EU-Bauproduktenverordnung

Aufgaben und Pflichten des Herstellers gem. der BauPVO

Aufgaben und Pflichten des Herstellers gem. der BauPVO

Wie in anderen EU-Verordnungen oder EU-Richtlinien, die eine Konformitätsbewertung und CE-Kennzeichnung vorsehen, gibt es auch bei BauPVO keine Behörde, die ein bestimmtes Bauprodukt zulässt. Die Rolle der Behörden ist auf die Marktüberwachung und auf die Benennung von notifizierten Stellen beschränkt. Wie ausgeführt haben die notifizierten Stellen im System der Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit je nach Bauprodukt bestimmt Zertifizierungsaufgaben aber keine Überwachungsaufgaben. Die tragende Rolle im Konformitätsbewertungsverfahren nach der BauPVO und beim Inverkehrbringen von Bauprodukten kommt den Wirtschaftsakteuren zu: Hersteller, Bevollmächtigter, Importeur, Händler.

Frage: Was ist ein Hersteller?

Nach der Legaldefinition des Artikels 2, Ziffer 19 BauPVO ist Hersteller jede natürliche oder juristische Person, die ein Bauprodukt herstellt beziehungsweise entwickeln oder herstellen lässt und dieses Produkt unter ihrem eigenen Namen oder ihrer eigenen Marke vermarktet. Im Unterschied zu anderen EU-Regelungen wie z.B. der EU-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 vom 18.12.2006) zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) muss der Hersteller gemäß BauPVO weder seinen Sitz noch seine Produktion innerhalb der EU haben.

Frage: Welche Pflichten hat der Hersteller?

- Erstellung einer Leistungserklärung (s. oben II) und Anbringung einer EC-Kennzeichnung
(Ausnahmen bei Einzelanfertigung im Werk, historisches Herstellverfahren, s. oben II)

- Keine widersprüchlichen Angaben zu den Leistungen eines Bauproduktes
Zusatzinformationen in Werbematerial dürfen zwar gegeben werden. Wenn es sich dabei allerdings um Leistungen von Wesentlichen Merkmalen handelt, müssen diese Angaben auch Bestandteil der Leistungserklärung sein.

- 10-jährige Aufbewahrungsfrist für die technische Dokumentation zur Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit ab dem Inverkehrbringen des Bauprodukts

- Zur Verfügung Stellung einer Abschrift seiner Leistungserklärung in gedruckter oder elektronischer Form bei Vermarktung des Bauprodukts, falls dies vom Abnehmer gefordert wird

- Der Hersteller hat durch entsprechende Verfahren sicherzustellen, dass die erklärte Leistung des Bauprodukts beständig erreicht wird

- Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit und Identifizierbarkeit
Das Bauprodukt hat den Namen des Herstellers, den Handelsnamen oder die eingetragene Marke, eine Herstelleranschrift sowie eine Typen-, Chargen- oder Seriennummer (z.B. Artikelnummer EAN) zu tragen, um eine Identifizierung zu ermöglichen

- Bereitstellung von Sicherheitsinformationen, Montage- und Gebrauchsanleitung in der Sprache des EU-Mitgliedsstaates, wo das Produkt vermarktet wird

- Rückruf oder Korrekturmaßnahmen, wenn die erklärten Leistungen des Bauprodukts nicht erreicht werden
Bei Mängeln, die mit einer Gefahr verbunden sind, hat der Hersteller die nationalen Behörden zu informieren

- Gegenüber nationalen Behörden hat der Hersteller auf begründetes Verlangen alle Informationen zur Konformität des Bauproduktes auszuhändigen und hat mit den nationalen Behörden zu kooperieren

Frage: Wenn ein Bauprodukt nicht unter die harmonisierten technischen Spezifikationen fällt, muss dann der deutsche Hersteller eine Europäische Technische Bewertung über das Deutsche Institut für Bautechnik als deutsche technische Bewertungsstelle anfordern, um sein Produkt innerhalb der EU verkaufen zu können?

Der Hersteller ist hierzu nicht verpflichtet. Er kann sein Produkt ohne Leistungserklärung und ohne CE-Kennzeichnung verkaufen. Er darf darauf vertrauen, dass die Vermarktung seines Produktes in anderen EU-Mitgliedstaaten nicht behindert wird. In diesem Zusammenhang ist an die EU-Verordnung 764/2008 zu erinnern, die die gegenseitige Anerkennung von Produkten regelt, die nach nationalen technischen Vorschriften rechtmäßig in den Verkehr gebracht worden sind. Es ist allerdings richtig, dass die Vermarktung eines Bauprodukts innerhalb der EU einfacher ist, wenn für dieses Produkt auf Grund einer harmonisierten technischen Bewertung eine Leistungserklärung und eine CE-Kennzeichnung vorliegt, mit anderen Worten, wenn dieses Produkt durch ein solches Verfahren ein harmonisiertes Bauprodukt wird. Dies kann den deutschen Hersteller veranlassen, für ein nicht harmonisiertes Produkt beim DIBT eine Europäische Technische Bewertung zu beantragen.

