Amazon: greift in die Rechtstexte von Amazon-Händlern ein!

Amazon: greift in die Rechtstexte von Amazon-Händlern ein!
07.11.2012 | Lesezeit: 4 min

Heute erreichte uns die Nachricht eines Amazon-Händlers, der sich darüber wunderte, dass auf seiner Verkäufer-Seite bei Amazon plötzlich zwei Widerrufsbelehrungen dargestellt wurden, wobei in der einen, von ihm selbst eingestellten Belehrung eine zweiwöchige Widerrufsfrist und in der anderen, ihm bisher unbekannten Belehrung eine Frist von einem Monat genannt wurde.

Auf seine Anfrage an den Amazon-Kundenservice, wie es ohne sein Zutun zu dieser Darstellung auf seiner Verkäufer-Seite kommen konnte, erhielt er von Amazon folgende Antwort:

„Guten Tag,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Ich habe Ihr Anliegen gerne überprüft.

Die Widerrufsbelehrung kann nur unter Einstellungen -- Ihre Informationen und Richtlinien -- Benutzerdefinierte Hilfeseiten geändert werden.

Unter Widerrufsrecht kann dieses nicht mehr gemacht werden, weil Amazon dieses festgelegt hat.

Amazon erwähnt, dass es nach dem Gesetz 14 Tage sein sollte, gibt aber 30 Tage Zeit um zu wiederrufen. Ich sende Ihnen gerne einen Screen shot, wo Sie das genau sehen können.

Alle Verkäufer bei Amazon sind verpflichtet, Rücksenderichtlinien anzubieten, die mindestens so vorteilhaft sind wie die Rückgabebedingungen von Amazon.

Daher hat Amazon die im Abschnitt "Rückgabe und Erstattungen" angezeigten Informationen Ihrer www.amazon.de Verkäufer-Seiten geändert, damit es für Käufer klarer ersichtlich ist, dass sie gemäß Amazon.de Rückgabebedingungen Produkte an Sie zurücksenden dürfen. Der neue Text wird die Käufer auf Amazon.de Rückgabebedingungen verweisen, und die Käufer können sich weiterhin an Sie wenden, um sich über eventuelle günstigere Regelungen zu informieren.

Danke für Ihr Verständnis.“

Bereits vor ein paar Wochen hatte Amazon alle Online-Händler bei Amazon Marketplace aufgefordert, Rücksenderichtlinien anzubieten, die mindestens so vorteilhaft sind wie die Rückgabebedingungen von Amazon. Amazon selbst räumt den Verbrauchern neben dem gesetzlichen Widerrufsrecht von 14 Tagen noch ein freiwilliges Rückgaberecht von 30 Tagen ein, welches jedoch bei den Voraussetzungen hinter dem gesetzlichen Widerrufsrecht zurückbleibt. Derzeit ist das von Amazon eingeräumte Rückgaberecht wie folgt ausgestaltet:

„UNSERE FREIWILLIGE RÜCKGABEGARANTIE:

Unabhängig von den Ihnen gesetzlich zustehenden Rechten bietet Ihnen Amazon.de die folgende freiwillige Rücknahmegarantie an:

Sämtliche Produkte von Amazon.de können Sie innerhalb von 30 Tagen ab Erhalt der Ware an Amazon.de zurücksenden, sofern die Ware vollständig ist und sich in ungebrauchtem und unbeschädigtem Zustand befindet. Für eingeschweißte und/oder versiegelte Datenträger (zum Beispiel CDs, Audiokassetten, VHS-Videos, DVDs, PC- und Videospiele und Software) bedeutet dies, dass wir die Ware nur in der ungeöffneten Einschweißfolie bzw. mit unbeschädigtem Siegel zurücknehmen. Die Ware ist zurückzusenden an

(…)

