Frankreich E-Commerce (AGB)

Der Onlinehandel mit Frankreich kann beträchtlichen rechtlichen Schwierigkeiten begegnen. Zudem setzt sich der deutsche Onlinehändler der Gefahr von Sanktionen in Frankreich (Geldbußen und Geldstrafen) aus, wenn er französischen Vorschriften zuwiderhandelt. Die IT-Recht-Kanzlei will daher für den deutschen Onlinehändler einen systematisierten, praxisorientierten Überblick über die wichtigsten Rechtsfragen geben, die er im französischen E-Commerce Recht kennen sollte. AGB nach französischem Recht bietet die IT-Recht Kanzlei hier an.

AGB-Vereinbarung zur Rechtswahl und zur Zuständigkeit des Gerichts

Frage: Kann der deutsche Onlinehändler für den Onlinehandel in Frankreich mit Unternehmern (B2B-Verträge) in seinen AGB eine Klausel einfügen, dass deutsches Recht und die Zuständigkeit deutscher Gerichte gelten?

Ja. Es gilt hier nach den einschlägigen EU-Verordnungen der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Die IT-Recht-Kanzlei hat dies in ihren Rechtstexten für den Onlinehandel in Frankreich berücksichtigt.

Frage: Kann der deutsche Onlinehändler für den Onlinehandel in Frankreich mit Verbrauchern in Frankreich eine Klausel zur Anwendung des deutschen Rechts in seinen AGB vorsehen?

Im Ergebnis nein, wenn der deutsche Onlinehändler gezielt Kunden in Frankreich ansprechen will

Da Frankreich und Deutschland Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sind, gilt für die Frage des anzuwendenden Rechts die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 vom 17. Juni 2008 (Rom I). EU-Verordnungen gelten anders als EU-Richtlinien in den EU Mitgliedsstaaten unmittelbar und bedürfen nicht der Umsetzung in nationales Recht.

Die Rom I Verordnung nennt zwei Voraussetzungen für die Anwendung von französischem Recht zugunsten des Verbrauchers in Frankreich, auch wenn durch AGB die Anwendung deutschen Rechts vereinbart worden ist.

a) Der Onlinehändler hat seine Tätigkeit auf Frankreich ausgerichtet (Artikel 6 I (b) Rom I

b) Der Verbraucher in Frankreich kann sich auf für ihn günstigere zwingende Verbrauchervorschriften als in Deutschland berufen (Artikel 6 I Rom I)

Zu a) Der Onlinehändler hat seine Tätigkeit auf Frankreich ausgerichtet (Artikel 6 I (b) Rom I

Wann ist eine Tätigkeit auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers „ausgerichtet“? Dies ist nicht ohne weiteres ersichtlich, auch wenn der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem Urteil vom 07.12.2010 – C-585/08 und C-144/09 einige Kriterien zur Auslegung dieses Begriffs benannt hat. Die Diskussion zur Auslegung dieses Begriffs soll hier nicht im Einzelnen nachgezeichnet werden. So viel gilt in der Praxis für den deutschen Onlinehändler, der Waren und Dienstleistungen in Frankreich vertreibt: Bei einem Onlinehändler, der über einen deutschsprachigen Onlineshop lediglich unter anderem auch die Lieferung von Waren nach Frankreich anbietet, liegt keine Ausrichtung seiner Tätigkeit auf Frankreich vor. Bei einem deutschen Onlinehändler, der gezielt Verbraucher in Frankreich anspricht und deswegen unter anderem eine französischsprachige Webseite vorhält, wird man dagegen von einer solchen Ausrichtung sprechen können.

