Haftung von Unternehmen für Äußerungen von Mitarbeitern auf Social Media

Haftung von Unternehmen für Äußerungen von Mitarbeitern auf Social Media
Stand: 31.10.2023 6 min

Wettbewerbswidriges Verhalten von einzelnen Mitarbeitern und Beauftragten kann unter bestimmten Voraussetzungen zu Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen gegen deren Arbeit- bzw. Auftraggeber führen. Doch nicht immer ist auf den ersten Blick eindeutig, ob Handlungen von Mitarbeitern und Beauftragten, wie etwa Äußerungen auf Social Media, überhaupt geschäftlicher oder doch bloß rein privater Natur sind. Wir nehmen die aktuelle Rechtsprechung zum Anlass, in diesem Beitrag die Risiken einer Haftung von Unternehmen für ihre Mitarbeiter vorzustellen.


I. Äußerungen von Mitarbeitern auf Social Media

Wenn sich Mitarbeiter eines Unternehmens öffentlich auf Social Media äußern, kann dies auch zu Problemen oder sonstigen Konsequenzen für das jeweilige Unternehmen führen. Zum einen können Reputationsschäden drohen, wenn etwa ein Mitarbeiter strafbare oder in sonstiger Weise rechtswidrige Inhalte öffentlich verbreitet. Zum anderen kann es aus rechtlicher Sicht aber auch zu einer Haftung des Unternehmens für Äußerungen und sonstige Inhalte des Mitarbeiters kommen - und zwar auch dann, wenn diese über einen privaten Social Media-Kanal des Mitarbeiters verbreitet werden.

Im Hinblick auf das Lauterkeitsrecht sieht das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) eine solche Haftung von Unternehmen für Handlungen ihrer Mitarbeiter in § 8 Abs. 2 UWG ausdrücklich vor.

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II. UWG-Haftung von Unternehmen für Mitarbeiteräußerungen

Wer eine unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, haftet nach § 8 Abs. 1 S. 1 UWG auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung.

Werden Lauterkeitsverstöße in einem Unternehmen durch Mitarbeiter oder Beauftragte (z.B. externe Dienstleister) begangen, so richtet sich dieser Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch nicht nur gegen diese Handelnden, sondern auch gegen den Inhaber des betreffenden Unternehmens (§ 8 Abs. 2 UWG) . Somit können Handlungen, einschließlich auch Äußerungen, von Mitarbeitern und Dienstleistern den Unternehmen, für die sie tätig sind, zugerechnet werden, so dass diese Unternehmen für diese haften. Für Schadensersatzansprüche gilt dies nicht.

Allerdings gilt die Beseitigungs- und Unterlassungshaftung eines Unternehmens nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 UWG nur für solche Rechtsverstöße seiner Mitarbeiter und Beauftragten, die diese - "in einem Unternehmen" tätigen, also nicht etwa außerhalb des Unternehmens, etwa im privaten Bereich. Jedoch bereitet die Abgrenzung, was privat und was unternehmensbezogen ist, in der Praxis durchaus Schwierigkeiten, gerade wenn die aus lauterkeitsrechtlicher Sicht problematischen Handlungen in Form von Äußerungen über öffentliche Social Media-Kanäle von großer Reichweite erfolgen.

III. OLG Hamburg: Verunglimpfung von Mitarbeitern kein Wettbewerbsverstoß

1. Der Sachverhalt

In einem Fall des OLG Hamburg (Urteil vom 31. August 2023 - Az. 5 U 27/22) bietet ein Unternehmen und ein Mitbewerber jeweils diverse Beratungsleistungen für Unternehmen im digitalen Bereich in Deutschland an. Ein Mitarbeiter des einen Unternehmens postete sodann im Rahmen einer Diskussion unter privaten Kontakten an eine Gruppe von Facebook-Freunden. Das Posting hatte folgenden Wortlaut:

"Die B. Brüder haben wegen diesen und einigen anderen Methoden bereits einige Strafverfahren bekommen."

Der mit dieser Aussage adressierte Mitbewerber mahnte das Unternehmen des Mitbewerbers, die spätere Beklagte, wegen Verstoßes gegen das UWG ab. Der Mitbewerber war dabei der Ansicht, bei dieser Äußerung des Mitarbeiters der Beklagten handele es sich um eine unwahre Tatsachenbehauptung, die der Beklagten auf Grundlage von § 8 Abs. 2 UWG zuzurechnen sei. Das vorgenannten Kriterium, das die betreffende Handlung "in einem Unternehmen" vorgenommen werden müsste, sei besonders weit auszulegen.

Letztlich ging der Rechtsstreit vor die Gerichte, einschließlich der Berufungsinstanz vor dem OLG Hamburg.

