OLG Hamm: Preisnachlass in Form eines Gutscheins muss auch über das Verhältnis von Preis und Preisnachlass informieren
Bei einem Preisnachlass in Form eines Gutscheins hat der Werbende anzugeben, welchen Einlösewert der Gutschein hat, auf welche Waren- und Dienstleistungskäufe und welchen Mindesteinkaufswert er sich bezieht und in welchem Zeitraum er eingelöst werden muss. Zur klaren und eindeutigen Einschätzung des Preisnachlasses ist auch die Angabe der Preise jedenfalls der Größenordung nach erforderlich, so das OLG Hamm.
Inhaltsverzeichnis
Worum ging es in dem Fall?
Die Parteien handeln mit Treppenliften. Die Beklagte versandte im Juni 2007 an Verbraucher ein Werbeschreiben, dem ein persönlicher Gutschein über 900,– € beigefügt war. Das Schreiben hatte folgenden Wortlaut:
"Wir schenken Ihnen 900,- Euro! Unsere strahlenden Sommer-Highlights werfen ihren Schatten voraus. Dennbim Juni lohnt sich Ihr Einkauf ganz besonders. Sie erhalten den Treppenlift mit einem einzigartigen Vorteil von 900,. Euro!
Der platzsparende Treppenlift ist absolut sicher und gibt Ihnen Ihre ursprüngliche Mobilität zurück. Alle Modelle sind kurzfristig lieferbar und werden schnell und professionell von unseren Service-Technikern aufgebaut.
Also worauf noch warten? Rufen Sie schnell an unter unserer kostenfreien Telefon-Nummer. Fachberater kommt gern zu ihnen nach Hause und löst Ihren persönlichen Gutschein ein.
Warten Sie nicht zu lange! Dieses Angebot gilt nur bis zum 30. Juni 2007."
Der Gutschein sah wie folgt aus:
"Ihr persönlicher Gutschein
900,- Euro
In Worten: neunhundert Euro
Ihren persönlichen Gutschein können sie beim Kauf eines Treppenlifts bis zum 30.06.2007 bei Ihrem Fachberater einlösen. Gilt nur für Neuverträge. Pro Kauf maximal ein Gutschein einlösbar. Eine Barauszahlung ist nicht möglich. Diese Aktion bezieht sich auf den Listenpreis.”
Die Klägerin hat in dem Werbeschreiben eine unlautere Wettbewerbshandlung der Beklagten gesehen.
Entscheidung des OLG Hamm
Das OLG Hamm (Urteil vom 29.01.2009, Az. 4 U 154/08) gab der Klägerin recht und begründete dies wie folgt:
1. Bei dem Angebot des Gutscheins über die “geschenkten” 900,– € handele es sich nach dem gesamten Inhalt der Werbung aus Sicht der angesprochenen Verbraucher erkennbar um einen Preisnachlass im Sinne des § 4 Nr. 4 UWG, der unter bestimmten, im Rahmen der Werbung mitgeteilten Bedingungen gewährt werde. Bei einem Preisnachlass in Form eines solchen Gutscheins müsse der Werbende angeben, welchen Einlösewert der Gutschein hat, auf welche Waren- und Dienstleistungskäufe und welchen Mindesteinkaufswert er sich beziehe und in welchem Zeitraum er eingelöst werden müsse:
"Für die angesprochenen Verbraucher ist damit klar, dass für jeden Kauf eines der hochwertigen Treppenlifte der Klägerin der Preisnachlass in Form des Gutscheins im Wert von 900 € in Anspruch genommen werden kann. Der Wert des Gutscheins würde dann vom Listenpreis, den die Beklagte ansonsten für den Kauf und die Montage des Treppenlifts berechnen würde, in Abzug gebracht." (Auszug aus dem Urteil)
2. Dem angesprochenen Verbraucher werde aber durch die Werbung keinerlei Vorstellung von einem Preis vermittelt, auf den sich der Nachlass von 900,– € beziehen könnte. Zwar möge die Regelung in § 4 Nr. 4 UWG nach Wortlaut und Zweck in erster Linie die Informationen über die Umstände, unter denen der angesprochene Verbraucher den Preisnachlass in Anspruch nehmen kann, betreffen und damit grundsätzlich nicht die Angaben über den Kaufgegenstand selbst. Etwas anderes müsse aber dann gelten, wenn die Höhe des Preisnachlasses ohne Angabe jedenfalls eines Richtwertes des zu erwartenden Grundkaufpreises als solche unklar bleibt. Das sei vorliegend der Fall, weil zwar die Höhe des Preisnachlasses als feste Zahl bekannt sei, dem Verbraucher aber eine Vorstellung davon fehle, wie groß der Preisnachlass in Relation zu dem ansonsten geforderten Preis ist:
