Verbraucher veräußert nach dem Widerruf die Kaufsache - und jetzt?

Verbraucher veräußert nach dem Widerruf die Kaufsache - und jetzt?
15.09.2022 | Lesezeit: 4 min

Der Widerruf eines Kaufvertrags durch einen Verbraucher macht keinen Händler glücklich. Besonders ärgerlich ist es aber dann, wenn Käufer erst viele Monate oder sogar Jahre später den Darlehensvertrag widerrufen, mit dem der Kauf über eine Bank finanziert wurde und dies auch zum Widerruf des Kaufvertrags führt. Was bedeutet es für Händler, wenn der Käufer die Kaufsache dann bereits veräußert bzw. weggegeben hat und sie deshalb nicht an den Händler zurückgeben kann?

I. Wie können ein Kaufvertrag und ein Verbraucherdarlehensvertrag zusammenhängen?

Nicht selten finanzieren Verbraucher den Kauf einer größeren Anschaffung, etwa eines neuen Fernsehers oder Pkws durch einen – meistens vom Verkäufer, also etwa vom Autohändler selbst vermittelten – Darlehen, so dass neben dem Kaufvertrag über den Kaufgegenstand zusätzlich auch ein separater Darlehensvertrag mit der finanzierenden Bank geschlossen wird.

Das Gesetz schützt den Verbraucher, indem es ihm nach Abschluss des Darlehensvertrags ein 14-tägiges Widerrufsrecht gewährt. Wird dieses Widerrufsrecht hinsichtlich des Darlehensvertrags fristgerecht ausgeübt, hat dies von Gesetzes wegen in der Regel zur Folge, dass neben dem Darlehensvertrag automatisch auch der Kaufvertrag über die Kaufsache widerrufen und rückabgewickelt wird. Dann müssen alle empfangenen Leistungen von beiden Vertragsparteien unverzüglich zurückgegeben werden. Bei einem Autokauf bedeutet dies für den Darlehensnehmer, dass er den Pkw herauszugeben hat, während er von der finanzierenden Bank seine Tilgungsraten und Darlehenszinsen zurückgezahlt bekommt.

Gemäß der Rechtsprechung ist der Verbraucher dabei stets vorleistungspflichtig, er muss also immer zuerst den Kaufgegenstand zurückgeben, bevor er das Geld zurückerhält.

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II. Kann das Widerrufsrecht auch nach mehr als 14 Tagen noch ausgeübt werden?

Ist die Widerrufsbelehrung im Darlehensvertrag fehlerhaft oder unvollständig, dann ist das Widerrufsrecht des Verbrauchers zeitlich nicht unbedingt auf 14 Tage begrenzt. Dies bedeutet, dass ein Verbraucher im Falle eines angreifbaren Darlehensvertrags sogar mehrere Monate nach Abschluss des Darlehensvertrags sein Widerrufsrecht noch ausüben kann.

Allerdings muss man stets auch die „Verwirkung“ im Blick behalten, aufgrund der in manchen Fällen ein grundsätzlich bestehendes Widerrufsrecht dennoch ausgeschlossen sein kann. Dies ist etwa dann der Fall, wenn aus Sicht des Darlehensgebers aufgrund besonderer Umstände nicht mehr mit der Ausübung des Widerrufsrechts durch den Darlehensnehmer zu rechnen ist.

III. Welcher Sachverhalt lag einer Entscheidung des OLG Braunschweigs zu dieser Thematik zugrunde?

Vor diesem Hintergrund kann eine neuere Entscheidung des OLG Braunschweigs zu den Konsequenzen der Veräußerung eines Fahrzeugs bei der Rückabwicklung eines widerrufenen Verbraucherdarlehensvertrags betrachtet werden.

In dem Fall hatte der letztlich vor Gericht klagende Verbraucher im Jahr 2014 einen Neuwagen über ein Darlehen teilfinanziert. Im Jahr 2018 widerrief er dann seine Vertragserklärung und forderte von der kreditgebenden Bank die vollständige Rückzahlung seiner sämtlichen Tilgungs- und Zinsleistungen. Nachdem er der Bank zudem erfolglos angeboten hatte, das Fahrzeug bei ihm zu Hause abzuholen, veräußerte er es schließlich an ein Autohaus. Die Rückgabe des Fahrzeugs war ihm selbst dann nicht mehr möglich.

IV. Wie fiel die Entscheidung des OLG Braunschweigs aus?

Die auf die Rückzahlung der Zins- und Tilgungsleistungen gerichtete Klage des Verbrauchers wurde vom LG in der ersten Instanz abgewiesen. Begründet wurde dies damit, dass der Kläger ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden und die Widerrufsfrist im Zeitpunkt seiner Erklärung daher bereits längst abgelaufen gewesen sei. Mit anderen Worten: Die Widerrufsbelehrung der Bank war aus Sicht des Gerichts weder fehlerhaft noch unvollständig und deswegen nicht angreifbar. Folglich galt für den Verbraucher die gesetzlich geregelte Widerrufsfrist von 14 Tagen.

Der Kläger legte gegen die Entscheidung des LG anschließend Berufung ein, nahm diese allerdings nach einem entsprechenden Hinweisbeschluss des OLG Braunschweig letztlich wieder zurück.

Das OLG Braunschweig (Beschluss vom 24.06.2022, Az. 4 U 36/21) bestätigte in seinem Beschluss die Entscheidung des LG, wies aber zusätzlich auch darauf hin, dass der Kläger seiner Vorleistungspflicht, das Fahrzeug an die Bank zurückzugeben, nicht in der gesetzlich vorgesehenen Weise nachgekommen sei. Die Bank habe somit ein Leistungsverweigerungsrecht, welches dem aus dem Widerruf resultierenden Zahlungsanspruch des Verbrauchers gegenüberstünde. Auf ein Erlöschen der Rückgabepflicht wegen Unmöglichkeit (etwa bedingt durch die bereits erfolgte Veräußerung des Pkws) könne sich der Kläger nach Auffassung des Gerichts ebenfalls nicht berufen. Stattdessen müsse der Kläger darlegen und ggf. beweisen, dass die Rückgabe für ihn oder für jedermann unmöglich sei, bzw. dass die Rückgabe einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordere. Im konkreten Fall sei dies aber nicht erfolgt.

V. Was ist Händlern bei finanzierten Käufen zu raten?

Bieten Händler ihre Produkte Verbrauchern in Verbindung mit einem Darlehensvertrag einer Bank an, empfehlen wird, stets auch die Widerrufsbelehrung der finanzierenden Bank in den Blick zu nehmen und diese auf eventuelle Mängel zu untersuchen. Denn mangelhafte Belehrungen oder Pflichtangaben zum Widerrufsrecht des Verbrauchers können den Verbraucher ggf. berechtigen, auch noch Monate oder Jahre nach dem Kauf die Rückabwicklung des Darlehensvertrages und damit auch des Kaufvertrages zu fordern.

Unseren Mandanten stellen wir eine Reihe von Leitfäden und sonstigen Informationen zum idealen Umgang mit dem Verbraucherwiderrufsrecht zur Verfügung, so dass ihnen hier keine unnötigen Fehler unterlaufen.

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Bildquelle:
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