Die Privatkopie nach der Urheberrechtsnovelle

Die Privatkopie nach der Urheberrechtsnovelle
16.01.2008 | Lesezeit: 7 min

Auf Grund des am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen "Zweiten Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft" (so genannter zweiter Korb) sind Privatkopien weiter eingeschränkt worden. Die Verunsicherung bei den Nutzern ist groß und entsprechend häufig wird die IT-Recht-Kanzei um Rat gebeten. Aufklärung über die Zulässigkeit der Privatkopie ist daher erforderlich und soll im Folgenden geboten werden.

I. Was ist eine Privatkopie?

Das Recht auf Privatkopie ist eine Bestimmung im Rahmen des urheberrechtlichen Kanons der Schranken des Urheberrechts. Gemäß § 53 Abs.1 UrhG wird das Zustimmungsrecht des Urhebers für Vervielfältigungen zum privaten Gebrauch durch eine gesetzliche Lizenz gedeckt.

II. Voraussetzung für das Recht auf Privatkopie

Die Privatkopie ist nur zulässig für den eigenen Gebrauch und für den Gebrauch im Familien und im Freundeskreis und nur durch natürliche Personen (also nicht durch Unternehmen). Für die Herstellung der Kopie darf kein Gewinn erzielt werden. Es ist aber zulässig, die Erstattung der Herstellungskosten (Materialkosten) zu verlangen. Es sind nur einige wenige Kopien erlaubt. In der Praxis hat sich eine Obergrenze bis zu sieben Kopien eingespielt. Eine Privatkopie darf sowohl mit analogen als auch mit digitalen Mitteln angefertigt werden. Nur bei der Herstellung durch Dritte ist zu beachten, dass diese unentgeltlich oder in einem reprografischen Verfahren (Scannen, analoges Kopieren, Plotten), also in einem nicht digitalen Verfahren erfolgen muss.
Beispiel
Es ist erlaubt, die Kopie eines Textes für den Privatgebrauch durch einen Copyshop machen zu lassen und hierfür eine Kopiergebühr zu bezahlen.

Beispiel für eine Privatkopie

  • Überspielen von Schallplatten oder CDs zum eigenen Gebrauch oder für Freunde oder Familienmitglieder.
  • Mitschnitt einer Radio- oder Fernsehsendung zum eigenen Gebrauch, für Freunde oder für  Familienmitglieder, anzusehen mit dem Videorekorder oder dem Kassettenrekorder.
  • Kopie einer CD auf einen Computer, um sie dort zu hören.
  • Kopie einer CD auf dem MP3-Player, um sie im Auto zu hören.
  • Fotokopie von Stellen aus einem Buch, zur Diskussion in der Familie oder unter Freunden.
  • Kopieren von Zeitungsartikeln für ein privates Archiv.
  • Abschrift eines Gedichtes aus einem Buch zum eigenen Gebrauch oder für Freunde oder Familienmitglieder.

Für Computerprogramme im Sinne des § 69a UrhG oder Spiele besteht das Recht auf Privatkopie nicht. Bei Computerprogrammen ist gemäß § 69d Abs. 2 UrhG lediglich eine Sicherungskopie erlaubt. Diese darf nur durch die Person, die zur Benutzung des Programms berechtigt ist, erstellt werden und muss für die Sicherung einer zukünftigen Benutzung erforderlich sein.

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III. Keine Privatkopie bei offensichtlich rechtswidrig hergestellter oder öffentlich zugänglich gemachter Vorlage

Auf Grund des am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen "Zweiten Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft" (so genannter zweiter Korb) sind Privatkopien nicht nur wie bisher von „rechtswidrig hergestellten Vorlagen" sondern nun auch bei „offensichtlich rechtswidrig öffentlich zugänglich gemachten Vorlagen" verboten.

