EU-Bauproduktenverordnung
Die neue EU-Bauproduktenverordnung betrifft den Bausektor, einer der Schlüsselindustrien der Europäischen Union. Hersteller, Importeur und Händler müssen sich auf diese Verordnung, die in wichtigen Punkten die alte Rechtslage verändert, einstellen. Die IT-Recht-Kanzlei möchte über diese neue Verordnung einen systematischen und möglichst vollständigen Überblick aus der Sicht des betroffenen Herstellers, Importeurs und Händlers geben.
Allgemeines zur EU- Bauproduktenverordnung (BauPVO)
Frage: Was regelt die BauPVO?
Entsprechend der etwas umständlichen Sprache des Art. 1 legt die EU-BauPVO (BauPVO) Bedingungen für das Inverkehrbringen von Bauprodukten durch die Aufstellung von harmonisierten Regeln in Bezug auf ihre Wesentlichen Merkmale fest. Die BauPVO setzt also nicht selber Bauprodukte-Standards. Die harmonisierten Regeln oder genauer die harmonisierten technischen Spezifikationen werden von europäischen Gremien erstellt und enthalten die Verfahren und Kriterien für die Bewertung der Leistung von Bauprodukten in Bezug auf ihre wesentlichen Merkmale. Die BauPVO legt ferner die Verwendung der CE-Kennzeichnung für sog. harmonisierte Bauprodukte fest, also Bauprodukte, die unter die harmonisierten technischen Spezifikationen fallen.
Frage: Ab wann gilt die neue Bauproduktenverordnung?
Die neue Verordnung (EU) Nr. 305/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2011 zur Festlegung harmonisierter Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten (BauPVO) ist am 01.07.2013 in Kraft getreten und löst die bisher geltende Bauproduktenrichtlinine (89/106/EWG) ab. Gleichzeitig zum 1.07.2013 ist das neue deutsche Gesetz zur Anpassung des Bauproduktengesetzes in Kraft getreten. Die EU-Bauproduktenverordnung kann so ab dem 01.07.2013 in Deutschland durchgeführt werden.
Frage: Gilt die BauPVO in Deutschland unmittelbar?
Als europäische Verordnung gilt die BauPVO unmittelbar in allen EU-Mitgliedsstaaten und damit auch in Deutschland. EU-Verordnungen müssen anders als EU-Richtlinien nicht in nationales Recht umgesetzt werden. Das deutsche Gesetz zur Anpassung des Bauproduktengesetzes, das am 1.07.2013 in Kraft getreten ist, ist kein Umsetzungsgesetz der BauPVO, sondern hat vor allem den Zweck, die laut BauPVO festzulegenden nationalen Behörden zu benennen.
Frage: In welchen anderen Ländern gilt die BauPVO?
Als EU-Verordnung gilt die die BauPVO in allen EU-Mitgliedsstaaten einschließlich Kroatiens, das am 1. Juli 2013 der EU beigetreten ist. Darüber hinaus gilt sie indirekt auch in den Staaten, die Mitglied der Europäischen Organisation für Technische Zulassungen (European Organisation for Technical Approval „EOTA“ sind. Die EOTA entwickelt und verabschiedet gem. Artikel 31 Absatz BauPVO europäische Bewertungsdokumente für die Vermarktung von Bauprodukten. Mitgliedsstaaten der EOTA sind gem. Ziffer 1.5 ihrer Statuten neben den EU-Mitgliedsstaaten die EFTA-Staaten also Schweiz, Lichtenstein, Norwegen und Island sowie die Türkei auf Grund einer Entscheidung der Kommission.
Frage: Welche Rolle spielen Leistungserklärung und die CE-Kennzeichnung?
Leistungserklärung und CE-Kennzeichnung spielen eine Schlüsselrolle für das Konzept der BauPVO, die dem allgemeinen System der EG-Konformitätserklärung folgt. Anders als bei der früheren Bauprodukten-Richtlinie liegt die alleinige Verantwortung für das Inverkehrbringen von Bauprodukten jetzt bei dem Hersteller, der eine Leistungserklärung für ein Produkt abgibt und auf Grund dieser Leistungserklärung das Bauprodukt mit einer CE-Kennzeichnung versieht. Mit der CE-Kennzeichnung übernimmt der Hersteller die Verantwortung für die Übereinstimmung des Bauprodukts mit den in der Leistungserklärung angegebenen Leistungen sowie der Einhaltung der sonstigen einschlägigen europäischen Rechtsvorschriften. Nationale Behörden spielen lediglich als Marktüberwachungsbehörden eine Rolle. Sie haben keine aktive Rolle als Zulassungsbehörde für bestimmte Bauprodukte.
Die BauPVO wurde nach den Grundsätzen des neuen Rechtsrahmens für harmonisierte Normen (Mitteilung der Kommission im Rahmen der Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008, Beschluss Nr. 768/2008/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008, Verordnung (EG) Nr. 1221/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009) erarbeitet. Es gibt allerdings einige Abweichungen zu den sog. Grundsätzen des „Neuen Rechtsrahmes“. Die BauPVO spricht von „Systemen zur Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit“ statt „Modulen zur Konformitätsbewertung“, „Leistungserklärung“ statt „EG-Konformitätserklärung“.
Frage: Regelt die EU-BauPVOauch nicht harmonisierte Bauprodukte und welche deutschen Vorschriften bestehen für solche Bauprodukte?
Die BauPVO gilt nicht für Bauprodukte, die nicht unter die (europäischen) harmonisierten Spezifikationen fallen (nicht harmonisierte Bauprodukte). Eigenschaften eines Bauprodukts, die sich nicht auf Wesentliche Merkmale beziehen, sind nicht Gegenstand der BauPVO. Nicht harmonisierte oder nicht harmonisierungsfähige Bauprodukte dürfen auch nicht mit einer CE-Kennzeichnung versehen werden. Für solche Bauprodukte kann allerdings eine nationale Zulassung im Anwendungsbereich der Landesbauordnungen notwendig sein. Diese nationalen Zulassungen werden in Deutschland durch das Deutsche Institut für Bautechnik erteilt. Gem. § 7 des Gesetzes zur Anpassung des Bauproduktengesetzes kann die Bundesregierung Rechtsverordnungen zum Inverkehrbringen von solchen nicht harmonisierten Bauprodukten erlassen. Dabei können insbesondere Prüfungen, Überwachungen, Bescheinigungen, Kennzeichnungen, Aufbewahrungs- und Mitteilungspflichten sowie nationale Konformitätsnachweisverfahren vorgeschrieben werden.
Frage: Welchen Stellen in den verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten erteilen Auskunft über die national geltenden nationalen Bestimmungen für Bauprodukte?
Gem. Artikel 10 BauPVO müssen die EU-Mitgliedsstaaten Produktinformationsstellen für das Bauwesen benennen, die Informationen über die in ihrem Hoheitsgebiet geltenden nationalen Bauproduktbestimmungen in leicht verständlicher Formulierung bereitstellen. In Deutschland ist die Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung (BAM) als deutsche Produktionsinformationsstelle benannt.