Ebay-Abbruchjäger bleiben für Händler ein (lösbares) Problem
Ebay-Händler sind dem Risiko von Abbruchjägern ausgesetzt, die darauf spekulieren, dass Ebay-Auktionen (unberechtigt) vorzeitig bei niedrigen Geboten abgebrochen werden und sie bei wertvollen Artikeln ein gutes Schnäppchen machen. Doch Ebay-Händler sind dem Problem nicht hilflos ausgeliefert. Wir erläutern, was betroffene Ebay-Händler wissen müssen, um sich zu schützen.
Inhaltsverzeichnis
- I. Was passiert, wenn eine Ebay-Auktion vorzeitig abgebrochen wird?
- II. Was hat es mit Ebay-Abbruchjägern auf sich?
- III. Wie geht die Rechtsprechung bislang mit Ebay-Abbruchjägern um?
- IV. Welche Änderungen ergeben sich nun aus einer jüngeren Rechtsprechung?
- V. Sind Abbruchjäger auf der sicheren Seite, wenn sie zunächst tatsächlich Erfüllung des Kaufvertrags verlangen?
- VI. Fazit
I. Was passiert, wenn eine Ebay-Auktion vorzeitig abgebrochen wird?
Der Reiz von Ebay-Auktionen besteht darin, dass entweder der Verkäufer oder Käufer ein gutes Geschäft wittern bzw. machen. Um diesen Reiz nicht zu gefährden, verbietet Ebay den Verkäufern es grundsätzlich, Auktionen vorzeitig abzubrechen bzw. zu beenden, etwa wenn sie nicht so laufen, wie vom Verkäufer gewünscht.
Nur unter besonderen Umständen dürfen Ebay-Händler Auktionen abbrechen, ohne dass zugleich auch ein Kaufvertrag mit demjenigen Bieter zustande kommt, der zuletzt am meisten geboten hatte - zu dem ggf. niedrigen Gebotspreis zu dem Zeitpunkt. So ist es Verkäufern auf Ebay nur dann erlaubt, eine Auktion ohne solch negative Konsequenzen vorzeitig abzubrechen, wenn sie bei Eingabe des Angebots aufgrund eines Irrtums einen Fehler gemacht haben oder ein sonstiger Grund vorliegt, der nicht aus dem Verantwortungsbereich des Ebay-Händlers stammt, etwa wenn der versteigerte Artikel gestohlen oder stark beschädigt worden ist.
In jedem Fall trägt im Falle des vorzeitigen Abbruchs einer Ebay-Aktion grundsätzlich der Ebay-Verkäufer die Darlegungs- und Beweislast, dass der vorzeitige Abbruch den Vorgaben von Ebay entspricht und daher berechtigt ist. Dies bedeutet: gibt ein Ebay-Händler keine Gründe für den vorzeitigen Abbruch einer Auktion an oder kann er die tatsächlich berechtigten Abbruchgründe im Zweifel nicht belegen, wird der Abbruch als unberechtigt betrachtet, so dass dann mit dem Abbruchzeitpunkt Höchstbietenden ein Kaufvertrag über den versteigerten Artikel angenommen wird.
II. Was hat es mit Ebay-Abbruchjägern auf sich?
Mittlerweile ist weiterverbreitet bekannt, dass sog. Abbruchjäger aus solchen vorzeitig abgebrochenen Auktionen versuchen Kapital zu schlagen, indem sie bei vielen Auktionen nur deshalb (niedrige) Gebote abgeben, um im Falle des Abbruchs - vor allem - Schadensersatz von den Ebay-Händlern zu verlangen.
Wieso Schadensersatz? Wenn eine Ebay-Auktion, bei der hochwertige Waren versteigert werden, bei niedriger Gebotslage abgebrochen werden, weigern sich Ebay-Händler nachvollziehbarer Weise häufig, die Ware zu dem niedrigen Preis tatsächlich an den Käufer abzugeben. Statt der Lieferung der Ware verlangen Abbruchjäger dann umgehend den Differenzbetrag zwischen dem (niedrigen) Letztgebot und dem tatsächlichen Wert des Artikels als Schadensersatz.