Die Verschärfung der bisherigen Regelung schien notwendig, da z.B. Nutzer einer Tauschbörse sich immer darauf hinausreden konnten, dass es für sie beim Herunterladen der Kopie nicht ersichtlich gewesen war, dass die Vorlage rechtswidrig hergestellt worden ist. Nun kommt es darauf an, dass es für den Nutzer erkennbar ist, dass die Vorlage kein legales und von den Rechteinhabern autorisiertes Angebot im Internet darstellt, das öffentlich zugänglich gemacht wird. Dies trifft auf jeden Fall auf Tauschbörsen zu. Hier dürfte sich selbst in Schülerkreisen herumgesprochen haben, dass diese kein legales Angebot der Musikindustrie darstellen und die dort angebotenen Stücke somit aus offensichtlich rechtswidrigen Quellen stammen. Wenn für den Nutzer einer Peer-to-Peer-Tauschbörse also offensichtlich ist, dass es sich bei dem angebotenen Film oder Musikstück um ein rechtswidriges Angebot im Internet handelt – z. B. weil klar ist, dass kein privater Internetnutzer die Rechte zum Angebot eines aktuellen Kinofilms im Internet besitzt –, darf er keine Privatkopie davon herstellen. Kann er aber berechtigter Weise davon ausgehen, dass die Quelle rechtmäßig ist (in dem er zum Beispiel eine angemessene Gebühr bezahlt), muss er keine weiteren Untersuchungen anstellen, da die Rechtswidrigkeit nicht offensichtlich ist.

IV. Umgehung technischer Schutzmaßnahmen ist unzulässig

Verhindert der Rechteinhaber die Erstellung einer Kopie mit einer wirksamen technischen Schutzmaßnahme (Kopierschutz), ist es gemäß §§ 95a ff. UrhG unzulässig, diesen zu umgehen. Damit dürfen Medien mit Kopierschutz nicht kopiert werden. Diese Bestimmungen werden häufig kritisiert, da sie die vom Gesetzgeber gewollten Schranken des Urheberrechts faktisch aushebeln. Auch ist die Herstellung, Überlassung und Werbung mit Umgehungsinstrumenten verboten. Dies trifft aber nicht auf den privaten Besitz von „Hackersoftware“ zu.

Der Besitzer eines „funktionsreichen“ Brennerprogramms kann dieses weiterhin nutzen, um Privatkopien von nicht kopiergeschützten CDs zu machen, nicht aber, um einen Kopierschutz zu umgehen.

1. Wann liegt eine wirksame technische Schutzmaßnahme vor?

Technische Maßnahmen sind nach § 95a Abs. 2 UrhG Technologien, Vorrichtungen und Bestandteile, die im normalen Betrieb dazu bestimmt sind, geschützte Werke oder andere nach diesem Gesetz geschützte Gegenstände betreffende Handlungen, die vom Rechtsinhaber nicht genehmigt sind, zu verhindern oder einzuschränken. Voraussetzung für das Verbot nach § 95a UrhG ist, dass die technische Maßnahme auch wirklich wirksam ist und die Nutzung eines urheberrechtlich geschützten Werkes etwa durch ein DRM-System tatsächlich technisch kontrolliert wird. Wenn aber z.B. ein CD- oder ein DVD-Brenner den Kopierschutz gar nicht erkennt und deshalb eine Kopie brennt, dann ist der Kopierschutz insoweit nicht wirksam und wird deswegen auch nicht umgangen. Dasselbe gilt, wenn ein Kopierschutz nur auf bestimmten Betriebssystemen (z.B. Windows-PC) funktioniert, auf anderen (z.B. Macintosh, Linux) aber nicht.

Auch stellt der bloße Hinweis auf einer CD oder DVD "Diese CD / DVD ist kopiergeschützt" keinen technisch wirksamen Kopierschutz dar. Eine Privatkopie bleibt möglich.

2. Kennzeichnungsverpflichtung

Der Käufer einer CD hat Anspruch darauf zu erfahren, dass das Medium mit einem Kopierschutz versehen ist. § 95d Abs. 1 UrhG sieht daher vor, dass bei Werken und anderen Schutzgegenständen – also z.B. Audio-CDs – die mit technischen Schutzmechanismen geschützt werden, deutlich sichtbare Angaben über die Eigenschaften der technischen Maßnahmen erfolgen müssen. Falls dies nicht geschieht, liegt ein Mangel der Kaufsache vor. Das heißt der Käufer hat die gesetzlichen Mängelansprüche (Gewährleistungsansprüche) auf Nacherfüllung, Rücktritt oder Minderung und Schadenersatz.

