Werbung mit Newsletter und Fax
Ausnahme: Einwilligung kann nach § 7 Abs. 3 UWG entbehrlich sein
Ausnahme: Einwilligung kann nach § 7 Abs. 3 UWG entbehrlich sein
Sofern der Empfänger keine ausdrückliche Einwilligung erteilt hat, muss der elektronische Versand von Werbung nicht zwangsläufig unzulässig sein. Denn das Wettbewerbsrecht enthält in § 7 Abs. 3 UWG eine Ausnahmeregelung, nach der eine Einwilligung des Kunden bzw. Empfängers in bestimmten Fällen entbehrlich ist. Innerhalb existierender Kundenbeziehungen soll es den Händlern möglich sein, für den Verkauf ähnlicher Produkte mittels E-Mail zu werben, ohne die Einwilligung des Kunden eingeholt zu haben (siehe Köhler/Bornkamm, § 7 UWG Rn. 202). Nach dem Gesetzeswortlaut handelt es sich trotz Fehlens einer ausdrücklichen Einwilligungserklärung dann um zulässige E-Mail-Werbung, wenn:
- ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat,
- der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet,
- der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und
- der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.
1. Erhebung der E-Mail-Adresse in Zusammenhang mit einem Produktverkauf
Was die in Nr. 1 geregelte Erlangung der Adresse angeht, so ist zu beachten, dass der werbende Unternehmer die E-Mail-Adresse vom Kunden selbst erlangt haben muss. Dies kann auf Anfrage oder im Rahmen einer Bestellung erfolgen, nicht aber mittels Adressbücher oder durch andere Händler (vgl. Köhler/Bornkamm, § 7 UWG Rn. 204). Ferner muss ein Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung bestehen; dieser liegt typischerweise vor, wenn der Kunde eine Bestellung mittels E-Mail durchgeführt hat, wobei nicht mehr als zwei Jahre vergangen sein dürfen (vgl. Köhler/Bornkamm, § 7 UWG Rn. 204).
2. Verwendung für ähnliche Produkte
Die in Nr. 2 geregelte Direktwerbung für „eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen“ erfordert, dass auch nur für eigene und ähnliche Produkte geworben wird. Was unter dem Begriff des ähnlichen Produkts zu verstehen ist und welche Produkte im Einzelfall noch erfasst sind, ist diskutabel und kann daher Schwierigkeiten bereiten.
Die folgenden Urteile sollen daher Licht ins Dunkel bringen:
- Nach Ansicht des OLG Jena (Urteil vom 21. April 2010, Az. 2 U 88/10) muss sich die Ähnlichkeit auf die bereits gekauften Waren beziehen und mit dem gleichen typischen Verwendungszweck oder Bedarf des Kunden übereinstimmen; im Einzelfall kann auch die Werbung für Zubehör oder Ergänzungswaren zulässig sein (vgl. Köhler/Bornkamm, § 7 UWG Rn. 205). Wird hingegen für Waren aus einem ganz anderen Verwendungsbereich geworben, so widerspricht dies den Anforderungen an ein „ähnliches Produkt“. So geschehen auch im Fall des OLG Jena, in dem ein Kunde Holzkitt erwarb und der spätere E-Mail-Newsletter u.a. Werbung für Macheten, Laubstaubsauger, Energiesparlampen, Regenbekleidung und Einkochautomaten Werbung enthielt.
- Weitere Anhaltspunkte hinsichtlich des Ähnlichkeitsbegriffs bietet auch ein Urteil des KG Berlin (vom 18. März 2011, Az. 5 W 59/11). Konkret ging es in der Entscheidung um die Frage, ob die Antragsgegnerin eine im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Geduldsspiels erhaltene E-Mail-Adresse trotz Fehlens einer ausdrücklichen Einwilligung zur Direktwerbung nutzen darf und es sich bei den in der Werbe-Mail angepriesenen Produkten um „ähnliche Waren“ im Sinne der Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 3 Nr. 2 UWG handelt. In der Werbe-Mail wurden u.a. ein Wireless Lautsprecher Set, Origami Papier-Servietten, leuchtende Party-Gläser, witzige Eiswürfelformen sowie ein Musik-Abmischgerät als „Must-Haves für deine Silvesterparty” beworben. In seinem Urteil verneinte das KG Berlin das Vorliegen „ähnlicher Waren“. Denn grundsätzlich müsse sich die Ähnlichkeit auf die bereits gekauften Produkte beziehen und demselben typischen Verwendungszweck oder Bedarf des Kunden entsprechen. Dies sei regelmäßig erfüllt, wenn die Produkte austauschbar seien oder dem gleichen oder zumindest einem ähnlichen Bedarf oder Verwendungszweck dienten. Dabei müsse diese Regelung eng ausgelegt werden, um den Adressaten vor unerbetener Werbung zu schützen. Im konkreten Fall sahen die Berliner Richter daher den gleichen typischen Verwendungszweck oder eine Austauschbarkeit zwischen dem gekauften Geduldsspiel und den in der E-Mail beworbenen Produkten (siehe oben) nicht als gegeben.
Weitere Einzelheiten dazu in einem früheren Beitrag: KG Berlin: Zulässigkeit von Email-Werbung ohne Einwilligung des Adressaten hängt speziell vom Begriff der „ähnlichen Ware“ (§ 7 Abs. 3 Nr. 2 UWG) ab
Festzuhalten bleibt, dass die Rechtsprechung strenge Auslegungsmaßstäbe an das Erfordernis eines „ähnlichen Produkts“ anzulegen scheint, so dass bei der Zusammenstellung einer Werbe-Mail erhöhte Vorsicht hinsichtlich der Auswahl der beworbenen Produkte geboten ist.
3. Kein Widerspruch des Empfängers
Bei dem in Nr. 3 geregelten Widerspruch ist zu beachten, dass dieser nicht nur per E-Mail, sondern auch durch andere Kommunikationsmittel erfolgen kann (siehe Köhler/Bornkamm, § 7 UWG Rn. 206).
4. Hinweis auf Widerspruchsmöglichkeit des Empfängers
Bei Nr. 4 ist schließlich zu beachten, dass sowohl bei der Erhebung der E-Mail-Adresse als auch bei jeder Verwendung eindeutig (d.h. nicht versteckt) auf die Widerspruchsmöglichkeit gegen die weitere Verwendung der E-Mail-Adresse und auf die dabei entstehenden Übermittlungskosten nach den Basistarifen hingewiesen werden muss. Folglich hat der Händler dem Kunden bzw. Empfänger seine Kontaktadresse mitzuteilen, an die der Widerspruch geschickt werden kann; zudem müssen sich die Kosten des Widerspruchs innerhalb der Basistarife bewegen (vgl. Köhler/Bornkamm, § 7 UWG, Rn. 207).
Die dargestellte Ausnahmeregelung greift aber nur dann ein, wenn alle vier Voraussetzungen (§ 7 Abs. 3 Nr. 1 bis Nr. 4 UWG) gemeinsam vorliegen. Nur dann ist die Einwilligung des Kunden in die E-Mail-Werbung entbehrlich. Ist aber nur eine der vier Voraussetzungen nicht erfüllt (ist z.B. die E-Mail-Adresse nicht korrekt erlangt worden oder wird für nicht „ähnliche“ Produkte geworben), so greift die Ausnahmeregelung nicht und es bleibt bei der grundsätzlichen Voraussetzung der ausdrücklichen Einwilligung des Kunden. Ist die Einwilligung dann nicht vorhanden, so stellt die Werbung eine unzumutbare Belästigung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG dar.