Jugendmedienschutz-Staatsvertrag 2011 (JMStV): 99 % der Online-Händler können die geplanten Neuregelungen komplett ignorieren!
Ab dem 01. Januar 2011 wird voraussichtlich eine überarbeitete Version des Jugendmedienstaatsvertrages (JMStV) gelten, welche einige Änderungen mit sich bringt, wie etwa die Einführung einer freiwilligen Alterskennzeichnung von Inhalten im Internet. Für Online-Händler ändert sich jedoch nichts – solange diese keine entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalte auf ihren Präsenzen darstellen. Informieren Sie sich und lesen Sie den nachfolgenden Beitrag der IT-Recht Kanzlei.
Inhaltsverzeichnis
- I. Was ist Zweck des JMStV?
- II. Was war Anlass für die Überarbeitung des JMStV?
- III. Sind Online-Händler von den Neuregelungen des JMStV betroffen?
- IV. Wird es denn eine Klassifizierung von Webseiten-Inhalten nach Altersstufen geben?
- V. Müssen Online-Händler ihre gewerblichen Internetpräsenzen (z.B. Online-Shop, eBay, Amazon etc,) klassifizieren bzw. kennzeichnen?
- VI. Welche Online-Händler betrifft die freiwillige Kennzeichnungspflicht überhaupt?
- VII. Was sind beeinträchtigende Angebote i.S.v. § 5 Abs. 1 JMStV?
- VIII. Beispiele für entwicklungsbeeinträchtigende Angebote
- Fazit
I. Was ist Zweck des JMStV?
Zweck des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags ist nach dessen § 1 der einheitliche Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien (d.h. Rundfunk und Telemedien, vgl. § 2 Abs. 1 JMStV), die deren Entwicklung und Erziehung beeinträchtigen oder gefährden, sowie der Schutz vor solchen Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien, die die Menschenwürde oder sonstige durch das Strafgesetzbuch geschützte Rechtsgüter verletzen.
II. Was war Anlass für die Überarbeitung des JMStV?
Anlass für die Überarbeitung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages war zum einen die Protokollerklärung der Länder zur Evaluierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages aus dem Jahr 2002, auf deren Grundlage das Hans-Bredow-Institut für Medienforschung an der Universität Hamburg einen Evaluierungsbericht erstellt hat. Zum anderen trägt die Novellierung dem auf den Amoklauf von Winnenden und Wendlingen zurückgehenden entsprechenden Auftrag der Ministerpräsidentenkonferenz vom 4. Juni 2009 Rechnung. Die Novellierung des Jugendmedienschutz- Staatsvertrages führt dem Evaluierungsergebnis folgend zu einer Weiterentwicklung und Stärkung des Systems der regulierten Selbstregulierung, auf dem der Jugend-medienschutz-Staatsvertrag seit seiner Verabschiedung basiert.
Zudem werden die Regelungsansätze des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages und des Jugend-schutzgesetzes des Bundes, in dessen Regelungsbereich die Trägermedien fallen, weiter vereinheitlicht, um der fortschreitenden Medienkonvergenz Rechnung zu tragen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die neue Möglichkeit der Alterskennzeichnung für online-vertriebene Computerspiele zu erwähnen. Ferner werden durch den novellierten Jugendmedienschutz-Staatsvertrag durch konkretisierte gesetzliche Vorgaben neue Impulse für die Entwicklung und Verbreitung von Jugendschutzprogrammen gesetzt, um den Personen mit Erziehungsverantwortung baldmöglichst ein Instrument zum Schutz ihrer Kinder im Internet zur Verfügung zu stellen. Durch die Möglichkeit der Alterskennzeichnung werden die Handlungsoptionen der Anbieter zur Erfüllung ihrer jugendschutzrechtlichen Verpflichtungen erweitert. (Quelle: Begründung zum Vierzehnten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge).
III. Sind Online-Händler von den Neuregelungen des JMStV betroffen?
Nein, so gut wie nicht! Nur Online-Händler, die entwicklungsbeeinträchtigende oder jugendgefährdende Inhalte verkaufen (etwa Pornographie), haben fortan in ihrem Impressum einen Jugendschutzbeauftragen zu nennen (und sind natürlich schon nach bisher geltender Rechtslage zum Einsatz eines wirksamen Altersverifikationssystems verpflichtet).
IV. Wird es denn eine Klassifizierung von Webseiten-Inhalten nach Altersstufen geben?
Ja, wenn der neugefasste JMStV tatsächlich in Kraft treten sollte - aber eine Freiwillige!
