst und auf eigene Verantwortung um die Mangelfreiheit der Sache zu kümmern (vgl. hierzu das Leiturteil des BGH vom 23. 2. 2005, Az. VIII ZR 100/04).
Leistet der Verkäufer auf ein Nacherfüllungsbegehren des Käufers hin die Nacherfüllung jedoch nicht binnen angemessener Frist und lässt der Käufer die mangelhafte Ware erst im Anschluss hieran reparieren, ist der Verkäufer ihm zum Ersatz der Aufwendungen verpflichtet.
18. Was geschieht im Fall der Nachlieferung mit der mangelhaften Sache?
Liefert der Verkäufer eine mangelfreie Sache, muss er im Gegenzug die mangelhafte Sache zurücknehmen und die Herausgabe vom Käufer nach § 439 Absatz 6 BGB verlangen. Die Rücksendekosten hat dabei der Verkäufer zu tragen.
19. Der Verkäufer hat nachgeliefert und der Käufer schickt die mangelhafte Sache zurück. Allerdings fehlt das Zubehör. Was nun?
Wird eine mangelhafte Sache nach erfolgreicher Nachlieferung durch den Käufer zurückgeschickt, muss diese grundsätzlich alle Komponenten enthalten, die beim ursprünglichen Erhalt der Kaufsache vom Lieferumfang umfasst waren.
Fehlen einige Dinge wie etwa Zubehör, so muss der Käufer für dieses nach Maßgabe des § 346 Absatz 2 Satz 1 BGB Wertersatz leisten.
20. Kann der Verkäufer bei der Nachlieferung die Herausgabe der Nutzungen oder Ersatz für die bisherige Nutzung der Sache vom Verbraucher verlangen?
Nein. Derartige Ansprüche bestehen zumindest bei Verbrauchergeschäften gemäß § 475 Absatz 3 Satz 1 BGB nicht. Diese Vorschrift schließt bei Verbrauchergeschäften den nach § 439 Abs. 6 BGB vorgesehenen Nutzungsersatz aus.
21. Gibt es Fälle, in denen der Verbraucher trotz des Fristablauferfordernisses andere Gewährleistungsansprüche unverzüglich ohne Fristlauf geltend machen kann?
Ja. Dies ist ab dem 01.01.2022 nach § 475d BGB (nur) dann möglich, wenn:
- der Händler die Nacherfüllung trotz Ablaufs einer angemessenen Frist ab dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher ihn über den Mangel unterrichtet hat, nicht vorgenommen hat
- sich trotz der vom Unternehmer versuchten Nacherfüllung ein Mangel zeigt
- der Mangel derart schwerwiegend ist, dass der sofortige Rücktritt bzw. Schadensersatz gerechtfertigt ist
- der Händler die ordnungsgemäße Nacherfüllung verweigert hat oder
- es nach den Umständen offensichtlich ist, dass der Händler nicht ordnungsgemäß nacherfüllen wird.
Andere gesetzliche Tatbestände, nach denen eine Fristsetzung entbehrlich sein kann (§ 281 Abs. 2, 323 Abs. 2, 440 BGB) finden ab dem 01.01.2022 bei Verbrauchsgüterkäufen keine Anwendung mehr.
22. Was geschieht, wenn die nachgelieferte Ware beim Transport verloren geht?
Verschickt der Verkäufer zum Zwecke der Nacherfüllung eine neue Sache an den Käufer und geht diese verloren, ist der Verkäufer nach Ansicht der IT-Recht-Kanzlei zur erneuten Nachlieferung verpflichtet.
In diesem Fall kann der Käufer jedoch nicht sofort den Kaufpreis zurückverlangen (aufgrund von Rücktritt oder im Rahmen des Schadensersatzes), es sei denn, der Verkäufer verweigert die erneute Nachlieferung nach Maßgabe des § 439 Absatz 4 BGB zu Recht wegen Unverhältnismäßigkeit oder die Kaufsache ist beim Transport des bereits zweiten Nacherfüllungsversuchs verloren gegangen.
Hintergrund ist, dass die Ausnahmetatbestände des Fristablaufserfordernisses nach § 475d Abs. 1 BGB nicht eingreifen, wenn der Verkäufer die Nachlieferung zwar vorgenommen hat, sie den Käufer aber wegen Umständen außerhalb der Sphäre des Verkäufers nicht erreicht.
Dem Verkäufer steht in den Fällen des Untergangs auf dem Transportweg jedoch in aller Regel ein Regressanspruch gegen das verantwortliche Versandunternehmen zu.
23. Wann gilt eine Frist zur Nacherfüllung als „angemessen“ im Sinne des Gesetzes?
Ab dem 01.01.2022 ist es nicht mehr erforderlich, dass der Verbraucher eine ausdrückliche Frist zur Nacherfüllung setzt.
Vielmehr muss der Verkäufer die Nacherfüllung von sich aus innerhalb einer angemessenen Frist erbringen, § 475 Abs. 5 BGB.
Verstreicht eine solche Frist fruchtlos, kann der Verbraucher sofort den Rücktritt erklären oder Schadensersatz geltend machen, § 475d Abs. 1 Nr. 1 BGB.
Es genügt ab dem 01.01.2022 also, dass der Verbraucher den Verkäufer zur Nacherfüllung auffordert. Bereits dadurch wird eine angemessene Frist in Gang gesetzt.
Die tatsächliche Dauer der Frist richtet sich dann nach den Umständen des Einzelfalls und hängt insbesondere davon ab, mit welchem Aufwand die Nacherfüllung für den Verkäufer verbunden ist. Anhaltspunkte können die Dauer der Suche nach der Ursache des Mangels oder Schwierigkeit sowie der zeitliche Aufwand der Beschaffung eines Ersatzteils sein. Im Streitfall hat das Gericht über die Angemessenheit zu entscheiden.