Was ich nicht weiss.....zur Geschäftsführerhaftung bei Markenverletzungen
Der GmbH-Geschäftsführer haftet für Markenrechtsverletzungen neben der GmbH als Täter oder Teilnehmer, sofern er selbst die Markenverletzung verursacht hat – so weit, so gut, so klar. Aber was ist, wenn der Geschäftsführer nicht selbst gehandelt hat ? Dann kann er nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nach den Grundsätzen der Störerhaftung in Anspruch genommen werden, sofern er Kenntnis von der rechtsverletzenden Handlung hat und die Möglichkeit diese zu verhindern. In diesem Konstellationen kommt ein persönliche Haftung im Übrigen zusätzlich unter dem Gesichtspunkt des deliktsrechtlichen Organisationsverschuldens in Betracht, wenn der Geschäftsführer sich bewusst der Möglichkeit zur Kenntnis- und Einflussnahme entzogen hat.
Inhaltsverzeichnis
In einem Urteil vom 28. Februar 2013 (3 U 136/11) verneinte nun das OLG Hamburg unter allen Gesichtspunkten eine Haftung des GmbH-Geschäftsführer mangels Kenntnis. Aber aufgepasst! Die Frage, ob eine behauptete Unwissenheit nur vorgeschoben wird, um einer Haftung zu entgehen, entscheidet dabei das Gericht anhand der gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalles.
Das Problem
Bei der GmbH als „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ (GmbH) handelt es sich um eine Kapitalgesellschaft bei der die Gesellschafter selbst nicht persönlich mit ihrem privaten Vermögen haften, das heißt für die Schulden der Gesellschaft einzustehen haben. Diese Tatsache ist weitläufig bekannt. Oftmals wird jedoch übersehen, dass der Geschäftsführer durchaus für einen entstandenen Schaden haftet, wenn dieser seine Obliegenheiten verletzt hat (§ 43 Abs. 2 GmbHG) – das gilt grds. auch bei Markenverletzungen.
Die Grundlage für die persönliche Haftung des Organs einer juristischen Person ist seine Haftung als Täter, Teilnehmer oder Störer. Handelt der Geschäftsführer einer GmbH als Täter oder Teilnehmer, so haftet er fraglos auch persönlich für markenrechtliche Verstöße. Handelt er jedoch nicht selbst, kommt eine Haftung als Störer in Betracht. Eine solche ist dann anzunehmen, wenn der Geschäftsführer von der rechtsverletzenden Handlung Kenntnis und die Möglichkeit hatte, die rechtsverletzende Handlung zu verhindern. Letzteres ist oftmals eine schwer kalkulierbare Beweisfrage. Ob eine behauptete Unwissenheit der Geschäftsführer nur vorgeschoben wird um eine Haftung zu entgehen, wird daher unter Würdigung der Umstände des Einzelfalles zu entscheiden sein.
Im Markenrecht stellt sich folglich die Frage, in welchen Fällen der Geschäftsführer einer GmbH für Markenrechtsverletzungen durch die GmbH einzustehen hat. Dem OLG Hamburg wurde kürzlich ein Rechtsstreit vorgelegt, bei dem die Antragsgegner, jeweils alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer, wegen einer im Internet geschalteten Werbeseite einer GmbH, welche die Antragsstellerin als kennzeichenrechtsverletzend ansah, als Geschäftsführer besagter GmbH persönlich auf Unterlassen in Anspruch genommen wurden.
Auf die gegen die GmbH sowie jeweils die Antragsgegner persönlich gerichteten Abmahnungen der Antragsstellerin erfolgte innerhalb der Frist nur die Unterwerfung der GmbH, nicht jedoch diejenige der Antragsgegner als Geschäftsführer der GmbH persönlich. Diese waren der Ansicht, dass markenrechtliche Ansprüche schon dem Grunde nach nicht bestünden, da die Antragsgegner selbst weder an der Gestaltung noch an der Umsetzung der beanstandeten Werbemaßnahme beteiligt gewesen seien und hätten bis zum Zugang der Abmahnung keine Kenntnis von der angegriffenen Internetseite gehabt.
Im Übrigen, so die Antragsgegner, scheide eine Haftung der nicht in das operative Tagesgeschäft der GmbH eingebundenen Geschäftsführer aus, da sich diese dauerhaft im Ausland aufhielten und mangels deutscher Sprach- und Rechtskenntnisse nicht in der Lage seien entsprechende Werbemaßnahmen zu prüfen und mögliche Rechtsverletzungen zu verhindern.
Die Entscheidung
Das OLG Hamburg teilte die Rechtsauffassung der Antragsgegner. Die Richter der Berufungsinstanz entschieden, dass ein Unterlassungsanspruch, der sich gegen die Geschäftsführer der GmbH persönlich richtet, nicht besteht.