Grundsätzlich ist von Ebay vorgesehen und daher auch berechtigt, dass die Bieter, die zum Zeitpunkt eines unberechtigten Abbruchs einer Ebay-Auktion Höchstbietende waren, den Artikel zum Preis ihres Gebots bekommen, selbst wenn sie zuvor auf den Abbruch der Auktion spekuliert haben. Aber die Rechtsprechung hat hier Grenzen gezogen, in denen sie die Handlungen von Abbruchjägern in vielen Fällen als rechtsmissbräuchlich angesehen hat.
III. Wie geht die Rechtsprechung bislang mit Ebay-Abbruchjägern um?
Nach einer höchstrichterlichen Entscheidung des BGH vom 22. Mai 2019 (Az. VIII ZR 182/17) haben Abbruchjäger einen sehr weiten Spielraum. Demnach tragen grundsätzlich die Ebay-Händler die Risiken, die mit dem Starten einer eBay-Auktion zu niedrigen Startpreisen einhergehen. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten von Abbruchjägern, die den Händler im Falle des Weigerung, den Artikel zu liefern, auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, wird nur unter ganz besonderen Umständen angenommen. Dies ist erst dann der Fall, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte feststeht, dass es dem Bieter von Anfang nicht um den Erhalt der Ware zum Niedrigpreis, sondern um die Geltendmachung von Schadensersatz wegen Nichterfüllung ging. Weitere Informationen hierzu finden Sie in diesem früheren Beitrag.
An dieser Entscheidung hat der BGH auch später in einer weiteren Entscheidung vom 20. Juli 2021 (Az. VIII ZR 91/19) insgesamt festgehalten.
IV. Welche Änderungen ergeben sich nun aus einer jüngeren Rechtsprechung?
Auch nach dem grundlegenden Urteil des BGH sind Streitigkeiten über vorzeitig abgebrochene Ebay-Auktionen immer wieder einmal Gegenstand von Gerichtsverfahren.
Jüngst hatte das OLG Braunschweig hierzu eine Entscheidung zu fällen (Urteil vom 13. Oktober 2022, Az. 7 U 593/20). Das Gericht äußerte die Rechtsauffassung, dass die Frage, ob eine reine, gemäß der Rechtsprechung des BGH rechtsmissbräuchliche „Abbruchjagd“ vorliege, sich nicht nach abstrakten, verallgemeinerungsfähigen Kriterien bestimmen lasse, sondern vielmehr von der dem Tatrichter obliegenden Gesamtwürdigung der konkreten Einzelfallumstände abhänge:
"Die Abgrenzung zwischen einer zulässigen "Schnäppchenjagd" und einer rechtsmissbräuchlichen "Abbruchjagd" ist danach sehr schwierig, so dass der Vollständigkeit des Parteivortrages eine ganz besondere Bedeutung zukommt. Dieser darf sich daher nicht auf die schlichte Abgabe des Gebotes beschränken, sondern muss sich ggf. auch auf weitere Aspekte der Nutzung von Internet-Auktionen erstrecken, wozu u. a. die Auswahl von Angeboten, aber auch die Beobachtung von Anbietern gehört. Steht die Behauptung im Raum, ein Nutzer trete nur als "Strohmann" für einen gesperrten "Abbruchjäger" auf, ist auch insoweit Vortrag zum Nutzungsverhalten der beteiligten Personen erforderlich. Hierbei hat der Käufer, dem eine "Abbruchjagd" vorgeworfen wird, eine sekundäre Darlegungslast. (…)."
Eine solche sog. sekundäre Darlegungslast trifft den Gegner der an sich darlegungsbelasteten Partei, wenn diese keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat, während der Gegner alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm unschwer möglich und zumutbar ist, nähere Angaben hierzu zu machen. Zwar führt diese sekundäre Beweislast nicht zu einer Umkehr der Beweislast. Wird der sekundären Darlegungslast aber nicht genügt, dann wird angenommen, dass die Ausführungen und Darlegungen derjenigen Partei, die die Darlegungs- und Beweislast trifft, wahr sind und werden dem Fall zugrundegelegt.
