LG Düsseldorf: Das „Anhängen“ an ein Amazon-Angebot kann eine Irreführung über die betriebliche Herkunft darstellen
Zur wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit dieses „Anhängens“ an vorhandene Amazon-Angebote ist eine Reihe divergierender erstinstanzlicher Rechtsprechung ergangen. Nunmehr hat sich auch das LG Düsseldorf mit Urteil vom 20.01.2014 (Az.: 2a O 58/13) zur Frage geäußert, ob das „Anhängen“ an ein bestehendes Angebot als unzulässig aufzufassen ist. Im Fokus der Entscheidung stand die Mitverwendung einer Markenbezeichnung und einer sog. "ASIN". Lesen Sie mehr zur Entscheidung des LG Düsseldorf.
Nicht selten lehnen sich Online-Händler auf der Vertriebsplattform „Amazon“ im Rahmen der Ausweisung eigener Angebote an bereits bestehende Bezeichnungen anderer Vertreiber an. Dieses „Anhängen“ ist von Seiten Amazon sogar ausdrücklich gewollt und wird von der Plattform stark forciert. So werden teils ganze Produktbeschreibungen übernommen, teils lediglich die Firmenbezeichnung gegebenenfalls mit dem Identifikationscode der einzelnen Waren entweder in Form der EAN-/GTIN-Nummer oder Amazon-eigenen Zahlenkombination „ASIN“ verwendet.
1. Der rechtliche Stand zur Frage des Anhängens an fremde Amazon-Angebote
Die Zulässigkeit der Angebotsübernahme insbesondere unter Verwendung der besonderen Identifikationsnummern „EAN“, „GTIN“ bzw. „ASIN“ wurde von den erstinstanzlichen Gerichten bislang unterschiedlich bewertet.
Die Inhaber dieser Codes führen an, dass es sich bei diesen um individuell beantragte und sodann vergebene „Schlüssel“ handle, die insofern einen kodifizierten Firmennamen enthielten. Die unsachgemäße Verwendung oder bloße Übernahme dieser Codes für eigene Produkte stelle somit eine Irreführung über das wesentliche Merkmal der betrieblichen Herkunft im Sinne des §5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG dar.
Demgegenüber verneinten das LG Bochum (Urteil vom 03.11.2011, Az.: I-14 O 151/11) und das LG Bremen (Urteil vom 10.01.2012, Az.: 7-O-1983/11) für die Mitnutzung solcher Identifikationsnummern auf der Plattform Amazon ein relevantes wettbewerbswidriges Verhalten. Allerdings warfen dabei die konkreten Sachverhalte stets Fragen auf, ob die Codes tatsächlich auch mitgenutzt worden sind.
Zu einer anderen Einschätzung gelangten die Gerichte bisher immer dann, wenn die Verwendung der Identifikationsnummer mit der Übernahme weiterer Angaben einherging, die auf den Betrieb eines anderen Händlers verwiesen, obwohl dieser in den Verkaufsprozess nicht mit einbezogen wurde. So wurde vom LG Bochum (Urteil vom 21.07.2011, Az.: I-14 O 98/11) und LG Essen (Beschluss vom 14.03.2014, Az.: 43 O 40/14) die Übernahme einer fremden Produktbeschreibung für den eigenen Angebotstext als wettbewerbswidrig erachtet, weil durch die Formulierung * „von ....“ * eine tatsächlich nicht bestehende betriebliche Herkunft impliziert gewesen sei.
Inhaltlich ähnlich argumentierte das LG Berlin (25.11.2011, Az.: 15 O 436/11) für die eigenmächtige Verwendung einer fremden Marke nebst einer Identifikationsnummer im Angebotstext.
Festzuhalten ist jedoch, dass ein gerichtlicher Beschluss, der schon die bloße Übernahme einer fremden „EAN“, „GTIN“ oder „ASIN“ als einen Wettbewerbsverstoß ausweist, bislang nicht ergangen ist. Die oben genannten Urteile stützen sich für die Annahme unlauterer Handlung nämlich stets auf die durch das vollständige Kopieren der Angebotsbezeichnungen mitübernommenen Zeichen fremder Firmen oder Marken.
