Gewinnspiel! Preisausschreiben! - Ein Gewinn für alle? – Teil 3
Bereits in den letzten beiden Wochen informierte die IT-Recht Kanzlei in zwei Teilen darüber, welche Regeln die Veranstalter von Gewinnspielen und Preisausschreiben beachten müssen – insbesondere im Internet. Erfahren Sie heute im dritten und letzten Teil, ob § 4 Nr. 6 UWG europarechtswidrig ist oder ob zwingend jede Koppelung eines Gewinnspiels mit dem Verkauf von Waren wettbewerbswidrig ist.
Gesetze sind das eine – Rechtsprechung das andere
In den letzten beiden Wochen hat die IT-Recht Kanzlei die Vorschriften der § 4 Nr. 5 und § 4 Nr. 6 UWG vorgestellt.
Heute wird die zuletzt genannte Vorschrift vor dem Hintergrund eines noch jungen EuGH-Urteils beleuchtet, das einmal mehr zeigt, dass die Lektüre des Gesetzes stets hilfreich ist – aber eben bei Weitem nicht ausreicht. Der EuGH – oberste rechtliche Instanz im Bereich der europaweit vereinheitlichten Vorschriften des Lauterkeitsrechts – hat darüber entschieden, ob jede Koppelung von Gewinnspielen mit dem Erwerb von Waren zwingend rechtswidrig ist, so wie es der Wortlaut des § 4 Nr. 6 UWG an für sich bestimmt, oder Ausnahmen davon denkbar sind. Die IT-Recht Kanzlei hatte bereits zuletzt über das Urteil berichtet.
Das Gesetz, um das es geht
Es geht um § 4 Nr. 6 UWG, worin es heißt:
Unlauter handelt (..), wer
(Nr. 6) die Teilnahme von Verbrauchern an einem Preisausschreiben oder Gewinnspiel von dem Erwerb einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung abhängig macht, es sei denn, das Preisausschreiben oder Gewinnspiel ist naturgemäß mit der Ware oder der Dienstleistung verbunden.
Der EuGH hat Recht gesprochen – § 4 Nr. 6 UWG europarechtswidrig?
Bonussysteme, bei denen Kunden bei jedem Einkauf eine gewisse Anzahl von Punkten erhalten, die sie sammeln können, werden grundsätzlich überhaupt nicht von § 4 Nr. 6 UWG erfasst, weil die Prämie dabei in aller Regel nicht darin besteht, an einem Gewinnspiel/Preisausschreiben mitmachen zu dürfen. Vielmehr werden als Prämie regelmäßig bestimmte Sachpreise nach (eigener) Wahl oder Wertgutscheine o.ä. vergeben.
Gegenstand des Prozesses, der nun vom EuGH entschieden wurde (Urteil vom 14.01.2010, Az. C-304/08), war ein Bonussystem eines Einzelhändlers, bei dem die Kunden nach dem Sammeln einer bestimmten Anzahl von Punkten, die mittels Einkäufe bei dem Einzelhändler erworben werden konnten, kostenlos an einer Lotterie teilnehmen durften. Die Kunden haben durch das Sammeln der erforderlichen Punkteanzahl somit die Chance auf einen Lotteriegewinn erhalten. Kostenlos konnte man an der Lotterie jedoch nur dann teilnehmen, wenn man bei dem Einzelhändler soviel einkaufte, dass die entsprechende Punktezahl zusammenkam. Somit war die Teilnahme an der Lotterie (=Gewinnspiel) damit gekoppelt, dass die Verbraucher bei dem Einzelhändler Waren erwarben.
Ein Verstoß gegen § 4 Nr. 6 UWG schien ganz offensichtlich vorzuliegen – daher bekam die dagegen klagende deutsche Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e. V zunächst auch vor den deutschen Gerichten Recht zugesprochen. Der BGH fragte sich dann jedoch, ob die Vorschrift nicht gegen europäisches Recht verstößt und legte diese Frage dem dafür zuständigen Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor. Dieser ist zuständig, weil § 4 Nr. 6 UWG nach Vorgabe einer EG-Richtlinie ins deutsche Recht übernommen worden ist.