Wesentliche Neuerung der Novellierung wird die Einführung einer freiwilligen Alterskennzeichnung von Internetangeboten sein. Bislang ist eine Alterskennzeichnung lediglich für Trägermedien im Jugendschutzgesetz vorgesehen. Die Novellierung legt die Altersstufen des Jugendschutzgesetzes zu Grunde. Beabsichtigt ist die Etablierung eines alle elektronischen Medien einschließendes Alterskennzeichnungssystem.
Dementsprechend heißt es in § 5 I JMStV-E, der die Anforderungen an die Verbreitung und das Zugänglichmachen von entwicklungsbeeinträchtigenden bzw. erziehungsbeeinträchtigenden Angeboten regelt::
„Sofern Anbieter Angebote, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, verbreiten oder zugänglich machen, haben sie dafür Sorge zu tragen, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufen sie üblicherweise nicht wahrnehmen. Die Altersstufen sind:
1. ab 6 Jahren,
2. ab 12 Jahren,
3. ab 16 Jahren,
4. ab 18 Jahren.
Die Altersstufe ab 0 Jahre kommt für offensichtlich nicht entwicklungsbeeinträchtigende Angebote in Betracht. (…)"
Welcher Inhalt dabei wie einzustufen ist ergibt sich nicht aus dem JMStV. Die anzulegenden Maßstäbe sind nicht festgelegt und noch nicht abschließend geklärt.
Aber wichtig:
- Die Kennzeichnung ist nicht zwingend vorgeschrieben (vgl. hierzu § 5 II JMStV-E → "können")!
- Durch die Novellierung des JMStV werden die jugendmedienschutzrechtlichen Verpflichtungen für Anbieter nicht erweitert (vgl. Gesetzesbegründung )!
V. Müssen Online-Händler ihre gewerblichen Internetpräsenzen (z.B. Online-Shop, eBay, Amazon etc,) klassifizieren bzw. kennzeichnen?
Nein! Nach § 5 II JMStV „können“ die Angebote gekennzeichnet werden, müssen aber nicht! Die Kennzeichnung ist demnach nicht verpflichtend, sondern freiwillig. Online-Händler sind keineswegs gehalten, ihre gewerblichen Internetpräsenzen (als solche) in jugendschutzrechtlicher Hinsicht zu kennzeichnen.
VI. Welche Online-Händler betrifft die freiwillige Kennzeichnungspflicht überhaupt?
Nur diejenigen, die auf ihren gewerblichen Internetpräsenzen
- Inhalte darstellen, die nur für Nutzer ab 12 Jahren geeignet sind und nicht von Inhalten, die für jüngere Kinder bestimmt sind, getrennt gehalten werden
- (entwicklungsbeeinträchtigende) Inhalte darstellen, die nur für Nutzer ab 16 oder 18 Jahren geeignet sind.
Daher: Händler, die entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte (also im wesentlichen Pornographie, Gewaltverherrlichung) anbieten, können (müssen aber nicht) ihre Angebote kennzeichnen. Viel wichtiger: Solche Händler sind bereits nach geltender Rechtslage verpflichtet dafür Sorge zu tragen, dass ihre Shops nur von Erwachsenen betrachtet werden können – durch den Einsatz eines wirksamen Altersverifikationssystems.