"Ginge es etwa um Endpreise oder Festpreise für solche Treppenlifte von 9.000,– €, so würde der Nachlass 10 % ausmachen. Beim Kauf eines Treppenliftes mit einem Preis von 4.500,– € würde der Preisnachlass bereits 20 % entsprechen und damit in der Relation doppelt so hoch sein. Gerade das könne aber für etwaige Preisvergleiche und damit die Kaufentscheidung eines Verbrauchers von ausschlaggebender Bedeutung sein. Zur klaren und eindeutigen Einschätzung des Preisnachlasses ist deshalb die Angabe der Preise jedenfalls der Größenordung nach erforderlich. Es genügt nicht, wenn sich der Verbraucher die erforderlichen preislichen Grundlagen durch weitere eigene Anstrengungen auch in der beschränkten Dauer des Angebots vollständig beschaffen kann. Er muss in der Werbung selber darüber informiert werden. (Auszug aus dem Urteil)
3. Das OLG Hamm stellte abschließend noch klar, dass selbst wenn man der Auffassung folgen würde, dass § 4 Nr. 4 UWG eine Information über die Höhe des Preisnachlasses und das Preisgefüge der betroffenen Waren beim Versprechen eines solchen Gutscheins nicht verlange (vgl. Fezer / Steinbeck, UWG, § 4 -4 Rdn.8), dennoch aus den oben angeführten Gründen eine irreführende Werbung im Sinne des § 5 Abs. 2 S. 2 UWG a.F. vorliege. Denn gerade bei der Gewährung von Preisnachlässen sei die Einhaltung des allgemeinen Transparenzgebotes zu beachten.
"Es ist als irreführend anzusehen, wenn unklare Angaben über die Höhe des gewährten Preisnachlasses gemacht werden, die geeignet sind, beim Verbraucher eine Fehlvorstellung über die Vorteile des entsprechenden, mit einem Gutschein garnierten Angebotes hervorzurufen." (Auszug aus dem Urteil)
Fazit
Bei Verkaufsförderungsmaßnahmen wie Preisnachlässen, Zugaben oder Geschenken müssen die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme klar und eindeutig angegeben sein. Zu den Modalitäten der Inanspruchnahme gehören unter anderem Angaben
- darüber in welchem Zeitraum (Beginn und Ende) die Verkaufsförderungsmaßnahmen in Anspruch genommen werden können (der Zeitraum muss nach dem Kalender bestimmbar sein). Grundsätzlich ist der Erste und der letzte Verkaufstag durch Datumsangabe anzugeben. Die Angabe "nur 14 Tage gültig" oder die Angabe "Winterschlussverkauf" würde demnach gerade nicht ausreichen (Hefermehl / Köhler, UWG, 26. Auflage, § 4 Rdn. 4.11).
- zur absoluten oder relativen Höhe des Nachlasses. Es muss laut OLG Hamm zwingend über das Verhältnis von Preis und Preisnachlass informiert werden.
- auf welche Waren oder Warengruppen sich die Preisnachlässe beziehen.
- welchen Einlösewert ein Gutschein hat, auf welche Waren- oder Dienstleistungskäufe und auf welchen Mindesteinkaufwert er sich bezieht und in welchem Zeitraum er eingelöst werden muss.
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2 Kommentare
Im Prinzip hieße das, man kann Gutscheine mit einem festen Wert nicht mehr rechtssicher einsetzen. Ist das tatsächlich so? Selbst Amazon verschickt manchmal Gutscheine im Wert von bspw. 5,- € beim Kauf irgendeines Artikels der Kategorie Elektronik. Das wäre gemäß OLG Hamm nicht okay!