Wenn Sie Ihren Vertrag nicht in Übereinstimmung mit Ihrem Widerrufsrecht widerrufen können und Produkte in Übereinstimmung mit dieser freiwilligen Rücksendegarantie zurückgegeben werden, erstatten wir Ihnen den von Ihnen schon geleisteten Kaufpreis, nicht jedoch die Versandkosten. Die Versandkosten werden nur für Rücksendungen von Kleidung oder Schuhen aus unserem Shop erstattet. Sie tragen die Transportgefahr. Diese Rücknahmegarantie beschränkt nicht Ihre gesetzlichen Rechte und somit auch nicht Ihr Widerrufsrecht wie oben beschrieben.“

Amazon verlangt von den Marketplace-Händlern nun, den Verbrauchern über das gesetzliche Widerrufsrecht hinaus ein mindestens gleichwertiges Rückgaberecht einzuräumen. Dabei geht Amazon offenbar so weit, selbst in die vom jeweiligen Händler dargestellten Pflichtinformationen einzugreifen, wenn die verwendete Widerrufsbelehrung den von Amazon gestellten Anforderungen nicht genügt.

In dem konkreten, uns geschilderten Fall hatte dies zur Folge, dass die von dem Marketplace-Händler bereits verwendete und den gesetzlichen Anforderungen genügende Widerrufsbelehrung mit einer Frist von 14 Tagen einfach gespiegelt und auf der selben Seite nochmals mit einer Widerrufsfrist von 30 Tagen dargestellt wurde. Dies führte wiederum dazu, dass auf der Verkäufer-Seite des Händlers bei Amazon vorübergehend zwei Widerrufsbelehrungen mit unterschiedlichen Fristangaben dargestellt waren, ohne dass der Händler hiervon wusste.

Für die rechtlichen Auswirkungen, die eine solche widersprüchliche Belehrung über das Widerrufsrecht für den Händler nach sich ziehen kann, scheint Amazon sich wenig zu interessieren. Ebenso wenig scheint Amazon sich dafür zu interessieren, ob der einzelne Händler überhaupt ein Interesse daran hat, seinen Kunden ein über das gesetzliche Maß hinausgehendes Widerrufsrecht einzuräumen. Wer jedoch auch in Zukunft noch über diese Plattform anbieten möchte, wird sich wohl damit abfinden müssen.

Wer bisher eine Widerrufsbelehrung mit einer Widerrufsfrist von 14 Tagen bei Amazon verwendet hat, dem sei dringend angeraten, seine aktuellen Einstellungen bei Amazon insbesondere dahin gehend zu überprüfen, ob auf der Verkäufer-Seite bei Amazon derzeit zwei widersprüchliche Widerrufsbelehrungen dargestellt werden und diesen Zustand ggf. zu beseitigen. Anderenfalls hält man sich zwar an die von Amazon geforderten Vorgaben, könnte es aber mit selbst ernannten Wettbewerbshütern zu tun bekommen.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .

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7 Kommentare

M
Marc B. 10.03.2013, 10:38 Uhr
Rücksendeanträge stechen Widerrufsrecht aus = hohe Kosten für Verkäufer
Seit Weihnachten gibt es sie schon: "RÜCKSENDEANTRÄGE".

und diesen Button bekommt der Käufer direkt unter die Nase gerieben, ein Käufer kommt gar nicht mehr auf die Idee vom Gesetzlichen Widerrufsrecht gebrauch zu machen - Nein: der Rücksendeantrags-Button sticht direkt ins Auge - und wird auch gerne betätigt !!

sein der Einfügung eines "Rücksendeantrags-Buttons" haben wir ca 30% mehr Rücksendungen:

dh: der Kunde druckt einen Rücksendeantrag aus ist lediglich sein Absender und die Adresse des Amazonverkäufers und bringt guten Gewissens seinen Umtausch zurück. Er verschickt seine Rücksendung unfrei, dh, ein Verkäufer muss 2x paketgebühr bezahlen nur weil es sich ein käufer anders überlegt hat, oder doch lieber woanders günstiger etwas gesehen hat.

