Hinweispflicht für Online-Shops bei Notwendigkeit der Installation durch (Elektro-)Fachbetriebe
Das LG Dortmund hat entschieden: Bei Produkten, deren Installation zwingend durch einen zertifizierten Fachbetrieb erfolgen muss, müssen Anbieter solcher Produkte auf diesen Umstand vor dem Kauf hinweisen. Andernfalls handeln sie wettbewerbswidrig. Wir erläutern die Entscheidung und deren weitere Auswirkungen auf den Online-Handel.
I. Worum geht es im konkreten Fall?
Die Beklagte betreibt den Online-Shop eines Baumarktes, in dem u.a. Klimageräte veräußert werden. In dem Fall hatte sie für eine sog. Split-Klimaanlage geworben, die von einem Fachbetrieb installiert werden muss, insbesondere wegen der darin eingesetzten Kältemittel. Darauf hatte die Beklagte in ihrer Werbung aber nicht hingewiesen.
Nach Ansicht der Wettbewerbszentrale wäre aber ein solcher Hinweis notwendig gewesen, weshalb sie vor dem LG Dortmund gegen die Betreiberin des Online-Shops klagte (LG Dortmund, Urt. v. 23.05.2022 - Az.: 13 O 15/21).
Die Wettbewerbszentrale brachte vor, dass Klimaanlagen dieser Art ausschließlich dann im Handel angeboten werden dürften, wenn dabei gleichzeitig darauf hingewiesen werde, dass die Installation der Klimaanlage nur durch einen zertifizierten Fachbetrieb durchgeführt werden darf und verwies dabei zusätzlich auf Art. 11 Abs. 5 der EU-Verordnung Nr. 517/2014 über fluorierte Treibhausgase (sog. „F-Gase-Verordnung“).
II. Was regelt Art. 11 Abs. 5 F-Gase-Verordnung?
Nach Art. 11 Abs. 5 der F-Gase-Verordnung ist der Verkauf von nicht hermetisch geschlossenen Einrichtungen, die mit fluorierten Treibhausgasen befüllt sind, an Endverbraucher nur dann möglich, wenn der Nachweis erbracht wird, dass die Installation durch einen zertifizierten Unternehmer, also einen Fachbetrieb ausgeführt wird.
III. Wie hat das Gericht entschieden?
Das Gericht bejahte eine Informationspflicht der Beklagten darüber, dass die Montage nur durch einen zertifizierten Fachbetrieb erfolgen darf, da ansonsten eine Irreführung durch Unterlassen nach § 5a UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) gegeben sei.
Nach § 5a Abs. 1 UWG handelt unlauter,
"wer einen Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer irreführt, indem er ihm eine wesentliche Information vorenthält, die der Verbraucher oder der sonstige Marktteilnehmer nach den jeweiligen Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und deren Vorenthalten dazu geeignet ist, den Verbraucher oder den sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte."
Gemäß § 5a Abs. 2 Nr. 1 UWG gilt als Vorenthalten im Sinne des Abs. 1 auch das Verheimlichen wesentlicher Informationen.
Im geschilderten Fall sah das Gericht den Hinweis auf die Pflicht zur Installation durch einen Fachbetrieb als derart wesentlich an, dass das Weglassen der Information eine Irreführung durch Unterlassen nach § 5a UWG darstelle und bewertete das Weglassen des Hinweises in der Werbung der Beklagten als Wettbewerbsverstoß.
IV. Ist die Entscheidung des Gerichts nachvollziehbar?
Nach Ansicht des LG handelte die Beklagte unlauter im Sinne des § 5a UWG, da es sich bei der unterlassenen Information um eine Tatsache handle, die der sonstige Marktteilnehmer für eine informierte Entscheidung benötigt.
Man muss sich in die Lage eines Verbrauchers bzw. Käufers solcher Produkte versetzen: Eine Montagepflicht durch einen Fachbetrieb ist in der Regel mit hohen Kosten verbunden und kann für eine Kaufentscheidung daher erheblich sein. Wird eine solche Pflicht vor dem Kunden verschwiegen, ist es möglich, dass dieser zu einer Kaufentscheidung bewegt wird, die er unter anderen Umständen, insbesondere bei Kenntnis der Installationspflicht durch einen zertifizierten Fachbetrieb nicht getroffen hätte.
Dies ist im konkreten Fall auch deswegen besonders relevant, weil das Klimagerät im Online-Shop eines Baumarkts angeboten wurde. Dadurch wird ein Verkauf zur Selbstmontage nicht nur suggeriert, sondern ist in der Regel auch der Fall. Da die Montage aber bei einer solchen Klimaanlage sowieso nicht selbstständig, sondern nur durch einen Fachbetrieb durchgeführt werden darf, könnte es für Endverbraucher günstiger sein, sich ein „Komplettangebot“ von einem Fachbetrieb einzuholen und das Gerät im Paket mit der Montage zu erwerben. Von solchen Überlegungen werden Kunden allerdings aufgrund mangelnder Informationen hinsichtlich der Installation abgehalten und möglicherweise zu einer Kaufentscheidung bewegt, die sie andernfalls nicht getroffen hätten.
V. Was bedeutet dies für Online-Händler?
Im Rahmen ihre Produktbeschreibungen und Werbung müssen Händler stets abwägen, welche Informationen Sie ihren Kunden zwingend zur Verfügung stellen müssen, damit Ihnen niemand unlauteres Verhalten wegen Irreführung durch Unterlassen vorwerfen kann. Sind bestimmte Informationen für Kaufentscheidungen der Kunden wichtig, wird ihr Fehlen in der Regel als Irreführung durch Unterlassen nach § 5a UWG gewertet werden. Dies bedeutet: Akute Abmahngefahr.
Daher müssen nicht nur die Anbieter von Klimaanlagen auf ihre (Hinweis-)Plichten gegenüber Kunden achten. Allgemein sind Anbieter gerade von Elektrogeräten stark von Vorschriften dieser Art betroffen und deswegen auch besonders abmahngefährdet.
Um Abmahnungen vorzubeugen, empfehlen wir Händlern solcher Waren neben Regelungen des UWG unbedingt auch die Regelungen des Gesetzes über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten (ElektroG) zu beachten.
Mandanten der IT-Recht Kanzlei können im Mandantenportal Leitfäden und Muster abrufen, damit sie die dort beschriebenen Pflichten erfüllen und Elektrogeräte oder andere, in ähnlicher Weise kritische Produkte rechtssicher verkaufen können.
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