Werberecht vs Blähbauch: BGH-Urteil zur Geld-zurück-Garantie
In einer aktuellen Entscheidung hat der Bundesgerichtshof dargestellt, unter welchen wettbewerbsrechtlichen Voraussetzungen Produkte mit einer „Geld-zurück-Garantie“ angepriesen werden dürfen und wie der Verbraucher adäquat über die Bedingungen für die Inanspruchnahme dieser Garantie zu informieren ist.
Inhaltsverzeichnis
Vorspiel
Ein namhafter Hersteller von Molkereiprodukten bewirbt einen mit bestimmten Bakterienkulturen angereicherten Joghurt, der die Verdauung positiv beeinflussen und so einen „Blähbauch“ verhindern soll. In dem entsprechenden Spot beklagt eine Frau einen solchen Blähbauch und wird daraufhin von einer fürsorglichen Freundin über die Wirkung dieses Joghurts und auch darüber aufgeklärt, dass der Hersteller dem Verbraucher eine „14-Tage-Testaktion“ anbietet, die mit einer „Geld-zurück-Garantie“ bei Unzufriedenheit des Kunden gekoppelt ist. Am Ende des Spots wird auf die Homepage des Herstellers verwiesen, auf der die Bedingungen zur Teilnahme an der Testaktion und zur Inanspruchnahme der Geld-zurück-Garantie ausgewiesen sind.
Dort wurde der Verbraucher dann darüber informiert, dass der Kunde im Falle einer Unzufriedenheit mit dem Testergebnis bei Einsendung von 14-16 Barcodes vom Boden der Joghurt-Becher samt Quittung und kurzer schriftlicher Begründung den Kaufpreis für den Joghurt erstattet bekomme.
Reaktion
Ein Wettbewerbsverein erlitt daraufhin seinerseits einen Blähbauch und mahnte den Hersteller kurzerhand ab: er verstoße mit dieser Werbung gegen das Transparenzgebot aus Art. 4 Nr. 4 UWG, nach dem derjenige unlauter handelt, der „bei Verkaufsförderungsmaßnahmen wie Preisnachlässen, Zugaben oder Geschenken die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme nicht klar und eindeutig angibt“. Schließlich müsse der Kunde erst auf der Website des Herstellers nachsehen, zu welchen Bedingungen diese 14-Tage-Testaktion durchgeführt werden könne und wie ein enttäuschter Verbraucher wieder an sein Geld komme.
(Juristisches) Nachspiel
Die Sache landete letzten Endes vor Gericht und bahnte sich ihren Weg durch die Instanzen, bis die Revision vor dem Bundesgerichtshof zuletzt Klarheit schaffte. In ihrem Urteil (11.03.2009, Az. I ZR 194/06) stellten die Bundesrichter fest, dass die Verweisung des umworbenen Kunden auf eine Website durchaus dem Transparenzgebot des Art. 4 Nr. 4 UWG genüge.
Aus dem Urteil des BGH
Schließlich, so die Richter, sei es im Rahmen eines TV-Spots kaum denkbar, die Bedingungen zur Teilnahme an einer solchen Aktion umfassend darzustellen:
„Bestimmte Werbemedien wie das Fernsehen sind für ausführliche Informationen über Teilnahmebedingungen für Verkaufsförderungsmaßnahmen aus medienimmanenten Gründen nicht geeignet. Dies hat Einfluss auf den Umfang der Informationspflicht […]. Fordert die Werbung den Kunden nicht unmittelbar zur Inanspruchnahme der Verkaufsförderungsmaßnahme auf, sondern beschränkt sich auf eine Ankündigung ohne gleichzeitige Möglichkeit der Inanspruchnahme, kann es nach den konkreten Umständen des Falles ausreichen, auf weiterführende Hinweise zu den Teilnahmebedingungen in leicht zugänglichen Quellen zu verweisen […]. Für den Verbraucher, der durchschnittlich informiert, situationsadäquat aufmerksam und verständig ist, entsteht daraus kein ins Gewicht fallender Nachteil, weil ihn diese Werbung nicht erst an der Verkaufsstelle erreicht und nicht unmittelbar zum Kauf verleitet. Es kann deshalb genügen, die Bedingungen der Inanspruchnahme einer Verkaufsförderungsmaßnahme in der Fernsehwerbung selbst noch nicht vollständig zu nennen, sondern dafür auf eine Internetseite zu verweisen.“
Ebenso machten die Richter weitergehende Ausführungen zum Umfang der Informationspflicht des Werbenden im TV-Spot:
„Ob ein Hinweis auf weiterführende Informationen ausreichend ist, muss unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls entschieden werden. So kann zum Beispiel die Art des beworbenen Produkts und die damit verbundene Anlockwirkung ein stärkeres Informationsbedürfnis und eine umfassende Aufklärung des Verbrauchers schon in der Fernseh- oder Radiowerbung erforderlich machen, um ihn vor einer unüberlegten Kaufentscheidung zu schützen. Auch die Art der Verkaufsförderungsmaßnahme und der Umfang der Bedingungen können Einfluss auf die Informationspflicht haben. Komplexere Teilnahmebedingungen, wie sie zum Beispiel bei Kundenbindungssystemen vorkommenen, legen eine Verweisung nahe […].