2. Die Entscheidung des Gerichts

Das Gericht hat eine Haftung des Unternehmens für die problematischen Äußerungen seines Mitarbeiters in diesem Fall abgelehnt.

Es fehle bereits an einer lauterkeitsrechtswidrigen Handlung des Mitarbeiters, die dem beklagten Mitbewerber nach § 8 Abs. 2 UWG zugerechnet werden könnte. Voraussetzung einer Haftung des Unternehmens für Mitarbeiter und Beauftragte sei, dass diese selbst eine Zuwiderhandlung gegen lauterkeitsrechtliche Vorschriften begangen hätten. Argument hierfür sei der Wortlaut in § 8 Abs. 2 UWG, der insoweit davon spreche, dass in den jeweiligen Konstellationen der Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch "auch" gegen den Inhaber des Unternehmens begründet sei. Die Zurechnung nach § 8 Abs. 2 UWG greife also nicht ein, wenn der Anspruch aus § 8 Abs. 1 UWG gegen den Mitarbeiter oder Beauftragten (z.B. wegen Fehlens einer geschäftlichen Handlung oder wegen zulässiger Abwehr) nicht entstanden sei.

Zwar stelle die Äußerung des Mitarbeiters bei Facebook eine unwahre Tatsachenbehauptung dar. Vorliegend sei eine geschäftliche Handlung des Mitarbeiters aber nicht festzustellen. Nach der gesetzlichen Definition in § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG ist eine geschäftliche Handlung jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt:

  • Dieses Merkmal des objektiven Zusammenhangs ist laut Gericht funktional zu verstehen und setze voraus, dass die Handlung bei objektiver Betrachtung darauf gerichtet sei, durch Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung der Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer den Absatz oder Bezug zu fördern.
  • Die Frage, ob eine Handlung vorrangig dieser Förderung oder aber anderen Zielen dient, sei aufgrund einer Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen.
  • Diene die Handlung vorrangig anderen Zielen als der Beeinflussung geschäftlicher Entscheidungen und wirke sie sich bloß reflexartig auf die Absatz- oder Bezugsförderung aus, so stelle sie keine geschäftliche Handlung dar.
  • Das Handeln Privater stelle jedenfalls dann keine geschäftliche Handlung dar, wenn es bei objektiver Betrachtung nicht vorrangig dem Ziel der Förderung des Absatzes oder Bezugs von Produkten diene.
  • Für eine Zurechnung von Handlungen von Mitarbeitern eines Unternehmens sei nicht erforderlich, dass ihnen eine für das Unternehmen bedeutsame Funktion zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen wurde und sie das Unternehmen gewissermaßen "repräsentieren". Es reiche vielmehr aus, dass sie nach außen als Vertreter oder Beauftragte in Erscheinung treten.

Vor diesem Hintergrund sah das Gericht in der Äußerung des Mitarbeiters bereits keine geschäftliche Handlung. Bei objektiver Betrachtung der Gesamtumstände war die Äußerung des Mitarbeiters aus Sicht des Gerichts nicht darauf gerichtet, durch Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung von Marktteilnehmern den Absatz oder Bezug von Produkten zu fördern. Aus Sicht eines objektiven Betrachters handelte es sich um eine rein private Äußerung, die allein privaten Zwecken diente. Ausschlaggebend war insbesondere, dass der Facebook-Account ansonsten vor allem privat genutzt worden war, was man an den anderen Postings sehen könne. Dies sei auch nicht deshalb anders zu sehen, weil der Facebook-Account nicht auf privat gestellt, sondern für jedermann zugänglich war. Auch seien keine wirtschaftlichen Interessen des Mitarbeiters zu erkennen, die dessen Äußerungen möglicherweise doch zu einer geschäftlichen Handlung machten.

Das Wichtigste in Kürze

  • Grundsätzlich haften Unternehmen auch für lauterkeitsrechtswidrige Handlungen von Mitarbeitern und Beauftragten (=Dienstleistern) auf Beseitigung und - bei Wiederholungsgefahr - auf Unterlassung.
  • Dies gilt allerdings nur bei geschäftlichen Handlungen, die Mitarbeiter oder Beauftragte "in dem Unternehmen" vornehmen.
  • Schwierigkeiten bereitet dabei vor allem die Abgrenzung, wann es sich um eine geschäftliche, und wann vielmehr um außengeschäftliche, also etwa private Handlung handelt.
  • Die Abgrenzung von geschäftlich und privat ist insbesondere bei Handlungen in der Öffentlichkeit, wie etwa auch auf Social Media-Kanälen nicht immer einfach vorzunehmen.

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