OLG München: die Werbung mit „24 Monate Gewährleistung“ ist wettbewerbswidrig
Im Online-Handel wird es aufgrund der stetig steigenden Zahl konkurrierender Anbieter immer wichtiger, die eigenen Produkte nicht nur hinsichtlich ihrer qualitativen Eigenschaften zu bewerben, sondern auch spezielle Vorzüge im Bereich der Kundenbetreuung und im Service anzupreisen. Dabei wird oft auf sogenannte „Selbstverständlichkeiten“ zurückgegriffen, die scheinbare zusätzliche Dienste oder Gefälligkeiten des Anbieters verdeutlichen sollen, sich in Wirklichkeit aber aus allgemein verbindlichen gesetzlichen Regelungen ergeben und somit ohnehin von jedem Online-Händler zwingend zu beachten sind. Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht ist das Werben mit solchen Selbstverständlichkeiten aber nicht selten unzulässig.
Inhaltsverzeichnis
In seiner Entscheidung vom 09.09.2013 statuierte das OLG München nun, dass die die Ausweisung eines Produkts mit der Selbstverständlichkeit „24 Monate Gewährleistung“ auf der Website eines Online-Händlers eine wettbewerbswidrige Handlung darstellt, wenn diese so hervorgehoben wird, dass sie aus Sicht eines durchschnittlichen Verbrauchers als Besonderheit des betreffenden Angebots aufgefasst werden muss.
Gesetzliche Gewährleistung vs. Garantie
Gewährleistungsrechte sind Rechte des Käufers einer Sache oder einer Dienstleistung, die ihm gegenüber dem Verkäufer von Gesetzes wegen zustehen und ihn im Falle der Mangelhaftigkeit der Leistung zur Geltendmachung von Nachlieferungs- oder Nachbesserungsansprüchen oder aber Schadenersatzansprüchen, Rücktritts- oder Minderungsrechten befähigen. Allerdings muss die Mangelhaftigkeit der Sache bereits zum Zeitpunkt der Übergabe an den Käufer bestehen.
Die Gewährleistungsrechte des Käufers, die uneingeschränkt auch im elektronischen Handel Anwendung finden, verjähren gemäß §438 Abs. 1 Nr. 3 BGB grundsätzlich nach 2 Jahren, sodass sich eine 24-monatige Geltendmachung derselben als gesetzliche Selbstverständlichkeit erweist.
Anders verhält es sich dahingegen mit einer Garantie, die keiner gesetzlichen Regelung zugrunde liegt und allenfalls aus einer vertraglichen Vereinbarung hervorgehen kann. Übernimmt ein Händler die Garantie für ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung, so sichert er dem Käufer die uneingeschränkte Funktionsfähigkeit des Kaufgegenstandes für eine bestimmte Zeit zu und verpflichtet sich unabhängig davon, ob ein etwaiger Mangel bereits bei Gefahrübergang vorlag oder erst später aufgetreten ist, zum Schadenersatz. Eine etwaige Garantie stellt somit im Gegensatz zur Gewährleistung keine Selbstverständlichkeit „de lege“ dar.
Die Entscheidung des OLG
Dem OLG lag ein Sachverhalt vor, in dem ein im Online-Handel tätiges Unternehmen gegenüber einem Online-Anbieter elektrotechnischer Güter auf Unterlassung klagte, weil letzterer auf seiner Website hinsichtlich eines bestimmten Produkts nebst der Anführungen „Rechnung mit ausgewiesener Mwst.“ und „Anleitung in Deutsch“ auch mit „24 Monate Gewährleistung“ warb.
Das Gericht sah den Unterlassungsanspruch insofern als begründet an, als es sich bei der Werbung mit einer zweijährigen Gewährleistung um eine gesetzlich festgelegte Selbstverständlichkeit handle, die durch die Kombination mit den zwei weiteren, dem Service des Anbieters entspringenden Modalitäten als eine Besonderheit des Angebots dargestellt würde. Dies erwecke den unzutreffenden Eindruck eines besonders qualifizierten Angebots, das den entsprechenden Online-Händler aufgrund der scheinbaren Besonderheit gegenüber seinen Mitbewerber auszeichne.
Das Gericht sah in der Werbung eine unzulässige geschäftliche Handlung im Sinne des §3 Abs. 3 UWG in Verbindung mit der Nr. 10 des dem Absatz 3 beigefügten gesetzlichen Anhanges, die gemäß §§ 8, 3 Abs. 1 UWG einen Unterlassungsanspruch auszulösen vermag.
Verstoß gegen §5 UWG laut OLG Hamm
Anders begründete das OLG Hamm bereits im Jahr 2008 (Urteil vom 16.12.2008, Az. 4 U 173/08) die im Ergebnis mit dem OLG München übereinstimmende Feststellung, indem es bei der Werbung mit einer Gewährleistung von 24 Monaten einen Verstoß gegen das Irreführungsverbot des Verbrauchers im Sinne des §5 UWG annahm. Insofern gehe der in aller Regel juristisch nicht versierte Verbraucher, dem die Verjährungsvorschriften der verschiedenen Gewährleistungsansprüche im Zweifel fremd sein müssten, von einem besonderen Service des Anbieters aus, durch welchen sich dieser aus Verbrauchersicht von etwaigen Konkurrenten abhebe. In dem fehlenden Verweis darauf, dass dem Verbraucher die jeweiligen Gewährleistungsrechte schon von Gesetzes wegen zustehen, liege eine wettbewerbsrechtliche Irreführung, die zwingend den Schein einer besonderen Qualifikation des werbenden Anbieters hervorrufe.
Fazit
Unabhängig davon, ob die Wettbewerbswidrigkeit der Werbung mit gesetzlich festgelegten Selbstverständlichkeiten wie einer 24-monatigen Gewährleistung auf §3 Abs. 3 UWG und den entsprechenden Gesetzesanhang oder auf §5 UWG zu stützen ist, sollte diese aufgrund des hohen Abmahnungsrisikos dringend vermieden werden.
Insbesondere die Hervorhebung solcher Selbstverständlichkeiten durch etwaige Gestaltungsmerkmale wie Umrahmungen, die Aufführung dieser unter einer eine Besonderheit indizierenden Überschrift (wie z.B. „Highlight“) oder die Auflistung nebst anderen Service-Angeboten führt schnell zur wettbewerbsrechtlichen Unzulässigkeit.
Wird dahingegen ausdrücklich auf die gesetzliche Verankerung der etwaigen Rechte verwiesen, ist der Tatbestand der Wettbewerbswidrigkeit in der Regel nicht erfüllt.
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