Für eine detaillierte Darstellung der zur Praxis des „Anhängens“ ergangenen Entscheidungen können Sie auch unseren großen Beitrag zur Plattform Amazon lesen.
Auch das LG Düsseldorf befasste sich in seinem Urteil mit einer Unterlassungsklage, die nicht ausschließlich auf die Verwendung einer fremden „ASIN“, sondern hauptsächlich auf die nicht gestattete Übernahme einer Markenbezeichnung für den Angebotstext eigener Produkte gestützt wurde.
2. Der Sachverhalt
Die Inhaberin einer eingetragenen Gemeinschaftsmarke für Schutzhüllen elektronischer Geräte begehrte ein gegen den Beklagten, einen jungen Gewerbetreibenden, gerichtetes Unterlassungsurteil aus dem Umstand heraus, dass dieser bei Amazon die Angebotsbezeichnung der dort ebenfalls aktiven Klägerin für eine Handyschutzhülle unter Mitverwendung des fremden Markennamens und der angebotseigenen „ASIN“ übernommen hatte, indem er sich an das bestehende Angebot auf der Plattform Amazon anhängte.
Die Klägerin sah insofern in der kopierten Formulierung „Schwarz / Grün Bumper Silikon Hülle Schutzhülle Tasche Case für Apple iPhone 4 / 4G / 4S von …“ eine unzulässige Verwendung des Markennamens und erachtete die Ausweisung ihrer „ASIN“ als Irreführung über die betriebliche Herkunft der Produkte, die nachweislich nicht aus der Produktion der Klägerin stammten.
3. Die Entscheidung des Gerichts
Der Klage gab das Gericht zunächst in Bezug auf einen Verstoß gegen Art. 9 lit. a der Gemeinschaftsmarkenverordnung statt, nach welchem es Dritten untersagt ist, im geschäftlichen Verkehr ein mit der Gemeinschaftsmarke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist.
Indem der Beklagte aber die Marke zeichenidentisch in seiner Angebotsüberschrift verwendet habe und hinsichtlich der angebotenen Produkte auch Warenidentität, herrsche, bestehe ein Unterlassungsanspruch der Klägerin aus Art. 9 Abs. 2 lit. b. gegen das Anbieten von Waren unter dem eingetragenen fremden Zeichen.
Des Weiteren berief sich das Gericht auch auf einen Verstoß gegen das Irreführungsverbot des §5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG und bejahte eine zur Täuschung geeignete Angabe des Beklagten über die betriebliche Herkunft der angebotenen Produkte.
Dabei ließ das Gericht allerdings die entscheidende Frage offen, ob die festgestellte Irreführung ebenfalls aus der unerlaubten Verwendung der fremden Marke, oder aber –wie von der Klägerin beanstandet – aus der Übernahme der angebotsspezifischen Identifikationsnummer „ASIN“ hervorging.
Vielmehr begnügte sich das Gericht hier mit sehr generellen und kurzen Formulierungen und verwies für die konkrete Verletzungshandlung lediglich auf eine Anlage, die das Online-Angebot des Beklagten in seiner Gesamtheit graphisch darstellte.
4. Fazit
Der Entscheidung des LG Düsseldorf kann grundsätzlich entnommen werden, dass das „Anhängen“ an fremde Angebote unzulässig sei, wenn der Angebotstext bzw. die Angebotsbeschreibung den Eindruck der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Betrieb vermittle, während das betreffend angehängte Produktangebot nicht aus demselben Betrieb herrührt.
Gleichzeitig nimmt das Urteil aber primär Bezug auf den Verstoß gegen markenrechtliche Vorschriften und lässt insofern offen, ob die ebenfalls festgestellte Irreführung über die betriebliche Herkunft nun auf dem Verstoß gegen Markenrecht, auf der konkreten Übernahme der „ASIN“ oder aber auf einem Zusammenspiel beider Handlungen beruht.
Insofern bringt auch das LG Düsseldorf wenig Licht in das Dunkel ob der Frage, inwiefern die bloße Übernahme einer Identifikationsnummer mit wettbewerbsrechtlichen Konsequenzen einhergehen kann. Angesichts der Zulässigkeit der Einverleibung fremder EAN-, GTIN- oder ASIN-Codes bleibt indes auf eine eindeutige (ober-) gerichtliche Stellungnahme zu warten.
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