Du kommst hier net rein! – virtuelles Hausverbot
Ein „virtuelles Hausverbot“ in Gestalt einer automatischen Sicherheitsmaßnahme, welche die Sperrung der IP-Adresse bewirkt, ist grundsätzlich zulässig. Das entschied das OLG Hamm in seiner Entscheidung vom 10.06.2008 (Az.: 4 U 37/08).
Inhaltsverzeichnis
1. Der Sachverhalt
Die Streitparteien vertreiben Druckerzubehör über das Internet und stehen daher in einem Wettbewerbsverhältnis. Mitarbeiter der Berufungsklägerin tätigten am 19.03.2007 innerhalb von zwei Stunden 652 Aufrufe der Internetseite der Beklagten. Dies geschah laut Angaben der Klägerin, um die Werbeaussage der Beklagten, mehr als 5000 lieferbare Artikel im Angebot zu haben, zu überprüfen. Unmittelbar im Anschluss an diese Aufrufe wurden weitere Aufrufe durch eine automatisch ausgelöste IP-Sperre der Beklagten verhindert. Unter Behauptung eines Verstoßes gegen § 4 Nr. 10 UWG (gezielte Mitbewerberbehinderung) mahnte die Klägerin die Beklagte zunächst erfolglos ab und scheiterte dann auch in erster Instanz mit ihrem Anliegen, die Klägerin auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen. Die Beklagte machte ihrerseits im Wege der Widerklage geltend, selbst durch das Verhalten der Klägerin im Sinne des § 4 Nr. 10 UWG behindert worden zu sein und nahm die Klägerin auf Unterlassung diesbezüglich in Anspruch. Klage und Widerklage werden im Berufungsverfahren von der Klägerin bzw. der Beklagten weiter verfolgt.
2. Die Entscheidung
Das Gericht hat sowohl die Klage als auch die Widerklage als unbegründet zurückgewiesen. Bezüglich der Klage führte es aus, dass es sich bei der automatischen Sperrung nicht um ein zielgerichtetes manuelles virtuelles Hausverbot handelt, sondern um eine automatische Sicherheitsmaßnahme, die nicht bewusst gegen die Klägerin gerichtet war. Die automatische Sperrung sei keine gezielte Behinderung im Sinne des § 4 Nr. 10 UWG, sondern eine angemessene Reaktion auf ein unzulässiges Verhalten der Klägerin gewesen.
Diese habe zwar das Recht, wie ein normaler Kunde das Angebot ihres Konkurrenten zu überprüfen. Verhalte sie sich jedoch merklich anders als ein normaler Kunde und verursache so die Gefahr einer Betriebsstörung, was hier durch die im Schnitt alle 11 Sekunden erfolgten Aufrufe der Fall gewesen sei, dürfe sich der Betroffene durch entsprechende Schutzmaßnahme wie etwa eine automatische IP-Sperre zur Wehr setzen. Das Interesse des Betroffenen an der Verhinderung einer Betriebsstörung überwiege gegenüber dem Überprüfungsinteresse des Konkurrenten hinsichtlich etwaiger Wettbewerbsverstöße. Dies gelte vor allem dann, wenn eine Überprüfung wie im vorliegenden Fall auch im Rahmen normaler kundenüblicher Nutzung möglich sei.
Die Widerklage sei unbegründet, weil mangels detaillierter Angaben über die Funktionsweise des Sicherheitssystems der Beklagten nicht beurteilt werden könne, ob allein das Verhalten der Klägerin die IP-Sperre ausgelöst habe oder ob hierzu noch weitere Verhaltensweisen erforderlich gewesen wären. Art und Umfang der Verletzungshandlung seien daher offen, sodass das von der Beklagten begehrte Verbot nicht entsprechend konkretisiert und ausgesprochen werden könne.
3. Fazit
Automatische Sicherheitssysteme, die bei auffälligem Zugriffsverhalten bestimmte IP-Adressen sperren und damit Nutzern den Zugang auf die Homepage verweigern, sind grundsätzlich zulässig. Solange sich solche Sicherheitsmaßnahmen nicht gezielt gegen Konkurrenten richten, um diese von der Nutzung und/oder Überprüfung des eigenen Internetangebots auszuschließen, oder so streng sind, dass Konkurrenten nicht die Möglichkeit einer Überprüfung haben, liegt keine Mitbewerberbehinderung in wettbewerbsrechtlichem Sinne vor.
Die IT-Recht-Kanzlei rät daher: Sie brauchen auf effektive Sicherheitssysteme nicht zu verzichten! Überprüfen Sie jedoch, wie restriktiv Ihre Sicherheitssysteme arbeiten, also wie schnell bzw. bei welchen Verhaltensweisen Nutzern der Zugriff verweigert wird. Nur, wenn dies dergestalt geschieht, dass ein Durchschnittsnutzer die Seite nicht mehr sinnvoll benutzen und sich umfassend über das Angebot informieren kann, besteht unter Umständen Gefahr, dass damit auch Mitbewerberbehinderungen einher gehen könnten.
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