LG Stuttgart: Die Bezugnahme auf eine Verbrauchereigenschaft "im Sinne des § 13 BGB" in Widerrufsbelehrung kann irreführend sein
Die Beklagte verwendete in ihrer Widerrufsbelehrung die folgende Formulierung: "Als Verbraucher im Sinne des § 13 BGB steht Ihnen bezüglich der bei uns im Wege des Fernabsatzes gekauften Waren ein Widerrufsrecht zu...". Diese Formulierung sei wettbewerbswidrig, so das LG Stuttgart.
So sei die Formulierung "als Verbraucher im Sinne des § 13 BGB& quot; missverständlich, da sie neben der von der Beklagten genannten Interpretation im Sinne von "da Sie Verbraucher im Sinne des § 13 BGB sind..." vom durchschnittlichen Verbraucher auch verstanden werden könne als Bedingung im Sinne von "falls Sie Verbraucher im Sinne des § 13 BGB sind".
Weiter begründete das LG Stuttgart seine Entscheidung wie folgt:
"(...)Die verwandte Formulierung weist eine gewisse Doppeldeutigkeit auf, die den Verbraucher im Unklaren darüber lässt, wie er die Belehrung verstehen darf, was nach dem Transparenzgebot des § 312 Abs. 1 Satz 1 BGB gerade vermieden werden soll. Kann die Formulierung vom Verbraucher daher auch so verstanden werden, dass die Beklagte nur demjenigen ein Widerrufsrecht einräumen will, der ihre Produkte als Verbraucher im Sinne des § 13 BGB und nicht als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB kauft, wenn er die Tatbestandsmerkmale des § 13 BGB erfüllt, so wird gerade durch die Nennung der Rechtsgrundlage bezüglich der Definition der Vebrauchereigenschaft dem Verbraucher das Verständnis nahe gelegt, dass er selbst unter Zuhilfename des § 13 BGB zu überprüfen habe, ob er Verbraucher ist und ihm eben nicht allein von der Beklagten schlicht seine Verbrauchereigenschaft bestätigt werden soll.
Der Verweis auf gesetzliche Vorschriften, deren Kenntnis nicht vorausgesetzt werden kann, soll jedoch durch das Transparenzgebot gerade verhindert werden - insbesondere wenn, wie im vorliegenden Fall, allein § 13 BGB genannt wird, da diese Vorschrift in Abgrenzung zu § 14 BGB zu verstehen ist, welcher in der Widerrufsbelehrung jedoch keine Erwähnung findet, was das Verständnis der Belehrung erschwert und ihrer Klarheit entgegensteht. Versteht der Käufer die beanstandete Formulierung daher im Sinne einer Bedingung, muss er sich als juristischer Laie die rechtliche Frage stellen, ob er Verbraucher im Sinne des § 13 BGB ist, was für einen durchschnittlichen, rechtsunkundigen Verbraucher nicht von vornherein ohne Einholung von Rechtsrat möglich ist.
Es besteht daher die Gefahr, dass der Laie vor dem Hintergrund der für ihn notwendigen Einholung von Rechtsrat auf die Ausübung seiner Widerrufsrechtes von vorn herein verzichtet oder deshalb nicht widerruft, weil er fälschlicherweise der Auffassung ist, mangels Verbrauchereigenschaft stünde ihm ein Widerrufsrecht nicht zu.(...)"
Fazit
Diese (skurile) Entscheidung des LG Stuttgart (Urteil vom 09.05.2008, Az. 39 O 25/08 KfH) zeigt wieder einmal, dass Online-Händler tunlichst keine eigenen Widerrufsbelehrungen entwerfen und auf ihren jeweiligen gewerblichen Onlinepräsenzen einsetzen sollten. Der IT-Recht Kanzlei sind nun im Zusammenhang mit dem Thema "Widerrufsbelehrung" insgesamt 36 Abmahnmöglichkeiten bekannt.
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3 Kommentare
http://www.it-recht-kanzlei.de/ausschlussgr%C3%BCnde-widerrufsrecht.html
zitierte Entscheidung bereits belegt.
Nun weiß der Kunde also auch nicht, ob er Verbraucher ist oder nicht. Er weiß aber selbstverständlich, was seine "Informationspflichten gemäß § 312c Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1, 2 und 4 BGB-InfoV sowie unserer Pflichten gemäß § 312e Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 3 BGB-InfoV" (gesetzliches Muster für eine "klare" und "verständliche" Widerrufsbelehrung) sind.
Offenbar geht das Landgericht Stuttgart davon aus, dass ausschließlich Verbraucher online einkaufen, anderenfalls wäre es sicher nicht auf die Idee gekommen, dass der Verkäufer seinem Kundenkreis von vornherein "auf die Nase zusagen" müsste, dass ein jeder als Verbraucher handelt und somit jedem das Widerrufsrecht auch zusteht.
Wenn diese Entscheidung den bemitleidenswerten Beklagten nicht eine sicherlich erhebliche Geldsumme gekostet hätte und für viele Händler nun (nach Veröffentlichung) eine erhebliche Abmahngefahr heraufbeschwören würde, man könnte herzhaft lachen über so viel Praxisnähe...
Fakt ist doch, dass dem Verbraucher mitgeteilt werden muss, wann und unter welchen Umständen die Widerrufsfrist beginnt und wie er den Widerruf durchzuführen hat.
Der Zusatz "...vor Erfüllung unserer Informationspflichten gemäß § 312c Abs....." ist für den Verbraucher doch erst mal weniger von Bedeutung, denn wenn die Widerrrufsbelehrung falsch ist, beginnt die Frist doch eh nie zu laufen.
Falls ich falsch liege, bitte Kommentar.
Meine bescheidene Meinung dazu ist, dass auch die in der Musterbelehrung genannten Paragraphen nicht allgemein bekannt sind und daher auch nicht hätten aufgenommen werden dürfen. Gesetzgeber und Richter sollten sich mal an einen gemeinsamen Tisch setzen.