In dem konkreten Fall des OLG Braunschweig nahm das Gericht aufgrund der Ausführungen des auf Erfüllung verklagten Ebay-Händlers eine sekundäre Darlegungslast des Klägers an, so dass die Klägerin vor Gericht umfangreichere Angaben hätte machen müssen. Da die Klägerin aber nicht zur mündlichen Verhandlung erschien, und somit keine Ausführungen dazu machte, welche Ebay-Geschäfte sie bislang getätigt hat und - so der Vorwurf des Beklagten in dem Verfahren - ob sie bloß eine Strohfrau für ihren bei Ebay gesperrten Bruder war, ging das Gericht davon aus, dass diese Vorwürfe der Beklagten stimmten.
Auf dieser Grundlage entschied das Gericht schließlich, dass die Klägerin rechtsmissbräuchlich handelte und daher letztlich keinerlei Ansprüche aus dem Ebay-Geschäft ableiten konnte, weder auf Erfüllung des vermeintlich zum Schnäppchenpreis geschlossenen Kaufvertrags über den versteigerten Artikel noch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung.
V. Sind Abbruchjäger auf der sicheren Seite, wenn sie zunächst tatsächlich Erfüllung des Kaufvertrags verlangen?
Nein. Das Gericht entschied, dass auch die Tatsache, dass die Klägerin zunächst Erfüllung des Vertrages verlangt hat, die Klage also nicht von vornherein auf Schadensersatz gerichtet war, in diesem Fall dazu führt, dass rechtsmissbräuchliches Verhalten des Ebay-Käufers vorliegt.
Auch schon nach der Rechtsprechung des BGH sei die Frage, ob eine "Abbruchjagd" vorliegt, nicht nach abstrakten, verallgemeinerungsfähigen Kriterien zu beantworten, sondern es sei vielmehr eine dem Tatrichter obliegende Gesamtwürdigung der konkreten Einzelfallumstände vorzunehmen. Daher könne nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass hinter einer auf Erfüllung gerichteten Klage keine "Abbruchjagd" steht. Abgesehen davon, dass ein "erfahrener Abbruchjäger" dann bereits aus taktischen Gründen regelmäßig zunächst Erfüllung verlangen und erst später auf Schadensersatz übergehen würde, sei nach Ansicht des Gerichts zu berücksichtigen, dass eine "Abbruchjagd" auch dann wirtschaftlich attraktiv sein könne, wenn der vom Verkäufer zu leistende Gegenstand für den Käufer/"Abbruchjäger" einfach zu verwerten sei, also etwa leicht und schnell verkauft werden kann.
Könne eine "Abbruchjagd" aber gerade nicht schematisch an fixen Kriterien festgestellt werden, seien die einzelnen Umstände, Hintergründe und Details wichtig, da nur dann eine wirkliche Gesamtwürdigung möglich sei - und im Ergebnis eine Feststellung, ob ein rechtsmissbräuchliches Verhalten vorliegt.
VI. Fazit
Für Ebay-Händler ist die Entscheidung des OLG Braunschweig eine gute Nachricht.
Zwar bleibt es dabei, dass erst aufgrund der gesamten Umstände des konkreten jeweiligen Einzelfalls dargelegt, ggf. bewiesen und am Ende entschieden werden muss, ob die Geltendmachung von Erfüllung des Ebay-Geschäfts oder von Schadensersatz bei einer vorzeitig abgebrochenen Ebay-Auktion rechtsmissbräuchlich ist oder nicht.
Allerdings können betroffenen Ebay-Händlern Erleichterungen im Zusammenhang mit der Darlegungs- und Beweislast helfen, so dass sich die (vermeintlichen) Abbruchjäger ggf. erklären müssen. Zudem können sich Abbruchjäger nicht alleine bereits dadurch retten, dass sie von den Ebay-Händlern zunächst Erfüllung des Kaufvertrags und erst später Schadensersatz verlangen. Die Rechtsprechung bestätigt vielmehr: Auch in diesem Fall kann rechtsmissbräuchliches Verhalten der Ebay-Käufer vorliegen, mit der Konsequenz, dass das Ebay-Geschäft nicht erfüllt werden muss, und auch kein Schadensersatz gezahlt werden muss.
Zur möglichst weitgehenden Absicherung von Ebay-Geschäften bietet die IT-Recht Kanzlei ihren Mandanten, die bei Ebay als Verkäufer auftreten, genau hierfür passgenaue Rechtstexte an. Sprechen Sie uns gerne darauf an.
Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
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