Darlehen für Teilnahme am Schneeballsystem sittenwidrig

Darlehen für Teilnahme am Schneeballsystem sittenwidrig

Wer einem anderen ein Darlehen zur Teilnahme an einem sogenannten Schenkkreis gewährt, kann den Darlehensbetrag nicht zurückfordern. Mit dieser Entscheidung des zuständigen Einzelrichters der 10. Zivilkammer des Landgerichts München I wird die bestehende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Sittenwidrigkeit des Schneeballsystems „Schenkkreis” nun auch auf zugrunde liegende Darlehensverträge erweitert.

Schenkkreise sind nach Art einer Pyramide organisiert. Die an der Spitze stehenden Mitglieder des „Empfängerkreises” erhalten von ihnen nachgeordneten „Geberkreisen” bestimmte Geldbeträge „geschenkt”. Darauf scheiden die „Beschenkten” aus dem „Spiel” aus; an ihre Stelle treten die Mitglieder der nächsten Ebene, die nunmehr die Empfängerposition einnehmen. Es gilt dann, genügend Teilnehmer für neu zu bildende Geberkreise zu finden, die bereit sind, den festgelegten Betrag an die in den Empfängerkreis aufgerückten Personen zu zahlen. Die Anwerbung ist Sache der auf der untersten Reihe verbliebenen „Mitspieler”. Bei Schenkkreisen handelt es sich somit um Schneeballsysteme. Diese sind darauf angelegt, den ersten „Mitspielern” einen sicheren Gewinn zu verschaffen, während die große Masse der späteren Teilnehmer keine Chance auf einen Gewinn hat und ihren „Einsatz” verliert; denn in absehbarer Zeit kann die für das Aufrücken der – größer werdenden – Zahl von „Gebern” in den Empfängerkreis notwendige, immer größer werdende Zahl von „Schenkern” nicht mehr gewonnen werden.

In dem entschiedenen Fall hatte die Klägerin der Beklagten ein Darlehen von 5.000,- Euro gewährt, damit diese an einem derartigen Schenkkreis teilnehmen konnte. Die Klägerin selbst nahm auch mit 5.000,- Euro an dem Schenkkreis teil. Mit den 10.000,- Euro wurde eine Bekannte der Beklagten „ausgelöst” und Klägerin und Beklagte nahmen die Position der Bekannten in dem Schenkkreis ein. Durch die Aufteilung auf zwei Personen sollte es einfacher werden, weitere Personen zur Teilnahme zu bewegen.

Es kam wie fast immer in diesen Fällen: Klägerin und Beklagte erhielten keinerlei Gelder, da der Schenkkreis vorher mangels neuer Teilnehmer zusammenbrach. Die Klägerin forderte nun von der Beklagten den Darlehensbetrag von 5.000,- Euro vor dem Landgericht zurück. Der Richter stellte jedoch fest, dass der Darlehensvertrag sittenwidrig und damit nichtig ist. Bereits der Bundesgerichtshof hatte festgestellt, dass die einem Schenkkreis zugrunde liegende Spielvereinbarung sittenwidrig und damit nichtig ist. Dieser Makel der Sittenwidrigkeit erfasst auch die Darlehensvereinbarung. Die Sittenwidrigkeit des Darlehensvertrags kann nicht losgelöst von seinem Zweck beurteilt werden, sondern nur im Licht des damit Bezweckten.

Die Klägerin kann ihr Geld nicht zurückverlangen, da sie selbst auch sittenwidrig handelte. Hierzu führt das Urteil aus: „Das staatliche Rechtssystem stellt sich nicht zur Rückabwicklung sittenwidriger Geschäfte zur Verfügung. Wer sich auf solche einlässt, tut dies auf eigenes Risiko.” Bei einem Scheitern müsse es daher bei dem Status quo verbleiben.

Und weiter: „Die ausgeschlossene Rückforderung eines solchen Darlehens stellt für die Initiatoren von Schenkkreisen keinen Anreiz zum Weitermachen dar. Im Gegenteil führt ein Ausschluss der Rückforderung dazu, dass sich ein potentieller Darlehensgeber, der von dieser Folge weiß, kaum bereit finden wird, ein Darlehen zu einem solchen – sittenwidrigen – Zweck auszureichen, da er das Risiko trägt, das Darlehen nicht gerichtlich zurückfordern zu können. Damit wird die Förderung der Teilnahme an Schenkkreisen erschwert.”

Quelle: Pressemitteilung des Landgericht München I

Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .


Link kopieren

Als PDF exportieren

Drucken

|

Per E-Mail verschicken

Zum Facebook-Account der Kanzlei

Zum Instagram-Account der Kanzlei

0 Kommentare

Beiträge zum Thema

Schutzpaket Arbeitsrecht: Rechtssicherheit für Arbeitgeber
(24.04.2025, 09:59 Uhr)
Schutzpaket Arbeitsrecht: Rechtssicherheit für Arbeitgeber
Ab sofort: Professionelle Rechtstexte für Kaufland.fr und Kaufland.it
(11.04.2025, 12:22 Uhr)
Ab sofort: Professionelle Rechtstexte für Kaufland.fr und Kaufland.it
Kostenlose Barrierefreiheits-Prüfung
(27.03.2025, 11:10 Uhr)
Kostenlose Barrierefreiheits-Prüfung
Professionelle Rechtstexte für Software-as-a-Service
(17.03.2025, 11:03 Uhr)
Professionelle Rechtstexte für Software-as-a-Service
Barrierefreiheitserklärung für Shops
(12.03.2025, 15:42 Uhr)
Barrierefreiheitserklärung für Shops
Ab sofort: Cookie-Tool mit rechtlichem Scan-Service
(11.03.2025, 16:09 Uhr)
Ab sofort: Cookie-Tool mit rechtlichem Scan-Service
Kommentar
verfassen
Ihre Meinung zu unserem Beitrag.
* mit Sternchen gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder
Vielen Dank für Ihren Kommentar

Wir werden diesen nach einer kurzen Prüfung
so schnell wie möglich freigeben.

Ihre IT-Recht Kanzlei
Vielen Dank!

Ihr Kommentar konnte nicht gespeichert werden!

Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal.

Ihre IT-Recht Kanzlei
Vielen Dank!

Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie uns:
IT-Recht Kanzlei
Kanzlei Keller-Stoltenhoff, Keller
Alter Messeplatz 2
Tel.: +49 (0)89 / 130 1433-0
Fax: +49 (0)89 / 130 1433-60
E-Mail: info@it-recht-kanzlei.de
© 2004-2025 · IT-Recht Kanzlei