Der Geschäftsführer der GmbH, der nach der internen Geschäftsverteilung für das operative Geschäft zuständig ist, haftet weder als Täter, Teilnehmer oder Störer. Die Störerhaftung greife insbesondere nicht, da diesem eine Kenntnis vom etwaigen Rechtsverstoß nicht nachweisbar sei.
"Der Antragsgegner hat durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung glaubhaft gemacht, nach der internen Geschäftsverteilung zwar für das operative Geschäft der Fa. Z. Germany GmbH verantwortlich zu sein, von der beanstandeten Werbung aber keine Kenntnis gehabt zu haben. Er hat ferner den üblichen Geschäftsgang bei der Erstellung und Schaltung einer solchen Werbung glaubhaft gemacht und darauf verwiesen, dass es sich hierbei um einen an das „Kreativteam“ delegierten Vorgang handele, der der Endentscheidung durch zwei in diesem Bereich langjährig erfahrene leitende Angestellte unterliege, die sich im Zweifelsfall der Hilfe eines Rechtsanwalts versichern könnten."
Nach den gesamten Umständen des vorliegenden Falles, so die Richter, bestünden keine Zweifel an der Darlegung des Antragsgegners. Insbesondere handele es sich bei der beanstandeten Werbung nicht um den Fall einer zentralen Produkt- oder Marketingentscheidung, bei der eine widerlegliche Kenntnis des Geschäftsführer angebracht wäre.
Ein etwaiges Organisationsverschulden im Vorfeld der beanstandeten Werbung sei ebenfalls nicht festzustellen, da zwei leitende Angestellte die Freigabe der Werbung bei Möglichkeit der Konsultation eines dauerhaft beratenden Rechtsanwalts zu prüfen hatten.
Ebenso wenig haftet der Antragsgegner vorliegend, so die Ansicht des OLG, unter dem Aspekt der Erstbegehungsgefahr. Der Bundesgerichtshof hat in der „Sporthosen“-Entscheidung die Haftung des Geschäftsführers unter diesem Aspekt angenommen, weil „aufgrund der Vorgeschichte und des Verhaltens des Beklagten im Prozess““ die Gefahr künftiger Zuwiderhandlungen angenommen werden müsse (BGH GRUR 1986, juris-Rn. 29 – Sporthosen).
"Hintergrund war im seinerzeit entschiedenen Fall, dass der Geschäftsführer während des laufenden Prozesses Kenntnis von der rechtsverletzenden Handlung erlangt und im Prozess eine Rechtsverletzung in Abrede gestellt hatte. Unbeschadet des Umstands, dass das Verteidigungsverhalten im Prozess mittlerweile nicht mehr als tauglicher Anknüpfungspunkt für die Annahme einer Erstbegehungsgefahr angesehen werden dürfte unterscheidet sich der vorliegende Fall deshalb maßgeblich, weil hier die Fa. Z. Germany Deutschland GmbH auf die Abmahnung der Antragstellerin bereits vorgerichtlich eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben, ihre Geschäftsleitung mithin den ggf. gebotenen - vom BGH seinerzeit vermissten - Einfluss ausgeübt hat."
Das OLG Hamburg entschied sich bezüglich der nicht am operativen Geschäft der GmbH beteiligten Geschäftsführer angesichts deren Unkenntnis von einem etwaigen Rechtsverstoßes ebenfalls gegen eine persönliche Haftung.
Dabei wies das Gericht ausdrücklich darauf hin, dass diese, entgegen der Ansicht der Antragsstellerin, nicht schon deshalb hafteten, weil sie sich dauerhaft im Ausland befänden und sich daher außerstande gesetzt hätten, Fehlentwicklungen und Missstände im Geschäftsbereich der Gesellschaft zur Kenntnis zu nehmen.
"Eine solche Erwägung mag angebracht sein, wenn der alleinige Geschäftsführer sich seinen organschaftlichen Pflichten durch den dauerhaften Aufenthalt im Ausland zu entziehen sucht und hierdurch wissentlich und willentlich eine geeignete Grundlage für Schutzrechtsverletzungen schafft. Im vorliegenden Fall kann angesichts der von dem im Inland ansässigen Antragsgegner zu 1. für das inländische operative Geschäft wahrgenommenen Zuständigkeit von einer vergleichbaren Preisgabe der geschäftlichen Verantwortung nicht die Rede sein."
Unser Fazit
Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers ist, wie der vorliegende Fall veranschaulicht, eine problematische Gratwanderung, die eine fundierte Kenntnis des haftungsrechtlichen Minenfeldes sowohl im Vorfeld einer etwaigen Rechtsverletzung wie auch hinsichtlich einer korrekten Handhabung des „Krisenmanagements“ im Falle einer Abmahnung erfordert.
Ein Missgriff während einer dieser Phasen, kann im Hinblick auf die Beurteilung des individuellen Falles durch das Gericht, im Falle eines Rechtsstreits zu schwerwiegenden finanziellen Konsequenzen führen, die oftmals bei entsprechender Kenntnis der Rechtspraxis vermeidbar gewesen wären.
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