Astroturfing – Manipulierte Kundenbewertungen sind unlauter
Gute Platzierungen in Rankings sowie positive Kundenbewertungen sind für Unternehmen goldwert. Folglich ist es lukrativ, negative Bewertungen möglichst zu unterdrücken oder sich einen hohen Ranking-Platz zu erkaufen. Beides stellt jedoch irreführende Werbung dar und ist unlauter, denn die Nutzer gehen grundsätzlich von der Unverfälschtheit der Rankings aus. Im neunten Teil der Serie „Bewertungsportale im Internet und ihre Auswirkungen aus rechtlicher Sicht“ nimmt sich die IT-Recht Kanzlei des Phänomens des Astroturfings - der gefälschten Kundenbewertungen - an.
9. Teil der Serie der IT-Recht Kanzlei - "Bewertungsportale im Internet und ihre Auswirkungen aus rechtlicher Sicht":
Astroturfing – Manipulierte Kundenbewertungen sind unlauter
Die IT-Recht Kanzlei beantwortet diese und weitere Fragen zu Bewertungsportalen im Internet in einem ausführlichen Beitrag und in weiteren Beiträgen einer großen Serie zu Bewertungsportalen.
I. Unverfälschtheit von Bewertungen im Internet
Bewertungsportale und Meinungsforen im Internet erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Viele Verbraucher greifen vor dem Kauf neuer Produkte oder vor der Buchung eines Hotels auf die Erfahrungen anderer Verbraucher zurück. Insbesondere positive Bewertungen von Anbietern von Produkten und Dienstleistungen motivieren Kunden, die Leistungen der entsprechenden Unternehmen in Anspruch zu nehmen. Andererseits schrecken einzelne besonders negative Bewertungen die Kunden ab.
Den Unternehmen liegt somit daran, möglichst viele gute Bewertungen zu bekommen und negative Kritik weitestgehend zu vermeiden. Dabei greifen sie im Einzelfall sogar zu unlauteren Mitteln, indem sie Kundenbewertungen auf in verschiedener Weise entscheidend beeinflussen.
Gerichte haben bereits entschieden, dass eine solche Beeinflussung als irreführende Werbung eine unlautere Geschäftspraktik darstellt und zu Unterlassungsansprüchen von Mitbewerbern führt. Dazu nun aber im Einzelnen
II. Das Unterdrücken negativer Bewertungen
Das OLG Düsseldorf hat in einem Fall entschieden (Urteil vom 19.02.2013, Az. 20 U 55/12), dass das systematische Zurückhalten oder Unterdrücken negativer Bewertungen als irreführende Werbung anzusehen ist.
Dem entschiedenen Fall lag der Sachverhalt zu Grunde, dass positive Bewertungen stets automatisch und sofort im entsprechenden Bewertungsportal veröffentlicht worden sind, während hingegen negative Kritik zunächst für einige Tage zurückgehalten wurde und unveröffentlicht blieb. Das bewertete Unternehmen konnte in Bezug auf negative Bewertungen ein Schlichtungsverfahren einleiten, in dem zwischen dem Unternehmer und dem Bewertenden vermittelt werden sollte. Wenn sich der Nutzer, der die entsprechende negative Kritik geäußert hatte, nicht auf das Schlichtungsverfahren einlassen wollte, dann wurde die negative Bewertung wieder gelöscht.
Das Gericht war der Auffassung, hierdurch entstünden ein übertrieben positives Bild und damit ein falsches Bild der bewerteten Produkte und Unternehmen, so dass die Verbraucher irregeführt würden.
Darüber hinaus würden alleine die Existenz eines solchen Schlichtungsverfahrens sowie der damit verbundene Aufwand solche Nutzer, die negative Bewertungen abgeben wollten, abschrecken. Zudem hatte der betroffene Plattformbetreiber beleidigende Kommentare vollständig gelöscht statt lediglich die konkreten, beleidigenden Teile der betroffenen Äußerungen zu entfernen. Auch hierdurch würde ein verzerrtes, übertrieben positives Bild des bewerteten Produkts oder Unternehmens gezeichnet.
III. Das Erkaufen hoher Platzierungen in Beliebtheitsrankings von Bewertungsportalen
Mit dem Erkaufen einer hohen Platzierung in einem Beliebtheitsranking eines Bewertungsportals hatte sich das LG Berlin (Beschluss vom 25.08.2011, Az. 16 O 418/11) zu befassen.