Der französische Gesetzgeber hat die Regelung der Rom I Verordnung in nationales Recht übernommen. So heißt es in Artikel L231-1 Code de la Consommation

Article L231-1

Pour l'application des articles L. 232-1, L. 232-2, L. 232-3 et L. 232-4, un lien étroit avec le territoire d'un Etat membre est réputé établi notamment :
1° Si le contrat a été conclu dans l'Etat membre du lieu de résidence habituelle du consommateur ;
2° Si le professionnel dirige son activité vers le territoire de l'Etat membre où réside le consommateur, sous réserve que le contrat entre dans le cadre de cette activité ;
3° Si le contrat a été précédé dans cet Etat membre d'une offre spécialement faite ou d'une publicité et des actes accomplis par le consommateur nécessaires à la conclusion de ce contrat ;
4° Si le contrat a été conclu dans un Etat membre où le consommateur s'est rendu à la suite d'une proposition de voyage ou de séjour faite, directement ou indirectement, par le vendeur pour l'inciter à conclure ce contrat.

zu b) Der Verbraucher in Frankreich kann sich auf für ihn günstigere zwingende Verbrauchervorschriften als in Deutschland berufen (Artikel 6 I Rom I)

Die EU-Verordnung Rom I bestimmt zwar, dass auch bei Verträgen eines gewerblichen Händlers mit einem Verbraucher in einem anderen EU-Mitgliedsstaat die freie Rechtswahl besteht und der Onlinehändler in seinen AGB eine Klausel zur Anwendung seines Rechts vorsehen kann, auch wenn ohne eine solche Vereinbarung das Wohnsitzrecht des Verbrauchers zur Anwendung käme (Artikel 6, Absatz 2, Satz 1 Rom I). Artikel 6, Absatz 2, Satz 2 der Rom I-Verordnung macht allerdings die wichtige Einschränkung, dass die Rechte des Verbrauchers in seinem Wohnsitzstaat auf Grund einer solchen Rechtswahlklausel nicht beeinträchtigt werden dürfen.

Artikel 6, Absatz 2 Rom I

Ungeachtet des Absatzes 1 können die Parteien das auf einen Vertrag, der die Anforderungen des Absatzes 1 erfüllt, anzuwendende Recht nach Artikel 3 wählen. Die Rechtswahl darf jedoch nicht dazu führen, dass dem Verbraucher der Schutz entzogen wird, der ihm durch diejenigen Bestimmungen gewährt wird, von denen nach dem Recht, das nach Absatz 1 mangels einer Rechtswahl anzuwenden wäre, nicht durch Vereinbarung abgewichen werden darf.

Mit anderen Worten: Der französische Verbraucher kann sich auf die Anwendung französischen Rechts berufen, wenn dieses Recht für ihn vorteilhafter ist, auch wenn durch AGB deutsches Recht vereinbart wurde.

Das französische Verbraucherschutzgesetz (Code de la Consommation in der Fassung vom 25. November 2016) hat dies für Online-Verträge mit französischen Verbrauchern klargestellt.

Article L 232-3

Nonobstant toute stipulation contraire, le consommateur ne peut être privé de la protection que lui assurent les dispositions prises par un Etat membre de l'Union européenne en application de la directive 2011/83/UE du Parlement européen et du Conseil du 25 octobre 2011 relative aux droits des consommateurs, modifiant la directive 93/13/CEE du Conseil et la directive 1999/44/CE du Parlement européen et du Conseil et abrogeant la directive 85/577/CEE du Conseil et la directive 97/7/CE du Parlement européen et du Conseil, lorsque le contrat conclu à distance ou hors établissement présente un lien étroit avec le territoire de cet Etat.

Da das französische Recht in wichtigen Punkten wie z.B. dem Gewährleistungsrecht und den Informationspflichten des Onlinehändlers verbraucherfreundlicher ausgestaltet ist als das deutsche Recht, wird sich der Verbraucher in Frankreich im Regelfall auf die Anwendung von französischem Recht berufen können.

Ergebnis:

Ein deutscher Onlinehändler, der gezielt Waren oder Dienstleistungen an einen französischen Verbraucher über eine französischsprachige Webseite verkauft, wird sich auf die Anwendung französischen Rechts einstellen müssen.

Empfehlung der IT-Recht Kanzlei

Die IT-Recht Kanzlei sieht in Ihren französischsprachigen AGB für Mandanten, die Waren und Dienstleistungen in Frankreich vertreiben, die Anwendung französischem Rechts vor. Denn diese Mandanten wollen sich über französischsprachige Rechtstexte gezielt an Verbraucher in Frankreich wenden.