VII. Was sind beeinträchtigende Angebote i.S.v. § 5 Abs. 1 JMStV?
Hierzu das VG Osnabrück (mit Urteil vom 29.01.2010, Az. 4 A 62/09):
„Vorliegend kann für die Auslegung des Begriffs der Entwicklungsbeeinträchtigung an das Kinder- und Jugendhilfegesetz angeknüpft werden (vgl. § 1 Abs. 1 SGB VIII). Darin ist festgelegt, dass jeder junge Mensch das Recht auf Förderung seiner Entwicklung hat. Es muss also gewährleistet sein, dass Minderjährige bei ihrer Entwicklung zu selbstbestimmten und verantwortungsbewussten Menschen innerhalb der sozialen Gemeinschaft vom Staat nach Kräften unterstützt werden. Daher umfasst das Recht auf Erziehung die Stärkung einer individuellen (Eigenverantwortlichkeit) und einer sozialen (Gemeinschaftsfähigkeit) Komponente (in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts: BVerfGE 24, 119, 144 sowie BVerfG FamRZ 1999, 285, 287). Die jetzige Formulierung der Entwicklungsbeeinträchtigung in § 5 Abs. 1 JMStV, die nunmehr wortgleich mit § 14 Abs. 1 JSchG ist, verdeutlicht den Ansatz des Gesetzgebers, die Erziehung von Kindern und Jugendlichen zu sozialkontaktfähigen und verantwortungsbewussten Mitgliedern der Gesellschaft in den Vordergrund zu stellen. Beeinträchtigungen der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen liegen demnach vor, wenn Störungen durch Reizüberflutung oder sonstige übermäßige Belastungen auftreten können, wenn sozialethische Desorientierungen beispielsweise durch Verwischung von Realität und Fiktion zu befürchten sind oder wenn auf andere Weise die Erziehung der Kinder und Jugendlichen zu verantwortungsbewussten Menschen gefährdet ist (vgl. Hertel in: Hahn/Vesting, Beckscher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 5 Rdnr. 5). Zu berücksichtigen sind danach alle Beeinträchtigungen, die von dem Angebot im Ganzen oder seinen Einzelheiten ausgehen können, wobei die Gesamtwirkung nicht außer Acht zu lassen ist. Für die Beurteilung der Beeinträchtigung sind die schwächeren und noch nicht so entwickelten Mitglieder der Altersgruppe heranzuziehen (vgl. so auch Hartstein/Ring/Kreile u. a., Jugendmedienschutzstaatsvertrag Kommentar, Stand: Mai 2008, § 5 IV. 3.). Auch die Landesmedienanstalten haben in den von ihnen gemeinsam verabschiedeten Jugendschutzrichtlinien vom 08./09.03.2005 den unbestimmten Rechtsbegriff „Entwicklungsbeeinträchtigung“ in diesem Sinne weiter konkretisiert (s. Ziffer 3.1 der Jugendschutzrichtlinie).“
Und das VG München, Urteil vom 18.06.2009, Az. M 17 K 07.5215:
„Unter Beeinträchtigungen i.S. von § 5 Abs. 1 JMStV sind Hemmungen, Störungen oder Schädigungen zu verstehen. Zu berücksichtigen sind danach alle Beeinträchtigungen, die von dem Angebot im Ganzen oder seinen Einzelheiten ausgehen können. Eine Beeinträchtigung der Entwicklung können insbesondere Angebote verursachen, welche die Nerven überreizen, übermäßige Belastungen hervorrufen, die Phantasie über Gebühr erregen, die charakterliche, sittliche oder geistige Erziehung hemmen, stören oder schädigen, zu falschen oder abträglichen Lebenserwartungen führen oder die Erziehung zu verantwortungsbewussten Menschen in der Gesellschaft hindern.“
VIII. Beispiele für entwicklungsbeeinträchtigende Angebote
1. Beispiel: Standbilder sexueller Handlungen von überwiegend vollständig unbekleideten Frauen an sich oder untereinander, wobei zwar im Wege der Verpixelung der Intimbereich jeweils unkenntlich gemacht ist, die dargestellte sexuelle Handlung als solche hingegen deutlich zu erkennen ist.
Hierzu das VG Minden mit Urteil vom 18.08.2010, Az. 7 K 721/10:
„Das Angebot dient von daher - wie der Kläger im übrigen in der mündlichen Verhandlung auch selbst erklärte - der Animation des Betrachters, den letztlich beworbenen Swinger- und Partytreff aufzusuchen und dort die sexuellen Dienste in Anspruch zu nehmen. Sexualität erscheint damit als jederzeit verfügbare Ware, die dargestellten Frauen als jederzeit auswechselbare Objekte sexueller Befriedigung. Diese Art der Darstellung sexueller Vorgänge ist in Verbindung mit dem werbenden Charakter geeignet, ein angemessenes Verständnis bzw. eine Einordnung des für Jugendliche in der Pubertät relevanten Themas der Sexualität zu behindern. Bei dem noch ungefestigten Aufbau des Selbstbildes können die beanstandeten Formate Jugendliche ethisch-moralisch verunsichern bzw. desorientieren und ihre Entwicklung zu einer individuellen und sozialen Persönlichkeit beeinträchtigen.“
2. Beispiel: Die musikalisch untermalte aufreizende Präsentation von Standbildern nackter Körper mit dem Aufruf, sexuelle Mehrwertdienste in Anspruch zu nehmen.
