„VORSICHT!!!! Beide Steuergeräte defekt Vorsicht lieber woanders kaufen!!!!!!“ – als Negativbewertung unzulässig.

„VORSICHT!!!! Beide Steuergeräte defekt Vorsicht lieber woanders kaufen!!!!!!“ – als Negativbewertung unzulässig.
von Florian Decker
Stand: 16.01.2013 5 min 3

Das Amtsgericht Bonn hatte sich in seinem vorgenannten Urteil mit der im Titel genannten Bewertungszeile, verbunden mit einem negativen Bewertungspunkt zu befassen.

Der dort bewertende und auf Löschung der Bewertung in Anspruch genommene Beklagte hatte zwei Steuergeräte von der Klägerin erworben. Ohne sich zwischenzeitlich mit dieser in Verbindung zu setzen, bewertete er dann im eBay-Forum wie aus der Titelzeile ersichtlich.

Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass es insofern unerheblich sei, ob nun ein Defekt an den Steuergeräten vorliege oder nicht. Sie gab an, Mängelgewährleistungsansprüche niemals zurückgewiesen und daher diese Bewertung nicht verdient zu haben. Der Beklagte habe ihr gar keine Gelegenheit gegeben, das Problem zu beheben, sie vor Abgabe der Bewertung gar nicht über ein etwa bestehendes Problem informiert. Außerdem enthalte die Bewertung Schmähkritik, da ihr als Klägerin hier unseriöses Handeln vorgeworfen würde.

Der Beklagte war der Auffassung, dass die Steuergeräte defekt und daher seine Bewertung wahr und unangreifbar seien. Eine Pflicht, die Klägerin vor der Bewertung zu kontaktieren, habe er nicht.

Das Gericht gab der Klage statt. Dies geschah nun aber nicht allein aufgrund des Umstandes, dass der Beklagte ohne vorherige Rüge negativ bewertet hatte, sondern mit der Begründung, dass der Beklagte sich nicht darauf beschränkt hatte, die Tatsache mitzuteilen, dass die Steuergeräte defekt seien und er vielmehr seine Äußerungen in einer Weise ergänzt habe, die den Löschungsanspruch begründen könnten. Die Bewertung sei nämlich geeignet, ein falsches Bild von den Leistungen der Klägerin entstehen zu lassen und Kundschaft aufgrund von Fehlschlüssen davon abzuhalten, bei der Klägerin zu kaufen. Es konnte nach Ansicht des Gerichts daher dahinstehen, ob die Steuergeräte nun tatsächlich defekt waren oder nicht. Diese Frage wurde überhaupt nicht näher geprüft. Die Bewertung war hier also zu löschen, weil der Beklagte dem Kunden riet „lieber woanders“ zu kaufen und auch mit dem Ausruf „Vorsicht“ warnte. Er hat also zur „Vertragstreue der Klägerin“ eine negative Aussage getroffen. Dritte, die diese Bewertung lesen, fühlen sich also vor dem Geschäftsgebaren der Klägerin gewarnt und nicht davor, dass in dem konkreten Fall defekte Steuergeräte geliefert wurden. Dies allein erkläre für einen Dritten die Schärfe der Beurteilung nicht.

Das Gericht schließt in seiner Begründung nicht aus, dass man über Defekte an Waren in Bewertungen Aussagen treffen darf, ohne vorher mit dem Verkäufer verhandelt zu haben. Allerdings dürfe man dies dann nur in einer sehr sachlichen und grundlegenden Art und Weise tun und dies nicht mit Wertungen zum Verhalten des Verkäufers verbinden, die für diesen nachteilig wären. Wolle man den Verkäufer wegen des Defekts angreifen, müsse man ihm schon vorab Gelegenheit geben (dies sei ein „Gebot der Fairness“) einen begangenen „Fehler wieder gut zu machen“. Es sei jedem Laien ohne Weiteres ersichtlich, dass er in einer Situation, in der er dem Verkäufer keine Gelegenheit hierzu gegeben hatte, bei seinen Bewertungen jedenfalls starke Rücksicht üben müsse.