Frage: Kann der deutsche Onlinehändler für den Onlinehandel in Frankreich mit Verbrauchern eine Klausel zur Zuständigkeit deutscher Gerichte in seinen AGB vorsehen?

Im Ergebnis nein, wenn der deutsche Onlinehändler gezielt Kunden in Frankreich ansprechen will

Auch für die Frage der Gerichtsstandsvereinbarung bei Verträgen mit Verbrauchern gilt in der Europäischen Union zwingendes Gemeinschaftsrecht und zwar die neugefasste Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Brüssel I). Wie bereits erwähnt gelten EU-Verordnungen unmittelbar und sind nicht durch nationales Recht umzusetzen.

Enthält der Vertrag des deutschen Onlinehändlers mit dem Verbraucher in Frankreich eine Klausel, dass nur deutsche Gerichte zuständig sind, dann ist eine solche Gerichtsstandsvereinbarung gem. Artikel 26 Brüssel I Verordnung unbeachtlich, wenn es sich um die Zuständigkeit für Verbrauchersachen gem. Art. 17 Brüssel I Verordnung handelt.

Der Verbraucher in Frankreich kann auf der Zuständigkeit eines Gerichts an seinem Wohnsitz bestehen (Art 18 Brüssel I-Verordnung), wenn sich gem. Art. 17 Abs. 1 Buchst. c Brüssel I Verordnung die Tätigkeit des deutschen Onlinehändlers auf seinen Wohnsitzstaat des also Frankreich „ausrichtet“.

Der Begriff der Ausrichtung der Tätigkeit wurde bereits oben in der vorhergehenden Frage erläutert. Auch hier gelten die oben zitierten Auslegungskriterien der EuGH. Im Ergebnis wird man daher sagen können, dass der deutsche Onlinehändler, der sich gezielt an Kunden in Frankreich über eine französischsprachige Webseite wendet, der Gerichtsbarkeit französischer Gerichte unterliegt.

Exkurs: Es gibt in der Brüssel I Verordnung keine Regelung wie in der Rom I Verordnung, dass die Wahl des Gerichtes auch bei Verbrauchersachen frei vereinbart werden kann, es sei denn der Verbraucher in Frankreich würde durch eine solche Vereinbarung in seinen Verbraucherrechten beeinträchtigt. Der französische Verbraucher kann also auf die Zuständigkeit eines französischen Gerichts dringen, ohne nachweisen zu müssen, dass er dadurch in seinen Verbraucherrechten beeinträchtigt wird.

Ergebnis:

Ein deutscher Onlinehändler, der sich gezielt an Verbraucher in Frankreich wendet, wird bei Streitigkeiten damit rechnen müssen, dass er vor einem französischen Gericht verklagt wird.

Empfehlung der IT-Recht Kanzlei

Die IT-Recht Kanzlei sieht in Ihren französischsprachigen AGB für Mandanten, die Waren und Dienstleistungen an Verbraucher in Frankreich vertreiben, die Zuständigkeit französischer Gerichte (am Wohnsitz des Verbrauchers vor). Diese Mandanten wollen sich über französischsprachige Rechtstexte gezielt an Verbraucher in Frankreich wenden.

Frage: Kann der deutsche Onlinehändler, der über eine Niederlassung in Frankreich seinen Onlinehandel mit französischen Verbrauchern betreibt, eine Klausel zur Zuständigkeit deutscher Gerichte in seinen AGB vorsehen?

Nein, hier ist die Rechtslage eindeutig.

Gem. Artikel 17 Abs. 2 Brüssel I Verordnung wird der Onlinehändler mit Niederlassung oder Agentur in Frankreich bei Streitigkeiten aus seiner Niederlassung mit Verbrauchern in Frankreich so behandelt, wie wenn er seinen Wohnsitz in Frankreich hätte.

Frage: Was ist ein Unternehmer und was ist ein Verbraucher im Sinne der einschlägigen EU-Verordnungen?

