Die rechtliche Position: des Inhabers eines selektiven Vertriebssystems (9. Teil der Serie zu selektiven Vertriebssystemen)

Die rechtliche Position: des Inhabers eines selektiven Vertriebssystems (9. Teil der Serie zu selektiven Vertriebssystemen)
17.03.2011 | Lesezeit: 5 min

Im 9. Teil der Serie der IT-Recht Kanzlei wird auf die rechtliche Position des Inhabers eines selektiven Vertriebssystems eingegangen. Kann er die Geschlossenheit des Systems schützen? Hat er Ansprüche gegen einen nicht zugelassenen Händler, der trotzdem seine Waren verkauft?

Hat ein Hersteller ein selektives Vertriebssystem aufgebaut und findet er einen nicht zugelassen Händler (Außenseiter), der seine Waren dennoch anbietet, stellt sich die Frage, ob und wie er dagegen vorgehen kann.

Dabei verfolgt der Hersteller mehrere Ziele. Zunächst möchte er dem Außenseiter verbieten, seine Waren zu verkaufen. Des Weiteren möchte er herausfinden, wie der Außenseiter an die Vertragsware gekommen ist, sprich welcher seiner Vertragshändler die Ware an den Außenseiter mittels eines Vertragsbruchs verkauft hat. Und schließlich will der Hersteller den Vertragsbruch des Vertragshändlers sanktionieren und damit die Lücke in seinem selektiven Vertriebssystem wieder schließen.

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A. Nummernsystem zur Verfolgung des Vertriebsweges

Um herauszufinden, welche Ware an den Außenseiter gelangt ist, kann der Hersteller ein Nummernsystem einführen. Dabei kennzeichnet er jedes einzelne Exemplar der Vertragsware mit einer individuellen Nummer.
Dabei gibt es zwei Kategorien von Nummern. Die sogenannten Kontrollnummern dienen nur zur Kennzeichnung der Ware und Kontrolle des Vertriebswegs. Die sogenannten Herstellernummern dienen über den Zweck der Kontrollnummern hinaus zur Kennzeichnung der Ware aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift wie z.B. § 4 Abs.1 KosmetikVO. Derartige Vorschriften verpflichten die Hersteller dazu die Waren zu kennzeichnen, damit später, wenn die Ware im Verkehr ist, eine Identifizierung des Herstellers möglich ist.

Das Interesse eines Herstellers an einem Nummernsystem wurde in der Rechtsprechung mehrfach als gerechtfertigt anerkannt. Dies gilt jedoch nur dann, wenn ein zulässiges selektives Vertriebssystem durch den Hersteller errichtet wurde. Nur dann ist er schutzwürdig. Liegt kein zulässiges selektives Vertriebssystem vor oder verfolgt der Hersteller mit der Kennzeichnung andere rechtswidrige Zwecke, so ist sein Nummernsystem nicht schützenswert.

B. Verbot des Verkaufs der Ware durch den Außenseiter / Anspruch auf Unterlassen

I. Auf Unterlassung nach dem Wettbewerbsrecht

Ein solcher Anspruch kann sich aus §§ 8, 4 Nr.10, 3 UWG ergeben.

Dazu muss zunächst eine wettbewerbswidrige Behinderung vorliegen. Dafür reicht es jedoch nicht aus, wenn der Außenseiter den Vertragsbruch eines Vertragshändlers lediglich ausnutzt. Anders aber bei einem unlauteren Schleichbetrug oder einer gezielten Verleitung zum Vertragsbruch (vergleiche Teil 8 der Serie).

Auch liegt eine wettbewerbswidrige Behinderung vor, wenn der Außenseiter die Kontrollnummern von der Ware entfernt und so in das Nummernsystem des Herstellers eingreift. Dazu muss das selektive Vertriebssystem jedoch rechtmäßig sein und alle Vertragshändler gleich binden. Werden Waren mit entfernten Herstellernummern vom Außenseiter in den Verkehr gebracht, liegt ein Verstoß gegen das Gesetz (z.B. gegen § 4 Absatz 1 KosmetikVO) und damit ein Wettbewerbsverstoß vor.

Für den Anspruch ist mittlerweile die Lückenlosigkeit des Vertriebssystems grundsätzlich keine Voraussetzung mehr. Ausnahmsweise aber doch, da bei einem gespaltenen Vertrieb in einem einheitlichen Wirtschaftsraum, (das heißt teilweise ein selektives Vertriebssystem, teilweise ein Vertrieb ohne Bindung) dem Nummernsystem kein wettbewerbsrechtlicher Schutz zu kommt.