Ärgerlich ist es, wenn es sich um einen Artikel von 99 cent handelt, und der Verkäufer nimmt diese "Rücksendung" an und muss 13,50 zahlen, um dann brav die 99 cent dem Käufer zu erstatten........... wenn das so weitergeht geht man ja pleite
A
Alex 16.11.2012, 13:30 Uhr
Typisch Amazon
Das ist ja nicht das Einzige. Amazon verlangt in vielen Bereichen sich so zu verhalten wie sie es tun. Sei es bei den Lieferzeiten, der Feedback-Reaktionsgeschwindigkeit und vielem mehr. Das ist ja alles gut und schön, um dem "Kunden ein optimales Kauferlebnis zu bieten".

ABER: Gleiches Recht für alle

Wenn Amazon wirklich am Kunden interessiert wäre und nicht nur seine Händler gängeln wollte, dann müssten Sie auch die fixen Versandkostenvon 3,- € pro Artikel bei Medien abschaffen. Denn nicht nur dass man so natürlich bei Büchern und deren Preisbindung nie an Amazon vorbei kommt, da sie kostenlos liefern, NEIN: Wenn jemand auf die Idee kommt mehrere Medienartikel gleichzeitig zu bestellen zahlt er pro Artikel die 3,- €. Bsp: 20 Reklamhefte für 2,- € pro Stück plus insgesamt 60,- € Versandkosten.

Wäre schön nicht nur Vorschriften von Amazon zu bekommen, sondern auch die selben Leistungen, die sie für sich nehmen!
T
Thomas Fritzsche 08.11.2012, 19:58 Uhr
Tja....
und das alles mit einem Lächeln. :)
T
Thomas Förderer 08.11.2012, 09:05 Uhr
Eingriff in Verkäuferrechte
Tja... so ist das auf Verkaufsplattformen wie Amazon... dort gelten i.d.R. "besondere Gesetze"... deswegen nutze ich seit 2008 auch ebay nicht mehr... dort wird man als Verkäufer gezwungen, PayPal als Zahlungsmittel zu akzeptieren, was allerdings mit erheblichen Risiken und hohem Mehraufwand verbunden ist. Zum Glück ist kein Verkäufer gezwungen, Verkaufsplattformen wie Amazon o.a. zu nutzen, bzw. dies nur als kleines Nebengeschäft zu betreiben. Wenn man sich die Magen ansieht, die auf diesen Verkaufsplattformen erzielt werden, fällt es nicht schwer weitgehend darauf zu verzichten.
R
Robert Schweiger 08.11.2012, 08:51 Uhr
Es geht sogar noch darüber hinaus...
"Amazon selbst räumt den Verbrauchern neben dem gesetzlichen Widerrufsrecht von 14 Tagen noch ein freiwilliges Rückgaberecht von 30 Tagen ein,"

Das Rückgaberecht von Amazon beschränkt sich NICHT auf Verbraucher!
S
Seattle 07.11.2012, 23:32 Uhr
selbst schuld
Mir tun die Anbieter wenig leid, schon seit langem ist bekannt das es sich nicht lohnen kann bei den Gebühren dort zu verkaufen.
Amazon versucht ständig die Anbieter zu manipulieren und zu formen bzw. die Anbieter zu erziehen aber leider haben sehr wenig den Mumm einfach auszusteigen, die meisten ziehen zu jeder Bedingung eine riesige Schleimspur hinter sich her.
Alle Anbieter hätten es in der Hand sich amazon zu erziehen wenn sie zusammenhalten würden, aber das klappt bekanntlich nicht in Deutschland.
O
Oliver K. 07.11.2012, 15:14 Uhr
abgebrühter gehts nimmer
Dieses Monopolgehabe ist langsam nicht mehr erträglich und gehört massiv unter Feuer gesetzt.
Hat denn niemand den Mumm, Amazon einfach mal richtig breit abzumahnen?
Die Tatsache das Amazon schon vor Wochen die Einstellungen der Händler bezüglich der Wiederrufsbelehrung umgestellt hat, ohne zu informieren zeigt ja auch schon wes Geistes Kind die sind.
Einfach unverschämt.
Und ich dachte immer Ebay wären mafiose Strukturen ;)

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