Das Urteil ist derzeit noch nicht rechtskräftig (Stand:15.01.2013).

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Anmerkung des Autors zur Entscheidung

Das Gericht hat hier den „richtigen Weg“ beschritten, um den Verkäufern auf eBay wieder ein Stück Fairness zurück zu geben. Mancher Käufer nutzt die ihm von Seiten des Plattformbetreibers belassene Freiheit in unfairer Weise zum Nachteil des Verkäufers aus. Die Gerichte müssen hierzu immer wieder angerufen werden, um dann Klarheit und Fairness zurück zu bringen. Den Schaden, den solche unfairen Bewertungen allerdings auslösen (im Falle eines Verfahrens sind diese immer mehrere Monate online zu sehen) kann allein die Löschung aber nicht beseitigen. Ob Schadensersatz verlangt werden kann, steht „auf dem viel beschriebenen anderen Blatt“. Daher ist es erfreulich und allgemein wünschenswert, dass Gerichte wie das Vorliegende auch einmal in der Tat die Perspektive des Verkäufers würdigen und auch das Gebot der Sachlichkeit und Fairness in ihrer Beurteilung hereinnehmen, wie es schon im § 6 der eBay AGB zu den Regelungen bei Bewertungen vorgesehen ist.

Dies hat das AG Bonn hier in einem Fall getan, der so oder in ähnlicher Form immer wieder vorkommt. Der Kunde ärgert sich über den Verkäufer oder das Produkt und „rügt“ einen bestehenden, vermeintlichen oder auch nur gedachten Mangel nicht auf dem vorgesehenen Weg (nämlich als Aufforderungen zur Nacherfüllung ggü. dem Verkäufer) sondern gleich im Rahmen einer negativen Bewertung. Oft ist dem Kunden dabei nicht bewusst, wie viel Schaden er dem Verkäufer damit zufügen kann, ohne dass dieser Gelegenheit hatte diese Situation zu vermeiden.

Zwar wäre aus Sicht des Verfassers hier nun eine etwas weitergehende Entscheidung wünschenswert gewesen, nämlich dahingehend, dass es im Grunde einem Verbraucher der einen Verkäufer wegen eines Produktfehlers negativ bewerten will, insgesamt untersagt sein sollte, dies zu tun, ohne dass er vorher versucht hat, seine vermeintlichen Mängelansprüche einmal gegenüber dem Verkäufer geltend gemacht hat. Unabhängig von der Frage, ob er sich nun ausreichend zurückhaltend bei der Wortwahl seiner Bewertung gezeigt hat, richtet den wahren Schaden nämlich der negative Bewertungspunkt (roter Punkt links neben der Bewertung) an. Dieser ist rechnerisch für die Verkäuferzufriedenheitsprozentzahl auf eBay und auch für sonstige Einstufungen des Verkäufers in der internen eBay-Wertung verantwortlich. Aber auch wenn er sich zurückhaltend im Text äußert ist allein mit der Wahl eines „roten Bewertungspunktes“ schon ein Verdikt verbunden, was die Verkäuferperformance negativ darstellt. Die Zurückhaltung im Sinne der Fairness, wie das AG Bonn sie geboten sah, wäre also nur dann gewahrt, wenn der Kunde zwar über seine Probleme berichtet, dies aber in sachlicher Sprache und ohne negativen oder neutralen Bewertungspunkt tut. So sieht dies offensichtlich auch eBay, was den allgemeinen Aussagen auf den Hilfeseiten zu entnehmen ist.

Das Amtsgericht Bonn bietet somit allerdings sehr wohl eine Grundlage in Zukunft dahingehend zu argumentieren, dass das Gebot der Zurückhaltung im Rahmen der Fairness sich hier auch auf die Auswahl zwischen dem grünen, dem grauen und dem roten Bewertungspunkt erstrecken muss. Auf eine entsprechende Entwicklung in der Rechtsprechung darf man hoffen.