Hierzu das VG Münster (Urteil vom 12.02.2010, Az. 1 K 1608/09):
„Die Zuschauer sollen durch die Bilder in Kombination mit sexualisierten, sie vielfach direkt ansprechenden Texten animiert werden, sexuelle Dienste - Telefonsex oder die Übermittlung von Bildern aufs Handy - in Anspruch zu nehmen. Sexualität erscheint damit als Ware, die auf Zuruf konsumierbar ist. Auch wenn, was die Klägerin hervorhebt, teilweise die Gesichter der Frauen mit unterschiedlichen Regungen sichtbar sind, werden die Frauen durch die Bilder, die überwiegend auf die sexuellen Handlungen bzw. die Geschlechtsteile fokussierte Kameraeinstellung und die reißerischen Texte nicht als Persönlichkeiten mit eigenem Charakter, sondern als jederzeit verfügbare und auswechselbare Objekte sexueller Befriedigung präsentiert. Die Art der Darstellung sexueller Vorgänge ist in Verbindung mit dem werbenden Charakter geeignet, ein angemessenes Verständnis bzw. eine Einordnung des für Jugendliche in der Pubertät relevanten Themas der Sexualität zu behindern. Bei dem noch ungefestigten Aufbau des Selbstbildes können die beanstandeten Formate Jugendliche ethisch-moralisch verunsichern bzw. desorientieren und ihre Entwicklung zu einer individuellen und sozialen Persönlichkeit beeinträchtigen.“
3. Beispiel: Von der Startseite ausgehend werden im Auswahlmenü „Summer End Party“ gleichgeschlechtliche Paare bei sexuellen Handlungen gezeigt. Viele der Frauen sind unbekleidet. Die primären Geschlechtsteile sind nur geringfügig gepixelt, die Pobacken sowie der nackte Intimbereich sind in vielen Szenen deutlich erkennbar. Zwei bis auf die Stiefel unbekleidete Frauen werden bei einer Sexparty gezeigt. Eine davon befriedigt sich mit der Hand und einem Hilfsmittel (Dildo) selbst. Ähnliche Bilder befinden sich unter dem Auswahlmenü „Lesben-Show“. Dort werden auch zwei bis auf die Stiefel unbekleidete Frauen bei einer Sexparty gezeigt. Eine der Frauen befriedigt dabei in aufreißerischer Art unter Zuhilfenahme eines Dildos die vor ihr liegende andere Frau. Der nackte Intimbereich ist deutlich erkennbar. Auch in der Kategorie „Girls“ werden im Zeitpunkt der Beanstandung verschiedene Frauen als Objekte sexueller Begierde dargestellt. Neben den Bildern der dort dargebotenen Frauen befinden sich diskriminierende, abschätzige und vulgäre Kommentierungen.
Hierzu das VG Osnabrück (mit Urteil vom 29.01.2010, Az. 4 A 62/09):
„Der angeführte Inhalt der Internetpräsenz des Klägers stellt nach einstimmiger Auffassung der Prüfgruppe der KJM eine Entwicklungsbeeinträchtigung dar, da es das sexuelle Rollenverständnis der unter 16-jährigen nachhaltig negativ beeinflusst. Durch die ohne Handlungskontexte zur Schau gestellte dauerhafte Verfügbarkeit von Frauen sowie deren objekthafte Abbildung werde ein stereotypes Rollenverständnis der Geschlechter gezielt hervorgehoben. Die Darbietungen würden lediglich der sexuellen Stimulation dienen und durch Bild und Vulgärsprache ein diskriminierendes und unterwürfiges Sexualverständnis von Frauen vermitteln. Dieser Einschätzung der KJM ist der Kläger nicht substanziiert entgegengetreten. Soweit er sich darauf beruft, bei seinem Internetangebot habe es sich um eine Website für Erwachsene gehandelt, die sich somit nicht an Kinder und Jugendliche gerichtet habe, so übersieht er dabei, dass gerade dieser Personenkreis vor einer möglichen Beeinträchtigung in der Entwicklung durch frei zugängliche Internetangebote - wie oben beschrieben - geschützt werden soll. Auch die vom Kläger weiterhin aufgeworfene Frage, ob bei der Beurteilung der Beeinträchtigung auf den sog. „Durchschnittsjugendlichen“ oder auf die „schwächeren und noch nicht so entwickelten Kinder und Jugendlichen der jeweiligen Altersgruppen“ abgestellt werden muss, kann vorliegend offen bleiben, da sowohl nach der Einschätzung der KJM als auch der Kammer die Internetpräsentation