Unerwartete Beschränkungen oder sonstige überraschende Teilnahmebedingungen müssen in der Werbung stets unmittelbar offenbart werden […]. Denn ebenso wie blickfangmäßig herausgestellte, mit Sternchenhinweis versehene Angaben für sich genommen nicht unrichtig oder missverständlich sein dürfen […], muss auch bei der Werbung mit Verkaufsförderungsmaßnahmen die für den Ausschluss einer Irreführung erforderliche Aufklärung über die Teilnahmebedingungen unmittelbar den herausgestellten Angaben zugeordnet sein.
Bei der beanstandeten Fernsehwerbung kann es grundsätzlich genügen, für die genauen Teilnahmebedingungen auf die Internetseite www.[...].de zu verweisen.“
Des weiteren beschäftigten sich die Richter noch mit der klaren, verbraucherfreundlichen Darstellung solcher Hinweise:
§ 4 Nr. 4 UWG verlangt ferner, die Teilnahmebedingungen für eine Verkaufsförderungsmaßnahme mit der notwendigen Klarheit anzugeben. Das gilt gerade auch für einen Hinweis, der in einem flüchtigen Werbemedium wie dem Fernsehen auf weiterführende Informationen in einem anderen Medium gegeben wird. Der Hinweis muss so gestaltet sein, dass er vom Verbraucher ohne Schwierigkeiten erfasst werden kann. […]
Für die Klarheit kommt es auch auf die grafische Gestaltung des Hinweises und den Kontext an. Der Fernsehzuschauer muss ohne besondere Mühe in der Lage sein, sich die Internetadresse zu merken und gegebenenfalls zu notieren. Es reicht aus, dass der Hinweis nur eingeblendet und nicht auch gesprochen ist […].“
Auch die von dem Unternehmen gestellten Bedingungen zur Rückerstattung des Kaufpreises wurden vom BGH als rechtmäßig und lauter gewertet, da der verständige Durchschnittsverbraucher hiervon weder überrascht noch in seinen Rechten beeinträchtigt werde.
Blähbauch vs Immunsystem
Im gleichen Verfahrensgang wurde übrigens noch über einen anderen TV-Spot des gleichen Produzenten verhandelt, in dem ein Meteorologe für einen (angeblich das Immunsystem anregenden) Joghurt-Drink wirbt.
Dieser Spot wurde ausdrücklich nicht von dem Vorwurf der Intransparenz freigesprochen, da hier der Verweis auf die Website mit den Teilnahmebedingungen weniger auffällig gestaltet worden war; im Ergebnis konnten also sowohl der klagende Wettbewerbsverein, als auch das beklagte Unternehmen einen Teilerfolg verbuchen.
Fazit
Grundsätzlich ist also davon auszugehen, dass 14-Tage-Testaktionen mit Geld-zurück-Garantie wettbewerbsrechtlich zulässig sind, solange sichergestellt ist, dass der einzelne Verbraucher im Falle der Unzufriedenheit tatsächlich sein Geld erstattet bekommt.
Abgesehen davon stellt sich natürlich das Problem der transparenten Kundeninformation; gerade in TV-Spots ist eine umfassende Aufklärung natürlich schwierig. Für diese Werbeform dürfte das vorliegende Urteil eine erhebliche rechtliche Erleichterung darstellen, sofern die oben dargestellten Anforderungen auch tatsächlich erfüllt werden.
Hinweis: Oftmals werden "Geld-zurück-Garantien" auch im Zusammenhang mit dem Argument "Werbung mit Selbstverständlichkeiten" abgemahnt. Online-Händler sollten mit einer "Geld-zurück-Garantie" nur werben, wenn sie zurvor anwaltlich beraten worden sind.
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