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3 Kommentare

Z
Zufriedenheit per Gericht 16.12.2013, 12:08 Uhr
fragwürdige Urteile
wenn man ein negatives Kauferlebnis hat, dann sollte man dies auch kundtun dürfen.
Sonst sind Bewertungen unsinnig.
Immerhin hat man den Ärger, wenn ein Verkäufer wissentlich oder nicht die Ware falsch beschreibt. So oder so. als wenn das Gemaile das negative Kauferlebnis aufheben würde.
Die Verkäufer sollten vorher schauen, was sie verkaufen.
Deutsche Gerichte sind nicht mehr vertrauenswürdig oder am Bürger orientiert.
Der Bewertung entnimmt man, dass man etwas Defektes erhalten hat, wer will das schon erleben?!
Auf Ebay tummeln sich die schwarzen Schafe, die genau wissen, welche Macken die Ware hat und diese als mängelfrei anpreisen: grauenvoll!!
Das Beste ist: häufig sagt man nichts, bleibt auf dem Schaden sitzen und dann verbietet einem das Gericht noch die Meinung!

EBAY NEIN DANKE kann man da nur sagen.
G
Gast 09.02.2013, 12:45 Uhr
Ein Einzelfall und wird es wohl auch bleiben !
Leider wird diese Entscheidung wohl ein Einzelfall bleiben. Ich habe es selbst erlebt, das ein Käufer gekaufte Ware nicht bezahlt hat, anschließend Negativ bewertet und im Kommentar Schreibt: "Ware vollständig bezahlt und nie erhalten."

Die Löschung dieser Bewertung wurde vom Gericht verweigert, denn es handele sich um eine Meinungsäußerung. Die Staatsanwaltschaft welche über diese geschäftsschädigende üble Nachrede zu entscheiden hatte machte mir unmissverständlich deutlich das ich mit entsprechenden Reaktionen der Gegenseite rechnen müsste sofern ich auf eine Verfolgung bestehe.

Nun die Auflösung über den Lumpen der Gegenseite: es handelt sich um einen Amtsgerichtsdirektor a.D. somit um einen Persilscheininhaber. Bei der Staatsanwaltschaft, welche zu entscheiden hatte, ist seine Gattin als Leitende Staatsanwältin tätig. Ein Schelm wer dabei Böses denkt.
J
Japped 08.02.2013, 20:35 Uhr
Endlich....
Dieses Urteil mag, und das hoffen sicherlich zahlreiche Verkäufer, der Bewertungswillkür so mancher Bewertungsrambos endlich Einhalt gebieten, die sich schamlos hinter dem breiten Rücken eines taten- und interessenlosen Supports verstecken und auf die geringe Widerstandsbereitschaft besonders privater Verkäufer zählen. Möge es Anlass sein, dass sich in solcher Form bewertete Verkäufer nun vermehrt gegen ungerechtfertigte Bewertungen erfolgreich wehren können. Viele Bewertungen sind von der Qualität einer üblen Kneipenpöbelei und nachhaltig schädlich für den Betroffenen, doch wie oft - eigentlich generell - wird vom Support eine berechtigten Beschwerde abgewiesen, und wie oft endet ein Einspruch an diesem Punkt, weil der Bewertete weder das Risiko einer abgewiesenen Klage, noch das damit verbundene finanzielle Risiko scheut für einen Artikel, der eher im Bereich eines Taschengelds liegt und Gerichte in solchen Fällen aufgrund mangelnder Präzedenzfälle bislang nahezu unberechenbar in ihrer Urteilsfindung waren?

Da dieses Urteil gerade in meinem aktuell laufenden Fall von unschätzbarem Wert ist, danke ich für die Veröffentlichung. Ich danke weiterhin den beteiligten Anwälten, die mit ihrer klugen und überzeugenden Argumentation ihren Vortrag so einbrachten, dass der Richter dieses Urteil in dieser Form fällen konnte. Und ich danke dem Richter für diese Entscheidung, der endlich den Missstand bei eBay-Bewertungen richtig erkennt und mit diesem Urteil den zu unrecht negativ bewerteten (Gelegenheits-)Verkäufern den Rücken stärkt.

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