des Klägers zum Beanstandungszeitpunkt geeignet gewesen ist, die Entwicklung eines „durchschnittlichen Kindes bzw. Jugendlichen bis 16 Jahren“ zu beeinträchtigen. Zu dieser Auffassung ist die Prüfgruppe der KJM nach Aussage des Zeugen W. insbesondere deshalb gelangt, da in der Internetpräsentation des Klägers einzelne bildliche Darstellungen von Frauen mit abschätzigen Kommentierungen in vulgärer Sprache kombiniert wurden. Der Vortrag des Klägers, sein Angebot weise aufgrund von Ziel, Darstellung und fehlender Jugendnähe kein Gefährdungspotential auf, vermag die Kammer insbesondere aus diesem Grunde nicht zu folgen. Daher kann der Kläger auch mit seinem Einwand, der BGH habe einem generellem Werbeverbot für Prostitution in mehreren Entscheidungen vom 13.07.2006 deutlich widersprochen, im vorliegenden Fall nicht durchdringen, da die Kammer insoweit die Auffassung der Beklagten teilt, wonach eine Werbung dort ihre Grenze findet, wo sie das Stadium der Entwicklungsbeeinträchtigung im Sinne des § 5 Abs. 1 JMStV -wie vorliegend - erreicht. Da die Augenscheinseinnahme auch die von der KJM festgestellten weiteren Inhalte der Internetpräsenzprüfung bestätigt hat, ist die im angefochtenen Beanstandungsbescheid getroffene Wertung, dass das Internetangebot des Klägers unter der URL F. am 30.09.2008 geeignet gewesen ist, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, als überzeugende Äußerung eines sachverständigen Gremiums anzusehen und damit der Entscheidung zugrunde zu legen.“
4. Beispiel: TV-Formate, in denen Schönheitsoperationen zu Unterhaltungszwecken angeregt, durchgeführt oder begleitet werden (so der BayVGH München, Beschluss vom 22.03.2005, Az. 7 CS 05,79).
5. Beispiel: Die Verknüpfung des in Deutschland in den rechtlichen Grenzen zulässigen Abtreibens mit dem Holocaust im geschichtlichen Sinne, vgl. hierzu das Urteil des VG Köln vom 16.11.2007 – Az. 27 K 1764/07.
Fazit
Online-Händler können die Neuregelungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages weitgehend ignorieren. Nur Händler, die entwicklungsbeeinträchtigende oder jugendgefährdende Inhalte bereitstellen (etwa Pornographie, Gewaltverherrlichung), haben fortan in ihrem Impressum einen Jugendschutzbeauftragten zu benennen. Das ist die einzige Neuerung - neben der bereits aktuell bestehenden Pflicht zur Nutzung eines wirksamen Alterverifikationssystems.
Gerne stehen Ihnen auch die RAe der IT-Recht Kanzlei als Jugendschutzbeauftragte zur Verfügung. Sprechen Sie uns an!
Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
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7 Kommentare
Grüße
Vapaila
Mfg, Ihre IT-Recht Kanzlei
http://www.heise.de/ct/artikel/Altersfreigaben-fu-rs-Web-1144204.html
Es sieht ganz danach aus, daß jeder Betreiber einer website kennzeichnen muß. Angedacht ist wohl eine Altersverifikation in den Metatags, die aber noch nicht verfügbar ist, oder eine jährliche Prüfung für 4000.- EURO.
Also machen wir unsere kleinen Seiten dicht am 31.12.2010 ?!
Abmahnungen sind mal wieder vorprogrammiert.
Wie soll eigentlich verhindert werden, daß keine ausländischen Seiten von Kindern "angesurft" werden ?
Bei diesem Gesetzesentwurf waren all die, die Ahnung von der Problematik haben, nicht anwesend.
Man hätte sich das Ganze sparen können ! Die Eltern haben schließlich die Verpflichtung, auf ihre Kinder zu achten. Hier glaubt die Politik, daß durch eine solche Regelung die Kinder geschützt sind. Dann dürften unsere Kinder auch nicht nachmittags fernsehen, gerade in den berühmten Gerichtssendung geht es mit Sicherheit nicht Jugendfrei zu !!!!
Ich wäre dankbar, wenn von der Kanzlei mal Stellung beziehen würde !
Viele Blogs wollen aus Verunsicherung heraus zum 31.12. schließen ! Es würden dadurch wertvolle Teile des Internets verschwinden und das Feld wäre frei für die Mainstream-Medien.
MfG
Jörg Sunkel