II. Auf Unterlassung nach dem Markengesetz

Durch das Anbieten von Waren, welche markenrechtlichen Schutz genießen, ohne die Zustimmung des Markenrechtsinhabers (in der Regel der Hersteller), kann eine Markenrechtsverletzung gemäß §§ 14 II Nr.1, III Nr.2 V MarkenG vorliegen. Zudem dürfte sich der markenrechtliche Schutz nach § 24 II MarkenG nicht erschöpft haben. Dafür muss zunächst das Vertriebssystem zulässig sein. Liegt dann durch die Entfernung der Kontrollnummer ein sichtbarer, die Garantiefunktion der Marke berührender Eingriff in die Substanz der Ware, des Behältnisses oder der Verpackung vor, hat der Markeninhaber ein berechtigtes Interesse daran, dass die Waren nicht ohne die Kontrollnummern weiterverbreitet werden. Das heißt aber nicht, dass die Erschöpfung allein deshalb ausgeschlossen ist, weil Ware außerhalb eines geschlossenen Vertriebssystems angeboten wird. Wenn z.B. das Vertriebssystem des Herstellers nicht zulässig ist, dann ist die Kontrolle durch das Nummernsystem nicht schützenswert.

C. Auskunftsanspruch gegen den Außenseiter auf Nennung seines Lieferanten

I. Nach Wettbewerbsrecht (UWG)

Ein Anspruch auf Auskunft besteht grundsätzlich in jedem Rechtsverhältnis, in dem der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechtes im Ungewissen und der Verpflichtete unschwer zur Auskunftserteilung in der Lage ist. Unter diesen Voraussetzungen ist ein Anspruch auf Auskunftserteilung auch dann gegeben, wenn nicht der Inanspruchgenommene, sondern ein Dritter Schuldner des Hauptanspruchs ist, dessen Durchsetzung der Hilfsanspruch auf Auskunftserteilung ermöglichen soll.

Die erforderliche Sonderverbindung zum Außenseiter ist durch den Wettbewerbsverstoß in Form der Entfernung der Herstellernummer bzw. Kontrollnummer gegeben. Gegen den Auskunftsanspruch kann der Außenseiter nicht einwenden, dass er ein Interesse an der Geheimhaltung seiner Bezugsquelle hat. Denn das Interesse des Herstellers an der Überwachung eines rechtmäßigen selektiven Vertriebssystems durch Herstellernummern bzw. Kontrollnummern und an einer Lückenschließung ist grundsätzlich höher.

Eine Unterlassungserklärung des Außenseiters, die Waren nicht mehr in den Verkehr zu bringen, beseitigt die Grundlage des Anspruchs nicht, da die Gefahr, dass der vertragsbrüchige Vertragshändler weiter verkauft, nicht beseitigt ist. Denn Auskunftsanspruch gegen den Außenseiter zielt auf die Möglichkeit der Lückenschließung des Systems ab.

II. Auskunftsanspruch aus § 19 Abs.1 MarkenG

Liegt eine Markenrechtsverletzung (wie oben beschrieben) bei einem zulässigen Vertriebssystem vor, so hat der Hersteller gegen den Außenseiter auch einen Auskunftsanspruch auf Nennung seiner Vertriebsquelle aus dem Markenrecht.

D. Ansprüche gegen den vertragsbrüchigen Händler

Natürlich stehen dem Hersteller auch Ansprüche gegen seinen vertragsbrüchigen Vertragshändler zu.
Diese können gerichtet sein auf Auskunftserteilung, Schadensersatz, und Unterlassung. Daneben kann er natürlich auch den Belieferungsvertrag mit dem Händler kündigen.

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2 Kommentare

J
Jug Sender 14.07.2011, 16:21 Uhr
Wie siehts's auf dem Gebrauchtmarkt aus?
Eine sehr gut gelungene Serie, aber es wird nur auf Neuware eingegangen. Wie verhält es sich bei gebrauchten Artikeln, etwa Rückkäufe von Verbrauchern oder Leasingrückläufer? Auch hier versuchen Hersteller, den Handel auf einschlägigen Vertriebsplattformane (z. B. 3,2,1...) zu unterbinden. Doch dürfen sie das?
v
vielspul 30.05.2011, 12:40 Uhr
anfrage
ich habe evtl einen vertragshändler der mir liefern würde, ich wollte es bei ebay anbieten, darf ich es nun anbieten und sollte eine abahnung kommen welche chancen habe ich? vielen dank

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