Gegen europäisches Recht verstößt eine Vorschrift dann, wenn sie nicht den (zwingenden) Vorgaben entspricht, die das europäische Recht vorgibt.
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Die Entscheidung des EuGH
Der EuGH hat die Vorschrift des § 4 Nr. 6 UWG zu den sog. Schwarzen Klauseln in Bezug gesetzt und ausgeführt, dass nicht jede Koppelung von Gewinnspielen mit dem Kauf von Waren als wettbewerbswidrig angesehen werden kann. Dies dürfe nach der Konzeption der EG-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (sog. UGP-Richtlinie) nur dann der Fall sein, wenn genau dieses Verhalten von den sog. Schwarzen Klauseln erfasst würde. Denn nur dann gelte das entsprechende Verhalten eines Unternehmens ohne Weiteres als wettbewerbswidrig. Dies sei hier aber gerade nicht der Fall.
Daher komme es – so der EuGH weiter – darauf an, wie jeder einzelne Fall für sich genommen den Umständen nach zu beurteilen ist. Von Bedeutung sei dabei insbesondere, dass der Zweck der wettbewerbsrechtlichen Regelung beachtet würde: es gehe darum, ob das wirtschaftliche Verhalten eines Durchschnittsverbrauchers durch die Koppelung wesentlich beeinflusst worden sei oder zumindest dazu geeignet sei, es wesentlich zu beeinflussen. Da jedoch die deutsche Regelung des § 4 Nr. 6 UWG alle Koppelungsgeschäfte betreffe, unabhängig davon, ob tatsächlich auch die (wirtschaftliche) Entscheidungsfreiheit der Verbraucher eingeschränkt wird, sei die Norm insoweit als europarechtswidrig anzusehen.
Der deutsche Gesetzgeber sei in rechtswidriger Weise über das, was die EG-Richtlinie zwingend festlege, hinausgegangen.
Die Folgen der Entscheidung des EuGH
Die Entscheidung des EuGH hat einmal zur Folge, dass der deutsche Gesetzgeber die Norm nun entsprechend den Vorgaben des Gerichts abändern muss.
Zum anderen müssen die deutschen Gerichte bis zur Gesetzesänderung die Norm des § 4 NR. 6 UWG europarechtskonform Recht auslegen, d.h. bei ihrer Anwendung das Urteil des EuGH beachten. Konkret bedeutet dies, dass die Gerichte bei etwaigen Koppelungen von Teilnahmen an Gewinnspielen/Preisausschreiben mit dem Erwerb von Waren bzw. der Inanspruchnahme von Dienstleistungen zusätzlich prüfen müssen, ob die wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit der Verbraucher durch die konkrete Koppelung wesentlich eingeschränkt wird bzw. ob die Koppelung dazu geeignet ist, die wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit der Verbraucher wesentlich einzuschränken.
Somit verstößt nach nun mehr aktueller Rechtslage nicht zwingend jede Koppelung gegen § 4 Nr. 6 UWG, auch wenn der Wortlaut der Vorschrift momentan noch etwas anderes aussagt.
Fazit
Mit Gewinnspielen und Preisausschreiben können Unternehmen im Internet auf attraktive Weise Werbung für sich machen. Wenn sie die entsprechenden Regeln des UWG und die Vorgaben des EuGH beachten, so steht einer rechtlich unbedenklichen Werbemaßnahme auch nichts entgegen.
Bei Verstößen gegen die einschlägigen Vorschriften müssen die betroffenen Unternehmen jedoch mit Abmahnungen durch Konkurrenten rechnen.
Nach einer Woche Pause können Sie übernächsten Freitag an dieser Stelle den sechsten Beitrag der Serie der IT-Recht Kanzlei zu den rechtlichen Aspekten der Werbung im Internet lesen!
Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
© Franz Pfluegl - Fotolia.com
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