Ein Hotelbewertungsportal hatte es Hotels ermöglicht, gegen Zahlung von Geld im entsprechenden Beliebtheitsranking eine höhere Platzierung zu bekommen. Folgerichtig entschied das Gericht, dass darin eine unlautere irreführende Werbung im Sinne des § 5 Absatz 1 Nr. 1 UWG zu sehen ist.
Die Verbraucher und Nutzer des Hotelbewertungsportals würden erwarten, dass das Beliebtheitsranking alleine durch die Bewertungen von Verbrauchern gebildet werde. Dass es zu Beeinflussungen durch Kommissionszahlungen diverser Hotels kommen könne, sei für die Verbraucher kaum oder nur schwer erkennbar.
IV. Fake-Bewertungen
Sind schon die Manipulation und das Aufhübschen von Bewertungen, die tatsächlich von Nutzern in Bewertungsportalen und Meinungsforen im Internet abgegeben worden sind, als irreführende Werbung anzusehen und somit unlauter, so gilt dies erst Recht für vollständig „gefakte“ Bewertungen.
Lässt ein Unternehmen oder ein Bewertungsportal durch eigene oder fremde Mitarbeiter falsche (positive) Bewertungen abgeben und täuschende Produktkommentare schreiben, so stellt dies ebenfalls irreführende Werbung im Sinne des § 5 UWG dar und führt zur Unterlassungsansprüchen der Mitbewerber. Verbraucher gehen davon aus, dass die die Bewertungen von echten Kunden stammen, die von ihren echten Erfahrungen berichten – das ist in diesen Fällen tatsächlich aber gar nicht der Fall.
V. Fazit
Bewertungsportale, die die von den Nutzern abgegebenen Kommentare, Meinungen und Bewertungen manipulieren, verhalten sich unlauter und somit wettbewerbswidrig. Die Veröffentlichung der manipulierten Bewertungen ist als irreführende Werbung im Sinne des § 5 UWG anzusehen. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um ein unabhängiges Bewertungsportal oder um das Bewertungsforum eines bestimmten Unternehmens handelt.
Die unlautere Manipulation kann beispielsweise darin bestehen, dass negative Kundenbewertungen zurückgehalten oder letztlich gar nicht veröffentlicht werden. Eine andere Möglichkeit wettbewerbswidrigen Verhaltens ist, dass die bewerteten Unternehmen durch Zahlungen Einfluss auf ihre Platzierung in einem Ranking erhalten oder Mitarbeiter eines Bewertungsportals oder des bewerteten Unternehmens getürkte Bewertungen abgeben.
In all diesen Fällen wird den Verbrauchern ein verzerrtes und übertrieben positives Bild des bewerteten Produkts oder des bewerteten Unternehmens gezeichnet, das nicht der Realität entspricht. Der Verbraucher, der von der Unverfälschtheit der Bewertungen ausgeht, wird somit getäuscht und in die Irre geführt.
Die IT-Recht Kanzlei informiert Sie im Zuge einer umfangreichen Beitragsserie über die wichtigsten Rechtsfragen zum Thema „Bewertungsportale und Meinungsforen im Internet“. Bei Problemen, Rückfragen und weiteren Fragen zu diesem Thema hilft Ihnen das Team der IT-Recht Kanzlei selbstverständlich gerne auch persönlich weiter.
Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
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4 Kommentare
Das könnte meiner Meinung nach transparenter erklärt sein, hat aber mit „Fakebewertungen“ im Sinne von Astroturfing gar nichts zu tun.
Bei Palundu werden zB unter dem öffentlichen teil "Lob und Kritik" alle negativen, kritischen Beiträge umgehend gelöscht und dann wird damit geworben, dass bei den Bewertungen 4,9 von 5 Punkten erreicht werden.
Ist so ein Vorgehen rechtskonform? Palundu arbeitet ja nach eigenen Aussagen mit Ihnen (it-recht kanzlei) zusammen, ist Ihnen dahingehend noch nichts aufgefallenß
wie verhält es sich in diesem Zusammenhang mit dem Umstand, daß in vielen Internetforen kritische Beiträge über Produkte und Unternehmen gelöscht werden oder Produkt- und Unternehmensnamen nicht in einem kritischen Zusammenhang genannt werden dürfen ? Oft wird dies mitunter in den Forenregeln entsprechend festgelegt.