Frage: Was ist die Bedeutung von Montage- und Bedienungsanleitungen, die der Hersteller bereitstellen muss?

Wenn Bauprodukte als Bausätze vom Hersteller verkauft werden, hat der Hersteller durch Bereitstellen von geeigneten Montageanleitungen gem. Art. 11 (6) BbauPVO Sorge dafür zu tragen, dass der Bausatz korrekt montiert werden kann.

Frage: In welchem Umfang kann der Hersteller seine Herstellerpflichten an einen Bevollmächtigten delegieren?

Angesichts des sehr komplexen Verfahrens zur Erstellung einer Leistungserklärung werden viele Hersteller einen Bevollmächtigten engagieren. Der Hersteller kann fast alle seine Pflichten gem. BauPVOan diesen Bevollmächtigten delegieren. Die Erstellung der technischen Dokumentation hat er allerdings selber vorzunehmen.

Frage: Kann der Hersteller bei Bereitstellung seines Bauprodukts seiner Verpflichtung, eine Abschrift seiner Leistungserklärung in gedruckter Form oder elektronisch zur Verfügung stellen, auch dadurch nachkommen, dass er die Leistungserklärung auf seiner Webseite veröffentlicht?

Ja, dies ist möglich.

Art 7 BauPVO bestimmt, dass der Hersteller eine Abschrift der Leistungserklärung für jedes Produkt bei Vermarktung in gedruckter oder in elektronischer Form zur Verfügung stellen muss, wenn dies vom Abnehmer gefordert wird. Diese Abschrift kann abweichend von dieser Regelung auch auf der Website des Unternehmens veröffentlicht werden. Die Bedingungen für eine solche elektronische Veröffentlichung sollen zwar noch durch delegiertenRechtsakt festgelegt werden. Der entsprechende delegierte Rechtsakt der Kommission soll im September 2013 angenommen werden und wird dann dem Europäischen Rat und dem Europäischen Parlament zur Stellungnahme vorgelegt.

Gleichwohl kann nach Mitteilung der EU-Kommission in der Zwischenzeit bis zur Verabschiedung des Delegierten Rechtsaktes die Leistungserklärung bereits jetzt auf der Webseite des Unternehmens veröffentlicht und damit der Pflicht genüge getan werden, die Leistungsabschrift zur Verfügung zu stellen.

Frage: In welchen Fällen kann der Hersteller die Typprüfung oder die Typberechnung im Rahmen der Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit (Anhang V BauPVO) durch eine sogenannte angemessene technische Dokumentation (Art 36 BbauPVO) ersetzen und was ist eine angemessene technische Dokumentation?

Ein solcher Ersatz ist nach Artikel 36 BauPVO grundsätzlich möglich. Nach den Empfehlungen der EU-Kommission war bei den bei Artikel 36 (1) a und Artikel 36 (1) b an folgende Fallkonstellationen gedacht. Eine angemessene technische Dokumentation kann z.B. im Rahmen des Artikels 36 (1) a für den Nachweis genutzt werden, dass eine Kommissionsentscheidung zur Einstufung der Brandverhaltensklasse eingehalten wurde.Sie kann ferner im Rahmen des Artikels 36 (1) b aus den Testresultaten bestehen, die ein anderer Herstellers oder Systemanbieters gewonnen hat und die mit Einwilligung des anderen Herstellers oder Systemanbieters für die eigene Bewertung genutzt werden können.

Die angemessene technische Dokumentation kann von Fall zu Fall verschieden ausfallen. Es obliegt dem Hersteller, in seinen technischen Unterlagenzur Leistungserklärung die Sachdienlichkeit einer technischen Dokumentation zu rechtfertigen, falls die Marktüberwachungsbehörde dieses verlangt.

Frage: Gibt es Erleichterungen für ein Herstellerunternehmen, das ein Kleinstunternehmen ist?

Kleinstunternehmer sind bei dem Konformitätsverfahren zur Leistungsbewertung bei den Systemklassen 3 und 4 nicht an die Festlegungen der einschlägigen harmonisierten Normen gebunden (Art. 37 BauPVO). Zur Erinnerung: Die harmonisierten Normen regeln, welche Systemklasse bei dem Bewertungsverfahren zur Anwendung kommt. Im Fall der Systemklassen 3 und 4 kann das Kleinstunternehmen ein abweichendes Verfahren anwenden. Für Bauprodukte, auf die die Systemklasse 3 anzuwenden wäre, kann ein Verfahren nach Systemklasse 4 zur Anwendung kommen.Diese Abweichungen sind in der technischen Dokumentation darzulegen.

Frage: Was ist ein Kleinstunternehmen iSdBauPVO?

Der Begriff wird in der BauPVO selber nicht geregelt. Nach der Empfehlung der EU-Kommission - (Commission Recommendation concerning the definition of micro, smallandmedium-sizedenterprises) - , ist ein Kleinstunternehmen ein Unternehmen, das weniger als 10 Beschäftigte hat und einen Jahresumsatz oder eine Jahresbilanzsumme von weniger als 2 Mio. Euro aufweist.

© 2004-2024 · IT-Recht Kanzlei