Landgericht Lübeck: Verstöße gegen das TextilKennzG sowie die VerpackV nicht abmahnfähig
Tipp: Weiterführende Informationen zum Thema finden Sie hier: "Verkauf von Textilien"
Das Landgericht Lübeck machte kürzlich einem abmahnenden Online-Händler einen dicken Strich durch die Rechnung. Verstöße gegen die BGB-InfoV? Nichtbeachtung der Verpackungsverordnung oder des Textillkennzeichnungsgesetzes? Alles nicht abmahnfähig – so das Gericht.
Im Einzelnen:
Verstoß gegen das Textilkennzeichnungsgesetz und die Verpackungsverordnung?
Laut dem Landgericht Lübeck (Az. 11 O 9/08, Urteil vom 22.04.2008) begründen die Verstöße des abgemahnten Händlers gegen das Textilkennzeichnungsgesetz sowie gegen die Verpackungsordnung keinen entsprechenden Unterlassungsanspruch:
/„Es handelt sich bei diesen Verstößen um bloße Bagatellverstöße im Sinne von § 3 UWG. Die Schwere einer unlauteren Handlung ist, wenn man darunter die Intensität des Eingriffes in geschützte Interessen bestimmter Marktteilnehmer versteht, ein geeignetes Beurteilungskriterium.
Ein unerheblicher Verstoß ist dann anzunehmen, wenn die unlautere Wettbewerbshandlung lediglich geeignet ist, irgendeinen geringfügigen Wettbewerbsvorsprung zu begründen. Vorliegend ist nicht nachzuvollziehen, dass durch das Fehlen der exakten Materialangaben der verkauften Ware sowie eines Hinweises auf Rücknahmepflichten von Verpackungsmaterial bei einem Ebay-Shop der Größe des Verfügungsbeklagten der Verbraucher überhaupt in irgendeiner Weise beeinflusst wird, und wenn, dann ist diese Beeinflussung maginaler Art, unerheblich und hat keinen erheblichen Wettbewerbsvorsprung zur Folge.“/
Fehlende Informationen zu Versandkosten ins Ausland?
Das Landgericht Lübeck entschied, dass vorliegend dem abmahnenden Händler hinsichtlich der Formulierung „Versand: an weltweit“ kein Unterlassungsanspruch nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verb. mit § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 PAngV wegen fehlender Informationen über die Höhe der Versandkosten in das Ausland zustehe:
/„Regelmäßig werden die Interessen des Käufers ernstlich betroffen, wenn sie im Einzelfall die Versandkosten nicht berechnen können. Vorliegend geht es aber um einen besonders gelagerten Ausnahmefall.
Der Verfügungsbeklagte wendet sich mit seinem Angebot in aller erster Linie an Inländer. Daran ändert auch nichts, dass die Internetadresse „www-ebay.de“ auch aus dem Ausland zu erreichen ist und dass dort auch aus dem Ausland gehandelt und gekauft werden kann. Denn „www.ebay.de“ ist eben trotzdem die deutsche Seite des internationalen Unternehmens Ebay, die sich ausschließlich in der deutschen Sprache überwiegend an Inländer richtet.
So ist es durchaus in Einzelfällen denkbar, dass ein Inländer beabsichtigt, die Ware, etwa als Geschenk, in das Ausland versenden zu lassen oder das Deutschsprachige im Ausland den Internetauftritt des Verfügungsbeklagten zum Warenbezug an ihren Auslandsaufenthalt nutzen wollen. Dies werden aber seltene Ausnahmefälle bleiben. Eine besondere Marktbedeutung des Verfügungsbeklagten ist nicht dargetan.
Für Inländer und Deutschsprachige im Ausland ist ein Versand von Waren in das Ausland zudem eher eine besondere Zusatzleistung des Verkäufers. Sie rechnen ohnehin damit, dass sie sich regelmäßig, auch wenn kein Versand in das Ausland ausdrücklich genannt ist, gesondert beim Anbieter nach der Möglichkeit und den Kosten im Einzelfall erkundigen müssen. Der allgemeine Hinweis des Verfügungsbeklagten hilft ihnen dann schon bei der Informationssammlung und Auswahl. Da der Verfügungsbeklagte somit allenfalls mit einer geringen Nachfrage rechnen kann, wäre eine gesonderte Preisaufstellung im voraus für jede Ware und für jedes Land mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden, zumal auch der Platz auf den Internetseiten begrenzt ist. Der Hinweis auf die Möglichkeit, gemäß §§ 1 Abs. 2, 2 PAngV nur nähere Einzelheiten der Berechnung anzugeben, führt hier nicht weiter. Denn auch diese Berechnungsgrundlagen sind vorliegend, abhängig von Größe und Gewicht der Ware und dem jeweiligen Versandland, sehr vielschichtig.“/
Telefonnummer in Widerrufsbelehrung?
Die Angabe der Telefonnummer des Widerrufsempfängers im Rahmen der Widerrufsbelehrung über das Rückgaberecht begründe vorliegend keinen Unterlassungsanspruch des abmahnenden Händlers – so das Landgericht Lübeck:
/„Nach § 356 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist der Verbraucher über ein ihm eingeräumtes Rückgaberecht mit einer deutlich gestalteten Belehrung zu informieren. Um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechtes nicht zu beeinträchtigen, darf die Belehrung grundsätzlich keine anderen Erklärungen enthalten. Die Angabe einer Telefonnummer in einer Widerrufserklärung kann die Gefahr bergen, dass der Verbraucher den Inhalt der Widerrufserklärung irrtümlich dahin versteht, er könne sein Widerrufsrecht auch telefonisch ausüben, was das Gesetz gerade nicht erlaubt.
Diese Gefahr besteht allerdings vorliegend nicht, denn der Verfügungsbeklagte stellt in der Widerrufsbelehrung zuvor klar, dass der Widerruf respektive das Rückgabeverlangen in Textform zu erfolgen hat. Vorliegend eröffnet die Telefonnummer dem Verbraucher nur die Möglichkeit, ohne weitere Suche bei dem Verfügungsbeklagten weitere Informationen zur Rücksendung einzuholen (vgl. u. a. KG Berlin 5 W 266/07). Insoweit trägt ihre Angabe zur Verdeutlichung bei. Unter diesen Umständen ist jedem Verbraucher klar, dass die Angabe der Telefonnummer nicht zur Ausübung des Rückgaberechtes selbst verhilft, sondern nur die Rückfragen zur Durchführung der Rücksendung der Waren erleichtern soll.“/
Anmerkung
Das vorliegende Urteil dürfte für viel Aufmerksamkeit bei Online-Händlern sorgen. So urteilte das Landgericht Lübeck, dass selbst relativ grobe Patzer (wie die Nichtbeachtung des Textilkennzeichnungsgesetzes) keinesfalls zwingend wettbewerbswidrig sein müssen. Brechen nun neue, abmahnfreie Zeiten an? Wohl kaum, wie die Entscheidungspraxis vieler anderer Gericht zeigt…
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Stephanie Hofschlaeger / PIXELIO
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1 Kommentar
Sind diese Geldmaschinen "Abmahnvereine" oder "Vereine gegen lauteren Wettbewerb" überhaupt noch erlaut?
Mit freundlichen Grüßen
Werner Haas