Zum Begriff des Unternehmers und des Verbrauchers finden sich Legaldefinitionen in der Rom I Verordnung und der Brüssel I Verordnung.

Art. 6 Rom I-Verordnung

(1) Unbeschadet der Artikel 5 und 7 unterliegt ein Vertrag, den eine natürliche Person zu einem Zweck, der nicht ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann („Verbraucher“), mit einer anderen Person geschlossen hat, die in Ausübung ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit handelt („Unternehmer“), dem Recht des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern der Unternehmer ….
Art 15 Abs. 1 Brüssel I-Verordnung

Bilden ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag, den eine Person, der Verbraucher, zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person zugerechnet werden kann, den Gegenstand des Verfahrens, so bestimmt sich die Zuständigkeit unbeschadet des Artikels 4 und des Artikels 5 Nummer 5 nach diesem Abschnitt,….

Wie bereits ausgeführt, gelten EU-Verordnungen in der EU unmittelbar. Somit sind auch die genannten Definitionen zum Unternehmer und Verbraucher für den Onlinehandel zwischen Deutschland und Frankreich verbindlich. Aber interpretatorische Klarstellungen dieser Begriffe im französischen Recht sind für die Praxis des Onlinehändlers wichtig.

In der Neufassung des französischen Verbrauchergesetzes (Code de la consommation) finden sich jetzt erstmals Legaldefinitionen zu den Begriffen des Verbrauchers und des Unternehmers, die interessanterweise durch den Begriff des Nicht-Unternehmers (non-professionnel) ergänzt werden.

Article liminaire

Pour l'application du présent code, on entend par :

  • consommateur : toute personne physique qui agit à des fins qui n'entrent pas dans le cadre de son activité commerciale, industrielle, artisanale, libérale ou agricole ;
  • non-professionnel : toute personne morale qui agit à des fins qui n'entrent pas dans le cadre de son activité commerciale, industrielle, artisanale, libérale ou agricole ;
  • professionnel : toute personne physique ou morale, publique ou privée, qui agit à des fins entrant dans le cadre de son activité commerciale, industrielle, artisanale, libérale ou agricole, y compris lorsqu'elle agit au nom ou pour le compte d'un autre professionnel.

Der französische Gesetzgeber wollte mit dem Begriff des Nicht-Unternehmers sicherstellen, dass eine juristische Person (Unternehmen), die einen Onlinevertrag nicht aus gewerblichen oder beruflichen, sondern aus privaten Gründen abschließt, den gleichen Schutz wie ein Verbraucher genießt. Nicht geregelt wird dagegen mit dem Begriff des Nicht-Unternehmers die Frage, ob auch eine natürliche Person, die ein Gewerbe ausübt oder freiberuflich tätig ist, als Verbraucher einzustufen ist, wenn sie aus privaten Gründen Waren oder Dienstleistungen kauft.

Exkurs: Der Begriff des „non-professionnel“ bezieht sich nach der oben genannten Legaldefinition nur auf juristische Personen. Die vom französischen Kassationsgericht vorgenommene Definition des „non-professionnel“ war weiter gefasst, da sowohl natürliche wie juristische Personen unter den Begriff des „non-professionnel“ fallen konnten ( (Cass. 1e civ. 24-1-1995 n° 92-18.227 : Bull. civ. I n° 54 ; Cass. 1e civ. 25-11-2015 n° 14-20.760 : RJDA 2/16 n° 107). So wurde zum Beispiel der Inhaber eines Friseurgeschäfts als „non-professionnel“ eingestuft, der einen Vertrag über Fernüberwachung abgeschlossen hatte ((CA Amiens 6-4-2006 n° 05-92 : RJDA 1/07 n° 104). Es wird sich zeigen, ob die französische Rechtsprechung in Zukunft natürliche Personen wie Händler oder Freiberufler als Verbraucher einstuft, wenn sie aus privaten Gründen Verträge abschließen, die nichts mit ihrer beruflichen Tätigkeit zu tun haben.

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