3. Schranken der Schutzbestimmung

Eine Schranke findet diese Schutzbestimmung des § 95a UrhG in § 95b UrhG. Hier wird der Rechteinhaber verpflichtet, z.B. für Zwecke des schulischen Gebrauchs oder der behindertengerechten Nutzung den besonders Berechtigten die technischen Mittel zur Verfügung zu stellen, um den Kopierschutz zu umgehen. Für private Nutzer gilt dieses Privileg nur, soweit es sich um Vervielfältigungen auf Papier oder einen ähnlichen Träger mittels beliebiger photomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung handelt, nicht aber für digitale Kopien.
Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung stellt nach § 111a Abs. 1 Nr. 2 UrhG eine Ordnungswidrigkeit dar.

4. Folgen der Kopierschutzumgehung

Wird der Kopierschutz umgangen, ist gemäß § 108b Abs. 1 UrhG eine Strafbarkeit ausgeschlossen, wenn die Tat ausschließlich zum eigenen privaten Gebrauch des Täters oder mit dem Täter persönlich verbundener Personen erfolgt oder sich auf einen derartigen Gebrauch bezieht. Dies berührt aber nicht den zivilrechtlich Anspruch des Rechteinhabers auf Unterlassung und deren Durchsetzung durch z.B. teuere Abmahnverfahren mit Streitwerten nicht unter 5000 Euro.

V. Vergütung

Der Urheber hat einen Vergütungsanspruch, der allerdings aus Gründen der kaum durchführbaren Kontrolle der privaten Haushalte und Erfassung der einzelnen Vervielfältigungshandlungen und der Gefahr der Zerstörung der Privatsphäre in einer Urheberabgabe besteht, die Hersteller von Vervielfältigungsgeräten zu leisten haben. So sind gemäß § 54 UrhG u.a. von Herstellern und Importeuren Abgaben auf Tonbandgeräte, Kassetten- und Videorecorder, CD- und DVD-Brenner, MP3-Aufnahmegeräte, bespielbare CDs, DVDs und Memory-Sticks zu zahlen. Verwaltet und verteilt werden die Einnahmen von den Verwertungsgesellschaften GEMA, der VG Wort und der VG Bild-Kunst.

Auf Grund der Novellierung (2. Korb) des Urheberrechts gilt ab dem 01.01.2008, dass der Gesetzgeber darauf verzichtet, die Höhe der Pauschalvergütung festzulegen. Die Vergütung soll von den Parteien selbst festgelegt werden. Dabei soll gemäß § 54a Abs. 4 S. 2 UrhG berücksichtigt werden, ob eine technische Schutzmaßnahme die Erstellung einer Privatkopie verhindert. Diese Selbstregulierung des Vergütungssystems wird vom Bundesjustizministerium überwacht.

VI. Fazit

Die Privatkopie bleibt weiter möglich. Sie ist aber unzulässig, wenn sie aus einer rechtswidrig hergestellten Vorlage oder aus einer offensichtlich rechtswidrig öffentlich zugänglich gemachten Vorlage aus dem Internet stammt.

Die Überwindung eines technischen Kopierschutzes ist zivilrechtlich verboten.

(Auszüge des Textes wurden auch veröffentlicht im IT-Rechts-Lexikon 2010)

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .

Bildquelle:
Illustration Marcus Stark / PIXELIO

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1 Kommentar

V
VFMalti 03.04.2014, 00:43 Uhr
Privatkopie von analogen Inhalten im digitalen Zeitalter
Sehr interessanter Artikel! Was passiert aber, wenn man z.B. alte Filme auf VHS besitzt, die entweder gekauft wurden oder Mitschnitte aus TV-Sendungen enthalten und man diese bei einem Dienstleister auf DVD konvertieren lässt, um sie auch auf dem Computer anzuschauen. Vhs-Player sterben ja aus und irgendwie möchte man diese analogen Inhalte im digitalen Zeitalter weiterhin geniessen. Dafür gibt es gewisse Dienstleister. So ein Dienstleister nimmt eine gewisse Gebühr für die Übertragung und zwar unabhängig vom Inhalt. Das bedeutet, ob sich auf der VHS-Kassette nun die eigenen Urlaubsaufnahmen oder alte Spielfilme befinden macht für diesen gewerblichen Dienstleister preislich keinen Unterschied. Mit Sicherheit auch ein Gewinn erzielt, denn kein Dienstleister würde sonst solche einen Digitalisierungsdienstanbieten können. Die Frage ist nun, ob man so einen Dienstleister beauftragen darf, ohne sich selbst oder den Dienstleister in Schwierigkeiten zu kommen.
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