„Fachanwaltszentrum“ oder bloße Bürogemeinschaft - irreführende Werbung bei der Bezeichnung von Anwaltskanzleien
Mangels besonderer Größe und kompetenzbegründender Zusammenarbeit führt die Bezeichnung einer aus drei Rechtsanwälten (davon zwei Fachanwälte) bestehenden Bürogemeinschaft als sog. „Fachanwaltszentrum…, Kooperation selbständiger Rechtsanwälte“ zu einer Irreführung im Wettbewerb i.S.v. §§ 3, 5 UWG.
Im konkreten Fall (Urteil des LG Duisburg vom 17.12.2008, Az. 25 O 17/08) eröffneten drei Rechtsanwälte (zwei von ihnen waren Fachanwälte) in gemeinsam gemieteten Büroräumlich-keiten jeweils eine Zweigstelle zu ihren daneben unabhängig voneinander betriebenen Haupt-kanzleien. In dieser Zweigstelle übten sie ihren Beruf nicht gemeinschaftlich aus, sondern als selbstständige Rechtsanwälte in gemeinsam genutzten Kanzleiräumen. Dennoch warben sie im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken auf Kanzleischildern/Folien/Werbung/ Briefbögen/Internetauftritten/Flyern/Visitenkarten/Rundschreiben etc. mit der Bezeichnung „Fach¬anwalts¬zentrum …, Kooperation selbständiger Rechtsanwälte“ und erweckten so den Anschein der gemeinsamen Berufsausübung. Der von einem konkurrierenden Rechtsanwalt hierauf eingereichten Klage wegen Verstoßes gegen das Verbot irreführender Werbung gab das LG Duisburg aufgrund folgender Überlegung statt:
„Die Werbung ist irreführend, weil bei dem Betrachter der falsche Eindruck besonderer Kompetenz aufgrund einer wie immer gearteten Zusammenarbeit von Rechtsanwälten vermittelt wird, zugleich verbunden mit dem vermittelten Eindruck einer besonderen Größe der Kanzlei mit einer Vielzahl von zur Verfügung stehenden Fachanwälten. Denn auch nach heutigem Verständnis weist der Begriff ´Zentrum´ auf die Größe und Bedeutung des Unternehmens hin. (…) Vorliegend fehlt es bei der kleinen Zweigstelle an der erforderlichen Größe. Den Kunden erwartet auch nicht ein ´breites Sortiment´ von Fachanwälten, sondern aus der Vielzahl möglicher Fachanwälte lediglich zwei.“
Nach Ansicht des LG führt aber auch die Verwendung des Begriffs „Kooperation selbstständiger Rechtsanwälte“ zu einer Irreführung potentieller Klienten, da die Zusammenarbeit vorliegend nur darin bestehe, dass sich die Rechtsanwälte die Miete teilen. Schließlich sahen es die Duisburger Richter als erwiesen an, dass durch die verwendeten Werbebezeichnungen der irrige Eindruck einer gemeinsamen Berufsausübung der drei Rechtsanwälte entstehe. Aufgrund der unmittelbaren Nähe zwischen den Kanzleien der streitenden Parteien und aufgrund fehlender anderweitiger Konkurrenz in dem betreffenden Ort stufte das LG die festgestellten Wettbewerbsverstöße auch als erheblich ein und befand die Beklagten wegen irreführender geschäftlicher Handlungen i.S.v. §§ 3, 5 UWG für schuldig.
Fazit
Wird eine von mehreren Personen getragene Unternehmung (z.B. eine Rechtsanwaltskanzlei) als „Fachanwaltszentrum“ oder „Kooperation“ bezeichnet, so ist dafür Sorge zu tragen, dass der mit diesen Ausdrücken vermittelte Eindruck einer besonderen Größe, Kompetenz und Bedeutung der Tätigkeit auch tatsächlich gegeben ist. Anderenfalls wird gegen das Verbot irreführender Werbung verstoßen.
Hinweis: Der vorliegende Beitrag wurde unter Mitwirkung unseres juristischen Mitarbeiters, Herrn Tobias Kuntze, erstellt.
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