Emojis und Recht: Der "Daumen hoch" sorgt für Diskussionen

Emojis und Recht: Der "Daumen hoch" sorgt für Diskussionen
Stand: 16.12.2024 3 min

Die Rechtsprechung des OLG München beleuchtet die rechtliche Bedeutung von Emojis und wirft spannende Fragen zur Interpretation dieser Symbole auf, welche die digitale Kommunikation nachhaltig prägen könnten.

Der Fall: Digitale Zeichen, analoge Verwirrung

Der Kläger bestellte bei der Beklagten einen Ferrari SF90 Stradale zum Preis von etwa 620.000 Euro. Nach Vertragsabschluss kam es zu mehreren Verzögerungen bei der Lieferung des Fahrzeugs.

In einer WhatsApp-Unterhaltung zwischen einem Käufer und einem Verkäufer ging es um eine Vertragsänderung. Der Verkäufer schrieb, dass er die Lieferung früher als geplant ausführen könne.

Zunächst schrieb der Verkäufer per WhatsApp:

„Hallo Herr A…,
Der SF 90 Stradale rutscht leider auf erstes Halbjahr 2022.
Das konnten wir nicht absehen und können wir nicht beeinflussen.
Immerhin ist der dann zur nächsten Saison da.
Viele Grüße, … P“

Hierauf antwortete der Käufer mit einem „Ups“ und einem Grimassen-Emoji:

„Ups"

Grimassen-Emoji

Eine Woche später schrieb der Verkäufer:

„Hallo Herr A…,
hier sehen Sie, Ihre Ausstattung wurde eingepflegt. Ihr Wagen ist fest bestellt, da kann nichts mehr aus.
Bitte mit Diskretion behandeln. Vielen Dank.“

Hierauf antwortete der Käufer mit einem "Daumen hoch“-Emoji:

Daumen-hoch-Emoji

Der Verkäufer interpretierte das als Zustimmung zur Vertragsänderung und handelte entsprechend. Der Käufer hingegen war anderer Meinung und stritt ab, jemals zugestimmt zu haben.

Das Problem: Während ein "Daumen hoch" in der Alltagssprache oft Zustimmung bedeutet, kann es in einem anderen Kontext bloß als höfliche Kenntnisnahme verstanden werden. Und was die Grimasse in diesem Zusammenhang sagen sollte, bleibt wohl ein Geheimnis.

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Das Urteil: Emojis brauchen Kontext

Das OLG München stellte klar: Emojis allein reichen nicht aus, um eine verbindliche Willenserklärung abzugeben, es sei denn, der Kontext lässt keine Zweifel zu. Ein "Daumen hoch" könnte Zustimmung bedeuten, aber auch bloß "Zur Kenntnis genommen" heißen – alles hängt davon ab, was zwischen den Parteien sonst noch kommuniziert wurde.

Die Richter erklärten, dass digitale Kommunikationsmittel wie Emojis stets im Gesamtzusammenhang betrachtet werden müssen. Die Bedeutung eines Emojis sei nicht objektiv festgelegt, sondern hänge von der Situation, den beteiligten Personen und dem kulturellen Verständnis ab. Ergebnis: Die Emojis in diesem Fall gaben keine eindeutige Willenserklärung ab, und der ursprüngliche Vertrag blieb unverändert.

Das Oberlandesgericht München kam zu dem Schluss, dass die Verwendung eines Grimassen-Emojis in einer WhatsApp-Nachricht nicht als Zustimmung zu einer Lieferverzögerung gewertet werden kann. Entscheidend sei, dass Emojis je nach Kontext und Kommunikationssituation unterschiedliche Bedeutungen haben und daher keine eindeutige Willenserklärung darstellen. Im vorliegenden Fall interpretierte das Gericht das Emoji lediglich als Ausdruck von Überraschung oder Missfallen, nicht jedoch als Zustimmung zu einer Vertragsänderung.

Das Weiteren hat das Gericht festgestellt, dass der "Daumen hoch"-Emoji zwar in der Regel Zustimmung oder Einverständnis signalisiert. Allerdings betonte das Gericht, dass die genaue Bedeutung stets vom Kontext abhängt. In der streitgegenständlichen Kommunikation bezog sich der "Daumen hoch"-Emoji nicht auf die Lieferverzögerung des Fahrzeugs, sondern auf eine andere Mitteilung. Daher konnte er nicht als Zustimmung zur Verzögerung interpretiert werden

Was heißt das für den Alltag?

Rechtlich gesehen bleibt Kommunikation eine Frage von Klarheit und Eindeutigkeit – und da können Emojis eher Verwirrung stiften als Klarheit schaffen. Wer sicherstellen möchte, dass eine Vertragsänderung verbindlich ist, sollte besser zu klaren Formulierungen greifen, statt auf Emojis zu setzen. Ein "Ich stimme zu" oder "Einverstanden" ist hier deutlich juristischer Alltagstauglich – Emojis dürfen das Sahnehäubchen sein, nicht die Basis einer rechtlich bindenden Vereinbarung.

Fazit

Emojis mögen das Salz in der Suppe der digitalen Kommunikation sein, aber im juristischen Kontext wird ihr Geschmack oft überbewertet. Das OLG München hat gezeigt: Ein "Daumen hoch" ist nicht automatisch eine Zustimmung – zumindest nicht, wenn die Umstände mehrdeutig bleiben. Also: Wer es rechtssicher will, sollte lieber schreiben, was er meint, anstatt zu hoffen, dass ein kleines Bildchen alles sagt. :-)

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Bildquelle: leolintang / shutterstock.com

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