VG München: Altersverifikationssysteme, die allein auf der Eingabe einer Personalausweisnummer basieren sind unzureichend
Das VG München hat mit Beschluss vom 31.01.2007 (Az. M 17 S 07.144) entschieden, dass es zur Begründung einer geschlossenen Benutzergruppe im Sinne von § 4 JMStV nicht ausreicht, wenn im Rahmen des verwendeten Alterverifikationssystems lediglich die Eingabe einer Personalausweisnummer verlangt wird.
Im vorliegenden Fall hatte ein Diensteanbieter mehrere Internetseiten mit pornographischen Inhalten betrieben, wobei der Zugang zu den einzelnen Inhalten lediglich durch die Abfrage einer Personalausweisnummer beschränkt wurde.
Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 JMStV sind derartige Angebote in Telemedien jedoch nur zulässig, wenn von Seiten des Anbieter sichergestellt ist, dass sie nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden (geschlossene Benutzergruppe). Hierzu bedarf es eines Altersverifikationssystems, welches den Zutritt Minderjähriger effektiv verhindert. Das vom Diensteanbieter verwendete Altersverifikationssystem genügte den gesetzlichen Anforderungen nach Ansicht der Richter jedoch nicht.
Im Einzelnen führte das Gericht hierzu folgendes aus:
ZITAT
"Um eine geschlossene Benutzergruppe zu schaffen, muss von Seiten des Anbieters ein verlässliches Altersverifikationssystem die Verbreitung von Telemedien oder den Zugriff durch Minderjährige hindern. Erforderlich ist, dass zwischen dem Angebot i.S. von § 4 Abs. 2 Satz 1 JMStV und dem Minderjährigen eine effektive Barriere besteht (vgl. Ukrow, Jugendschutzrecht, Rd.Nr. 426). Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Urteil zur Frage der Zulässigkeit einer Verbreitung von Pornographie im Rundfunk eine zuverlässige Alterskontrolle als gegeben angesehen, wenn vor oder während des Vertragsschlusses ein persönlicher Kontakt mit späteren Kunden stattfindet und in diesem Zusammenhang eine zuverlässige Kontrolle seines Alters anhand amtlicher und mit Lichtbild versehener Dokumente und der Aufzeichnung darin enthaltener Daten, namentlich der Ausweis-Nummer, vorgenommen wird.
Es müsse so weit wie möglich sichergestellt sein, dass die Dekodiereinrichtungen tatsächlich nur an die volljährigen Kunden gelangen (BVerwG vom 20.2.2002, NJW 2002, 2966). Systeme, welche die Altersüberprüfung allein anhand einer anonymen Überprüfung der Personalausweis-Nummer vornehmen, sind vor diesem Hintergrund nicht ausreichend. Sie dürfen keine einfachen, naheliegenden und offensichtlichen Umgehungsmöglichkeiten bieten (Ukrow, a.a.O., Rd.Nr. 429).
Das von der Antragstellerin benutzte System "bereits18.de" genügt nach Aktenlage diesen Anforderungen nicht. Wie die Antragstellerseite selbst angibt, ähnelt ihr System dem Altersverifikationssystem "ueber18.de". Zu diesem System sind eine Reihe von gerichtlichen Entscheidungen ergangen, die zum Ergebnis kommen, dass dieses System keine "effektive Barriere" darstellt, weil es keine hinreichende Sicherheit vor dem Zugriff Minderjähriger auf die hierdurch geschützten Internet-Seiten bietet.
Personalausweis- oder Reisepass-Nummern können, wie in der Antragserwiderung anschaulich dargestellt, über im Internet ohne weiteres auffindbare, frei zugängliche Programme berechnet werden. Auch liegt die Möglichkeit nicht fern, dass Jugendliche sich Ausweispapiere von Eltern oder erwachsenen Freunden beschaffen und mit deren Hilfe das Altersverifikationssystem durch Eingabe "echter" Daten ohne weiteres überwinden (OLG Düsseldorf vom 24.5.2005 JURIS; auch KG Berlin vom 4.3.2005 JURIS; OLG Nürnberg vom 7.3.2005 JURIS)."
Fazit
Wer im Internet jugendgefährdende Inhalte anbietet, sollte sich an die vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Mindestanforderungen halten. Danach ist jedenfalls dann von einer zuverlässigen Alterskontrolle auszugehen, wenn vor oder während des Vertragsschlusses ein persönlicher Kontakt mit späteren Kunden stattfindet und in diesem Zusammenhang eine zuverlässige Kontrolle seines Alters anhand amtlicher und mit Lichtbild versehener Dokumente und der Aufzeichnung darin enthaltener Daten, namentlich der Ausweis-Nummer, vorgenommen wird. Dies kann beispielsweise durch eines der Verfahren gewährleistet werden, welche die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) bisher als positiv bewertet hat (http://www.kjm-online.de/public/kjm/index.php?show_1=91,85,56).
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