OLG Hamm zum Vertragsschluss bei einer eBay-Auktion und zum Zeitpunkt der Übersendung der Widerrufsbelehrung

OLG Hamm zum Vertragsschluss bei einer eBay-Auktion und zum Zeitpunkt der Übersendung der Widerrufsbelehrung
von Mag.iur. Johannes Well
3 min
Beitrag vom: 22.03.2013

Das OLG Hamm urteilte am 10.01.2012 in seiner Entscheidung Az.: I-4 U 145/11, dass einem Händler, der Produkte auf der Internet-Auktionsplattform eBay anbietet, die Zusendung der Widerrufsbelehrung gem. § 360 Abs. 1 BGB an den (am Ende des Auktionszeitraums) Höchstbietenden erst mit Ende der jeweiligen Auktion zumutbar sei, auch wenn der eigentliche Kaufvertrag schon mit Abgabe des Höchstgebotes zustande komme. Eine Zusendung der Widerrufsbelehrung mit Auktionsende entspräche den Anforderungen des § 355 Abs. 2 S. 1 und 2 BGB, so dass ein Verweis auf eine Widerrufsfrist von 14 Tagen auch nicht zu beanstanden sei.

Was war eigentlich passiert?

Der Ausgangsfall betraf zwei Mitbewerber, die über eBay im Rahmen von Online-Auktionen Schmuck und Uhren vertrieben. Die Antragstellerin beauftragte einen Testkäufer bei der Antragsgegnerin einen Ring zu erwerben. Der Testkäufer gab hierzu am 31.01.2011 das Höchstgebot ab. Am 02.02.2011 endete die Auktion. Zeitgleich erhielt der Testkäufer von der Antragsgegnerin eine Widerrufsbelehrung in Textform übersandt. Dagegen wandte sich die Antragstellerin aufgrund eines vermeintlichen Verstoßes gegen § 355 Abs. 2 BGB, da die Zusendung nicht mit Vertragsschluss sondern erst bei Auktionsende erfolgt sei.

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Wann kommt der Vertrag bei Auktions-Formaten zustande?

Das wirklich interessante an der Entscheidung des OLG Hamm ist die Beantwortung der Frage, wann im Rahmen eines Auktionsangebots nach Ansicht des Gerichts ein Vertrag geschlossen wird. Das OLG Hamm folgte insoweit der Argumentation der Antragstellerin, als es den Vertragsschluss bei Online-Auktionen nicht im Ablauf des Auktionszeitraums sieht, sondern einen Vertragssschluss bei Auktions-Formaten bereits mit der Abgabe des letzten Höchstgebotes. Das Gericht führte diesbezüglich Nachstehendes aus:

"Denn bei Verträgen der genannten Art [...] kommt der Vertrag (schon) dadurch zustande, dass der Verkäufer durch die Freischaltung der Artikelbeschreibung ein verbindliches Angebot unter Bestimmung einer Frist nach § 148 BGB abgibt, das der Käufer bei einer solchen Online-Auktion durch die Abgabe des Gebotes annimmt. Hieraus folgt, dass der Vertrag (bereits) mit der Abgabe des Gebotes durch den Käufer zustande kommt."

Allerdings erlösche diese verbindliche Annahmeerklärung des Käufers gem. § 158 Abs. 2 BGB mit der Abgabe eines neuen Höchstgebotes durch einen Dritten.

Muss an jeden Höchstbietendem eine Widerrufsbelehrung in Textform übersendet werden?

Nach dem OLG Hamm könne einem Unternehmer aber nicht zugemutet werden, jedem Höchstbietenden, mit dem ja dann zum Zeitpunkt der Gebotsabgabe ein Kaufvertrag zustande gekommen sei, eine Widerrufsbelehrung gem. § 360 Abs. 1 BGB in Textform zukommen zu lassen. Zur Wahrung der Widerrufsfrist von 14 Tagen gem. § 355 Abs. 2 S. 1 BGB anstelle der von einem Monat sei die Zusendung mit Angebotsende für das Erfordernis der ,Unverzüglichkeit‘ des § 355 Abs. 2 S. 2 BGB ausreichend:

"Unverzüglich im vorgenannten Sinne heißt nämlich gleichermaßen wie im Rahmen des § 121 Abs. 1 BGB „ohne schuldhaftes Zögern“. Das bedeutet, dass der Unternehmer die erste ihm zumutbare Möglichkeit ergreifen muss, um dem Verbraucher die Informationen in Textform zuzusenden."

Und diese zumutbare Möglichkeit sei erst mit Ende der Auktion gegeben, da dem Unternehmer auch erst dann die tatsächliche Identität seines Vertragspartners offenbart würde. Erst dadurch sei er faktisch dazu imstande die Widerrufsbelehrung zu übermitteln. Weiterhin sei laut Gericht zu berücksichtigen, dass einem ersten Höchstgebot im Normalfall noch viele weitere Höchstgebote folgten. Die Zusendung einer Widerrufsbelehrung an alle jeweils Höchstbietenden (also dann Vertragspartner) sei dem Unternehmer daher auch unzumutbar.

Fazit:

Bietet ein Unternehmer auf eBay Produkte im Rahmen von Auktionen an und möchte dieser eine Widerrufsbelehrung mit einer 14-tägigen Widerrufsfrist verwenden, so hat der Unternehmer dem Verbraucher gem. § 355 Abs. 2 S. 1 und 2 BGB die entsprechende Widerrufsbelehrung unverzüglich nach Ablauf der Auktion zu übermitteln. Der eigentliche Kaufvertrag kommt nach Ansicht des OLG Hamm zwar schon mit Abgabe des Höchstgebotes zustande, doch ist es dem Unternehmer zu diesem Zeitpunkt weder faktisch möglich, noch ist es ihm zumutbar, dem Verbraucher mit Abgabe des Höchstgebots eine entsprechende Widerrufsbelehrung zukommen zu lassen. Die Übersendung der Widerrufsbelehrung nach Ablauf des Auktionszeitraums ist trotz zeitlich vorangegangenem Vertragsschluss aber noch „unverzüglich“ im Sinne des § 355 Abs. 2 S. 2 BGB.

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Bildquelle: © Tobias Machhaus - Fotolia.com

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